Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist eine Zeitenwende, sagt Kanzler Olaf Scholz am Sonntag während seiner Regierungserklärung im Bundestag. Gleichzeitig kündigt ein Sondervermögen für Verteidigungsausgaben an.
Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe auf die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz der ukrainischen Bevölkerung Mut zugesprochen. Deutschland stehe "an der Seite all jener in Russland, die Putins Machtapparat mutig die Stirn bieten und seinen Krieg gegen die Ukraine ablehnen", sagte Scholz am Sonntag bei seiner Regierungserklärung im Bundestag. "Wir wissen, Sie sind viele. Ihnen allen sage ich: Geben Sie nicht auf!", appellierte Scholz.
Bei Ukraine-Sondersitzung: Scholz appelliert an Ukrainer: "Geben Sie nicht auf"
Er sei sich "ganz sicher", dass Freiheit, Toleranz und Menschenrechte sich in Russland durchsetzen würden, sagte der Kanzler. Gleichzeitig würdigte Scholz den Einsatz all jener Kräfte in Russland, die gegen das Handeln des russischen Machthabers Wladimir Putin protestiert haben. "Das erfordert großen Mut und wahre Tapferkeit", sagte Scholz. Diese Menschen hätten "Verhaftung und Bestrafung in Kauf genommen". Viele Bundestagsabgeordnete erhoben sich daraufhin von ihren Plätzen und spendeten Beifall.
Scholz sendete auch eine versöhnliche Botschaft an alle Bürger Deutschlands, die in der Ukraine oder in Russland geboren wurden: Deutschland werde "nicht zulassen, dass dieser Konflikt zwischen Putin und der freien Welt zum Aufreißen alter Wunden und zu neuen Verwerfungen führt", versprach der Kanzler.
Scholz macht deutlich: Putins Krieg dar nicht auf andere Länder übergreifen
Scholz machte deutlich, dass es nun auch darum gehe, zu verhindern, dass "Putins Krieg auf andere Länder in Europa übergreift". Deutschlands Beitrag sei klar: "Ohne Wenn und Aber stehen wir zu unserer Beistandspflicht in der Nato. Das habe ich auch unseren Alliierten in Mittel- und Osteuropa gesagt, die sich um ihre Sicherheit sorgen." Putin solle die Entschlossenheit Deutschlands, "gemeinsam mit unseren Alliierten jeden Quadratmeter des Bündnisgebiets zu verteidigen", nicht unterschätzen, mahnte der Bundeskanzler.
Scholz erklärt Kurswechsel in Ukraine-Krise
Während seiner Rede im Bundestag erklärte Scholz unter anderem: Deutschland stehe der Nato bei - "ohne wenn und aber". Man müsse unbedingt vermeiden, dass sich der Angriff Putins auf andere Länder ausweitet. Auch deswegen habe man Gruppen umstationiert, so Scholz. "Was für den Frieden in Europa getan werden muss, wird getan", so Scholz. Dann kündigt Scholz an, dass die Bundeswehr gestärkt werden muss.
Scholz: Sondervermögen mit 100 Milliarden Euro für Bundeswehr
Daher soll die Bundeswehr über ein Sondervermögen 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben erhalten. Das Geld werde mit dem Bundeshaushalt 2022 bereitgestellt, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag im Bundestag an. Zugleich sagte er zu, Deutschland werde "von nun an - Jahr für Jahr - mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren".
Die Bundeswehr brauche angesichts der Zeitenwende durch den russischen Angriff auf die Ukraine "neue, starke Fähigkeiten", sagte Scholz. Maßstab müsse sein, dass alles getan werde, was für die Sicherung des Friedens in Europa gebraucht werde. "Klar ist: Wir müssen deutlich mehr investieren in die Sicherheit unseres Landes, um auf diese Weise unsere Freiheit und unsere Demokratie zu schützen", sagte Scholz. Das Ziel sei eine leistungsfähige, hochmoderne und fortschrittliche Bundeswehr.
Er forderte alle Fraktionen des Bundestags auf, das Sondervermögen im Grundgesetz abzusichern. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will den Haushalt für 2022 am 9. März dem Kabinett vorlegen. Scholz betonte, die Anhebung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung passiere nicht nur, weil man es Alliierten versprochen habe. "Wir tun dies auch für uns, für unsere eigene Sicherheit."
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bezeichnet Russen-Invasion als "Angriff auf die Prinzipien der freiheitlichen Welt"
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sprach zur Eröffnung der Sitzung von einem "Angriff auf die Prinzipien der freiheitlichen Welt". Dies seien "Prinzipien, die für Deutschland und für alle Demokratien weltweit unverhandelbar sind". Die Abgeordneten begrüßten den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, der auf der Gästetribüne saß, mit minutenlangem Beifall. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, der neben ihm saß, umarmte den Botschafter. Vor dem Reichstagsgebäude wehte die ukrainische Flagge.
"In Gedanken sind wir bei Ihren Landsleuten, die in diesen Tagen ihre Freiheit und die Demokratie verteidigen", sagte Bas an die Adresse von Melnyk. "Wir konnten diesen Krieg kommen sehen. Verhindern konnten wir ihn nicht. Es ist schmerzhaft, sich das eingestehen zu müssen. Dennoch war es richtig, es auf allen diplomatischen Kanälen versucht zu haben. Jeder Krieg kennt nur Verlierer!"
Bas sagte weiter: "Es kommt jetzt darauf an, gleichermaßen besonnen und entschlossen zu handeln. Im Bündnis der demokratischen Staaten."
Regierungserklärung von Kanzler Scholz im Live-Stream sehen
Bei der Sondersitzung des Bundestags an diesem Sonntag gab Scholz zunächst eine 30-minütige Regierungserklärung ab, gefolgt von einer zweieinhalbstündigen Aussprache der Fraktionen. Übertragen wird die Regierungserklärung sowie die nachfolgende Debatte unter anderem im Live-Stream des Nachrichtensenders Phoenix.
Folgen Sie News.de schon bei Facebook und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos, tolle Gewinnspiele und den direkten Draht zur Redaktion.
sba/news.de/dpa
Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.