Es war ein leidenschaftliches Plädoyer für die Impfpflicht, das Boris Palmer bei Markus Lanz vortrug. Er habe "jetzt die Schnauze voll", erklärte der Tübinger Oberbürgermeister (Grüne) und sprach damit jemandem aus der Seele, der bislang nie seiner Meinung gewesen ist.
Boris Palmer ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und selbst kontroverse Standpunkte wie selbstverständlich vorzutragen. So auch bei seinem Auftritt bei "Markus Lanz" am 25. Januar 2022, der Anklang bei unerwarteter Seite fand.
Boris Palmer und Daniel Günther für Impfpflicht, Hendrik Streeck dagegen
Dass Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein (CDU), und Boris Palmer, Tübingens Oberbürgermeister (Bündnis 90/Die Grünen), jemals einer Meinung sein würden, hätte wohl keiner der eingefleischten Lanz-Fans ahnen können. Doch am Dienstagabend sprachen die beiden Politiker im ZDF fast mit einer Stimme: Beide wollen die Impfpflicht, beide sind sicher: Die Impfpflicht kommt, so wie unsere österreichischen Nachbarn es vorgemacht haben. Ausgerechnet Virologe Hendrik Streeck goss Wasser in den Wein. "Wir können die Pandemie nicht wegimpfen!", glaubte er und führte an, dass eine Impfung nicht vor Ansteckung schütze.
#Palmer: „Ich war immer froh sie im Fernsehen sehen zu können, damit das Panikorchester nicht so laut spielt. Er (#Streeck) wurde lange diffamiert, da gab es Spiegel Storys die waren nur zu Vernichtung gedacht!“@CerstinGammelin: „Nein, nein, nein!“#Streeck: „Doch!“#Lanz pic.twitter.com/Pcc8P2EcCA
— Nurder Koch (@NurderK) January 25, 2022
Tübinger OB will alle Corona-Maßnahmen durch Impfpflicht ersetzen
Da Impfungen aber sehr wohl vor schwerer Krankheit und damit vor einer Überlastung der Krankenhäuser schützen, ging Palmer sogar so weit, dass er alle bisherigen Corona-Maßnahmen durch eine Impfpflicht ersetzen möchte. Neben einer allgemeinen Impfpflicht sei ihm auch eine Impfpflicht für Menschen über 50 Jahren recht - jene Menschen, die ohne Impfung aufgrund von Corona-Infektionen am häufigsten auf den Intensivstationen landen.
Palmer redete sich in Rage: "Ich habe jetzt die Schnauze voll"
Um seinen Vorschlag zu erklären, redete Palmer sich richtiggehend in Rage. Mit der Priorisierung der PCR-Tests, der Kippung von 2G-Plus im Einzelhandel durch Gerichte und der kaum mehr möglichen Kontaktnachverfolgung, bräuchten wir nun "etwas anderes als eine durchbürokratisierte Einzelfallregelung, die absurde Auswüchse erzeugt," so Palmer und fügte an: "Ich habe jetzt die Schnauze voll." Auch die Grundrechtseinschränkungen für Geimpfte und Genesene seien nicht länger hinzunehmen: Er möchte jegliche Maßnahmen mit der Impfpflicht ersetzen. Sind alle Bürger:innen grundimmunisiert, fiele laut Palmer "die Überlastung der kritischen Infrastruktur weg". Sein Vorschlag: "Wir vergessen alle alten Regeln. Die ersetzen wir durch eine einzige Regel: Alle müssen geimpft sein. Das versteht jeder, und dann wird das auch passieren."
"Dann können wir wieder normal leben." - Impfpflicht als Allheilmittel?
Sind alle Bürger:innen zwei- oder dreimal geimpft, "können wir wieder normal leben." Daniel Günther stimmte zu: "Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Ich würde da mitmachen, wenn man sagt, eine Impfpflicht ersetzt die ganzen Maßnahmen." Neue Virus-Varianten könnten jedoch bis zu zwei neuen Impfungen pro Jahr nötig machen, so der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.
Boris Palmer fordert saftige Bußgelder für Impfverweigerer
Auf Lanz' Frage, wie man eine solche Impfpflicht umsetzen und kontrollieren wolle, entgegnete Palmer: "Entweder macht man Stichproben in der Bevölkerung wie in Österreich oder man kann auf das Einwohnermelderegister zugreifen."Jeder müsse angeschrieben und aufgefordert werden, seinen Impfnachweis vorzulegen. Wer dagegen verstößt, muss ebenso wie bei Verkehrssünden saftige Geldbußen bezahlen. Boris Palmer möchte Unentschlossenen mit der Impfpflicht die Entscheidung abnehmen. "Diese Pflichterfüllung muss jetzt auch mal klar in ein Gesetz geschrieben werden. Dann kommen wir raus aus der Pandemie", sagte er.
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