Inmitten der massiven Omikron-Welle ringen Bund und Länder um einen praktikablen Kurs für Tests und das amtliche Krisenmanagement bei enormen Fallzahlen. Bekannte Alltagsauflagen sollen erstmal bleiben.
Angesichts immer höherer Infektionszahlen sind vorerst keine generellen Lockerungen von Corona-Auflagen in Sicht. Bei Beratungen von Bund und Ländern am 24. Januar 2022zeichnete sich vielmehr ab, dass die seit Monaten geltenden Zugangsbeschränkungen unter anderem am Arbeitsplatz, in Bussen, Bahnen, Gaststätten und Geschäften bestehen bleiben sollen.
Keine Corona-Lockerungen absehbar: MPK beriet zu Regelungen in Omikron-Welle
Zum Umgang mit noch deutlich mehr Infizierten mit der ansteckenderen Virusvariante Omikron sollten zudem praktische Fragen geklärt werden - ein Vorrang bei genaueren PCR-Tests und beim Nachverfolgen von Infektionsketten für sensible Bereiche. Die Union im Bundestag forderte die zügige Einführung eines Impfregisters.
Bund und Länder verzichten vorerst auf schärfere Corona-Maßnahmen
Trotz des rasanten Anstiegs der Infektionszahlen wollen Bund und Länder die Corona-Maßnahmen vorerst nicht verschärfen. Es gelte jetzt, Kurs zu halten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montagabend nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder.
"Jetzt gilt erstmal: Kurs halten"
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die grundsätzliche Beibehaltung der aktuellen Corona-Maßnahmen mit der Ungewissheit der Lage in der Pandemie begründet. Die eingeschlagene Richtung mit den sehr strengen Kontaktbeschränkungen habe dazu beigetragen, dass Deutschland die Pandemie aktuell anders bewältigen könne als viele Nachbarländer, sagte er am Montag in Berlin nach Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder.
"Trotzdem sind es sehr hohe Infektionszahlen und deshalb gilt für uns auch, dass wir unverändert vorsichtig sein müssen." Man wisse noch nicht, wie sich die Infektionszahlen weiter entwickeln würden und ob mit einer dramatischeren Situation zu rechnen sei. Man werde in beiden Fällen zur richtigen Zeit die notwendigen Entscheidungen treffen. "Jetzt aber gilt erstmal: Kurs halten."
Bundeskanzler Scholz: Neue Kampagne soll Impfquote steigern
Zur Erhöhung der Impfquote in Deutschland will die Bundesregierung nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch stärker als bisher für den Impfschutz gegen das Coronavirus werben. Mit großer Anstrengung habe die Bundesregierung eine neue Kampagne zum Impfen und Boostern aufgelegt, erklärte Scholz am Montag nach den Beratungen von Bund und Ländern zu den Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Neben Plakaten mit der Motto-Aufschrift "Impfen hilft" solle es nun auch verstärkt Aufrufe im Radio und auch auf Social-Media-Plattformen geben.
Ziel sei es, in den nächsten Tagen und Wochen möglichst viele Menschen von der Impfung zu überzeugen - vor allem von der Erstimpfung und von der dritten Auffrischungsimpfung. Hier habe nach den 30 Millionen Impfungen, die Deutschland bis Ende Dezember erreicht habe, "das Tempo nachgelassen", sagte Scholz. "Es gilt: Impfen hilft. Selbst die erste Impfung hilft vor schwierigen Verläufen." In Deutschland seien nun knapp über 75 Prozent der Bevölkerung erstgeimpft. "Das muss viel mehr sein. Und da sind wir auch schlechter, als das verzeichnet werden kann in anderen Ländern." Deutschland sei aber sehr gut, was das Boostern angehe, erklärte Scholz. Dieser Weg müsse fortgesetzt werden.
Wüst: Strenge Corona-Regeln müssen beibehalten werden
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat die Beibehaltung der strengen Corona-Regeln angesichts der rasanten Ausbreitung der Omikron-Virusvariante gerechtfertigt. "Omikron hat die Pandemie verändert", sagte Wüst am Montag nach den Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Krise. Die Mutation erfordere höchste Wachsamkeit. Der Expertenrat der Bundesregierung halte auch eine Überlastung des Gesundheitswesens für möglich und habe eine "klare Mahnung" ausgesprochen. "Das Infektionsgeschehen erfordert die Beibehaltung und strikte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen", sagte Wüst, der aktuell auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist.
Es müsse aber in den nächsten Wochen "in beide Richtungen" geblickt werden, sagte Wüst. Wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems oder der kritischen Infrastruktur drohe, müssten weitergehende Maßnahmen vereinbart werden. Bund und Länder müssten aber auch Öffnungsperspektiven entwickeln, wenn eine Überlastung ausgeschlossen werden könne. Wüst kündigte die nächsten Bund-Länder-Beratungen spätestens am 16. Februar an.
Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt Lockerungen von Corona-Beschränkungen ab
Vor der Runde mit den Ministerpräsidenten hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) betont, es brauche keine Kurskorrektur. "Es ist jedenfalls sicher nicht angebracht, mitten in der Omikron-Welle auf breiter Front die Regeln zu lockern", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Die seit November eingeführten Regeln hätten dazu geführt, dass die Welle Deutschland später erreicht habe als europäische Nachbarn. Er verwies etwa auf die 2G-plus-Regel für Restaurants - also, dass beim Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) auch diese einen negativen Test oder einen Nachweis einer "Booster"-Impfung brauchen (2G plus). In Verkehrsmitteln und Firmen gilt ein 3G-Zugang auch für Getestete.
Alles bleibt, wie es ist: Exit-Strategie nach Pandemie in Vorbereitung
Vorläufige Papiere für die Bund-Länder-Runde sahen grundsätzlich eine "Fortgeltung der bisherigen Maßnahmen" vor. Entsprechend äußerten sich der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU)aus Nordrhein-Westfalen, und andere Länderchefs. Wüst plädierte auch dafür, schon einen Weg zurück in die Normalität vorzubereiten. Für die Zeit, wenn sicher sei, dass das Gesundheitssystem durch Omikron nicht überlastet werde und die kritische Infrastruktur stabil bleibe, müsse eine Exit-Strategie vorbereitet werden.
Das Bundesgesundheitsministerium rechtfertigte die Pläne, den Einsatz von PCR-Tests zu konzentrieren. Deutschland habe im internationalen Vergleich eine sehr gute Ausstattung im Laborbereich, ein Ausbau der Testkapazitäten finde laufend statt. "Aber bei den zu erwartenden Fallzahlen wird es natürlich so sein, dass die Ressourcen da endlich sind", sagte ein Sprecher. Die Details sollen dann "zeitnah"nach der Bund-Länder-Runde in einer Verordnung festgelegt werden.
Labore an der Kapazitätsgrenze: PCR-Tests künftig nur noch für Risikogruppen verfügbar
Künftig sollen PCR-Tests voraussichtlich vorrangig bei Menschen aus Corona-Risikogruppen und Beschäftigten eingesetzt werden, die diese betreuen und behandeln. Ab wann das gelten soll und wie es konkret ausgestaltet wird, war zunächst offen. Nach aktuell geltender Testverordnung hat unter anderem noch jeder mit einem positiven Schnelltest - auch Selbsttest - Anspruch auf eine PCR-Nachtestung.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger mahnte generell mehr Planbarkeit und umsetzbare Vorgaben für Betriebe und Beschäftigte an. "Von heute auf morgen die Voraussetzungen für den Zugang zum Arbeitsplatz zu ändern, ist das Gegenteil von Plan- und Machbarkeit", sagte er mit Blick auf die Verkürzung des Genensenenstatus von sechs auf drei Monate. PCR-Priorisierung bedeute nichts anderes, als dass viele bald keinen Zugang mehr dazu hätten. Das trage nicht zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei. Nicht akzeptabel sei auch eine teils bereits bestehende "Kapitulation" der Gesundheitsämter in Sachen Isolation und Quarantäne. Vielfach würden schon keine Bescheide mehr ausgestellt, die aber Grundlage für Verdienstausfall-Entschädigungen seien.
Keine Impfpflicht ohne Impfregister?
In der Debatte um ein weiteres Ankurbeln der Impfungen forderte die Union die Einführung eines Impfregisters. Damit könne man dann auch niedrigschwellige Impfangebote ausbauen, sagte Fraktionsvize Sepp Müller (CDU) - etwa durch direkte Anschreiben oder verpflichtende Beratungsgespräche für Menschen aus Risikogruppen. Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) erläuterte, dass ein Register auch für die Kontrollierbarkeit einer möglichen Impfpflicht wichtig wäre.
Inzidenzen gehen weiter durch die Decke - Robert-Koch-Institut meldet täglich neue Höchstwerte
Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) auf den nächsten Höchstwert von 840,3 - nach 806,8 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag und 528,2 vor einer Woche. Die Gesundheitsämter meldeten 63.393 nun neue Fälle an einem Tages. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten stieg erneut leicht. Laut Tagesreport des Divi-Registers waren am Montag 2.438 Menschen in intensivmedizinischer Behandlung - zwölf mehr als am Vortag. Zum Höhepunkt der vierten Welle im Dezember waren es rund 5.000 gewesen. Dann sank die Zahl lange Zeit kontinuierlich.
"Eine Trendumkehr sehen wir im Moment auf den Normalstationen, aber noch nicht auf Intensivstation", teilte der Leiter des Registers, Christian Karagiannidis, auf dpa-Anfrage mit. Sonntags würden wenige Patienten von Intensivstation wegverlegt. "Ich würde dies nicht überbewerten." Die Woche werde zeigen, wo der Trend hingeht.
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loc/news.de/dpa
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