Robert Habeck hat bei seiner Eröffnungsbilanz eine große Grafik mitgebracht: Sie zeigt, wie weit Deutschland derzeit von seinen Klimazielen entfernt ist. Um wieder auf den richtigen Pfad zu kommen, müsse sich sehr viel tun. Habeck will einen "Turbo" zünden. Und das kommt vor allem den Verbrauchern teuer zu stehen.
Deutschland steht vor einer gigantischen Aufgabe. Bis 2045 soll die Republik klimaneutral sein. Man müsse nun einen "drastischen Rückstand" aufholen, so Klimaschutzminister Robert Habeck bei der Bundespressekonferenz. "Wir müssen jetzt in den nächsten Jahren effizienter und schneller werden", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Berlin. "Wir müssen dreimal besser sein in allen Bereichen." Die Geschwindigkeit der CO2-Emissionsminderung müsse verdreifacht werden. Der neue Minister machte auch klar, er wolle die Akzeptanz für Windräder oder Stromtrassen erhöhen - und zugleich die Bürger in die Pflicht nehmen. Wie teuer wird Habecks Klimaplan für die Verbraucher?
Robert Habeck: DAS bedeutet der Klimaschutz-"Turbo"
Im Klimaschutzgesetz sind für einzelne Sektoren wie Energie, Industrie oder Verkehr Jahresemissionsmengen festgeschrieben, die in den kommenden Jahren schrittweise sinken. 2020 erreichten bis auf den Gebäudebereich alle Sektoren die Ziele - das hatte aber auch mit Corona-Faktoren zu tun. Laut Ministerium ist absehbar, dass die Treibhausgasemissionen 2021 in vielen Sektoren wieder gestiegen sind und die Klimaziele 2022 und 2023 verfehlt würden. Ohne weitreichende Gegenmaßnahmen werde Deutschland auch die Klimaziele 2030 deutlich verfehlen, sagte Habeck. 2030 ist ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur geplanten Klimaneutralität 2045.
Ausbau von Windkraft geplant! Klimaschutzminister Habeck will mehr Ökostrom
Habeck nannte die Windkraft an Land den "Lastesel" der Energiewende - also den Umbau von fossilen Energieträgern wie der Kohle hin zu erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne. Der Ausbau der Windkraft soll nun massiv beschleunigt, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen verkürzt werden - auch weil Habeck von einem deutlich höheren Strombedarf bis 2030 ausgeht wegen Millionen neuer Elektroautos oder Wärmepumpen. Insgesamt soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis 2030 auf 80 Prozent steigen - 2021 lag dieser laut Branchenverbänden bei gut 42 Prozent. Ein großes Problem aber ist, dass es bisher viel zu wenig ausgewiesene Flächen für Windkraftanlagen gibt. Die neue Bundesregierung will das Ziel von zwei Prozent der Landesflächen für die Windenergie an Land gesetzlich verankern - das ist viermal mehr als bisher.
Habeck könnte dies per Bundesgesetz regeln, kündigte aber intensive Gespräche mit den Ländern an. Denn mitunter gibt es scharfe Abstandsregelungen von Wohnhäusern zu Windkraftanlagen - wie in Bayern. Habeck will diese kippen: "Da, wo Abstandsregeln vorgehalten werden, um Verhinderungsplanung zu betreiben, können sie nicht länger bestehen bleiben."
Für den Steuerzahler könnte dadurch jährlich ein "mittlerer bis hoher zweistelliger Milliardenbetrag" zukommen, fürchtetReiner Holznagel, Chef des Steuerzahlerbundes. "Deshalb mein Appell: Wir brauchen seriöse Preisschilder für einzelne Maßnahmen und eine kritische Überprüfung, ob erklärte Ziele überhaupt erreicht werden können. Jetzt sind Prioritäten wichtig: Projekte, die den Klimaschutz kostengünstig und wirkungsvoll voranbringen, müssen Vorfahrt haben", sagte er gegenüber der "Bild".
Solar-Pflicht für "alle geeigneten Dachflächen"
Außerdem plant Habeck eine Solar-Pflicht. Demnach soll auf "allen geeigneten Dachflächen" künftig eine Solaranlage installiert werden. "Die Solarpflicht bedeutet zunächst einmal höhere Kosten für den Wohnungsbau, und damit drohen steigende Mieten. Profitieren könnten Mieter erst langfristig. Dann nämlich, wenn die Mieter den Strom auch selbst nutzen können. Dafür gibt es aber bislang leider noch hohe rechtliche Hürden. Die sollte die Bundesregierung jetzt schnellstens beseitigen", sagtAxel Gedaschko vom Immobilienverband GDW gegenüber der "Bild".
Sanierungspflicht für Vermieter könnte Mieten explodieren lassen
Zudem will Habeck Vermieter verpflichten, Häuser zu sanieren. "Für Mieter bedeuten Habecks Klima-Pläne höhere Kosten, solange diese nicht sozial abgefedert werden", sagt Mieterbund-Chef Lukas Siebenkotten gegenüber der "Bild". Ohne finanziellen Ausgleich steigen die Mieten. Die Kosten müssten fair verteilt werden. "Habeck muss deshalb die staatliche Förderung von Sanierungen deutlich erhöhen und dafür sorgen, dass die Miete nicht mehr erhöht wird, als die Heiz- und Energiekosten des Mieters sinken. Nur so können deutlich steigende Mieten verhindert werden", fordert Siebenkotten.
2 Euro pro Liter Benzin! CO2-Emission soll drastisch reduziert werden
Im Verkehr soll der Ausstoß von CO2-Emissionen bis 2030 auf 85 Millionen Tonnen sinken. Dadurch wird Autofahren sehr viel teurer. Verbraucher müssten mittelfristig bis zu 2 Euro pro Liter Benzin zahlen.
Bringt der Wegfall der EEG-Umlage wirklich Entlastungen für Verbraucher?
Doch Verbraucher können auch auf Entlastungen hoffen: Ab 2023 soll die EEG-Umlage, die Kunden bisher über die Stromrechnung zahlen, über den Bundeshaushalt finanziert werden. Pro Jahr entlastet das laut Habeck einen Durchschnittshaushalt um 300 Euro. Doch ob die Strompreise dadurch wirklich sinken, bleibt fraglich.
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bua/sig/news.de/dpa