Die um sich greifende Corona-Variante Omikron zwingt Bund und Länder schon zu Jahresbeginn zu neuen Schritten. Die hochinfektiöse Variante gibt auch einem weiteren Streitthema neue Nahrung: der Impfpflicht.
Vor den Beratungen von Bund und Ländern über die Corona-Lage wird angesichts der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante der Ruf nach weiteren Kontaktbeschränkungen lauter. "Wir werden wahrscheinlich noch einmal zulegen müssen", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwochabend im ZDF-"heute journal". Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rief dazu auf, berufliche Kontakte einzuschränken und Homeoffice auszuweiten. Auch die Kommunen erwarten verschärfte Kontaktbeschränkungen. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz geforderte Impfpflicht hingegen scheint zu wackeln. Laut "Bild"-Informationen soll eine Verabschiedung der Impfpflicht im Parlament "frühestens Ende März möglich" sein.
Vor Corona-Gipfel am Freitag: Neue Quarantäne-Regeln erwartet
Die Ministerpräsidentenkonferenz berät am Freitag erneut mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) über das Vorgehen in der Pandemie. Aus Sicht der Bundesregierung dürfte die ansteckendere Omikron-Variante schon in wenigen Tagen auch deutschlandweit dominierend sein. Lauterbach und die Ressortchefs der Länder legten am Mittwoch jeweils Vorschläge zu künftigen Quarantäne-Vorgaben vor - mit kürzeren Auszeiten für Personal in wichtigen Versorgungsbereichen, geknüpft an PCR-Tests. Lauterbach betonte am Abend im ZDF, damit würden solche Bereiche lebensfähig gehalten.
Kampf gegen Omikron: Lauterbach hält Kontaktbeschränkungen für notwendig
Der Minister warnte davor, die Gefahren durch Omikron wegen der Berichte über leichtere Verläufe herunterzuspielen. Omikron werde bei vielen bleibende Schäden hinterlassen. "Das kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Hier werden viele schwer krank werden", warnte Lauterbach. Er halte weitergehende Kontaktbeschränkungen für notwendig, sagte der Minister, ohne Details zu nennen. Der beste Schutz vor Omikron seien aber die Booster-Impfungen. Lauterbach rief dazu auf, das hohe Impftempo wie vor Weihnachten wieder aufzunehmen. Gut 40 Prozent der Bevölkerung haben inzwischen eine Booster-Impfung.
Vorbereitungen für weitere Boosterimpfung erwartet
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte Bund und Länder auf, Vorbereitungen für eine weitere Boosterimpfung gegen das Coronavirus zu treffen, wenn ein angepasster Impfstoff zur Verfügung steht. Entschieden werden müsse auch, ob eine Priorisierung der nächsten Impfungen für besonders gefährdete Personen, ältere Menschen und Personal in der kritischen Infrastruktur stattfinden solle, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag). Er betonte zugleich, die Reduzierung der Kontakte sei die einzige Möglichkeit, um das Infektionsgeschehen zu begrenzen.
Verringerung der Kontakte auch im Beruf - Homeoffice auch im Jahr 2022
Grünen-Fraktionschefin Haßelmann setzt auf eine Verringerung der Kontakte auch im Beruf. "Wir befinden uns in einer schwierigen Phase der Pandemie", sagte Haßelmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Zusätzliche Schutzmaßnahmen seien erforderlich. "Das gilt für weitere Kontaktbeschränkungen, nicht nur im Privaten, sondern auch bei der Arbeit", sagte Haßelmann. "Homeoffice ist da ein zentraler Baustein. Das muss jetzt wieder mehr Anwendung finden."
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag): "Wir müssen angemessen auf Omikron reagieren. Das können weitere Kontaktbeschränkungen sein, aber auch eine kürzere Quarantäne, um unsere kritische Infrastruktur aufrechtzuerhalten."
Debatte um Impfpflicht erst Ende Januar?
Die Omikron-Variante facht auch die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht neu an. Der baden-württembergische FDP-Landeschef Michael Theurer sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Je länger die Diskussion anhält, desto mehr stellt sich heraus, dass die Impfpflicht kein Allheilmittel ist." Es sei eine trügerische Hoffnung, dass die Impfpflicht als Patentrezept zu einem Ende der Pandemie führe. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium führte etwa an, dass Geimpfte dennoch ansteckend sein könnten, dass es neue Mutationen gebe und Menschen mit Vorerkrankungen, die sich nicht impfen lassen könnten.
FDP-Vize Johannes Vogel erwartet, dass die Ausbreitung von Omikron die Impfpflicht-Debatte beeinflussen wird. "Vielleicht wird die Frage einer Impfpflicht dadurch auch obsolet, weil die Herausforderung für das Gesundheitssystem sich verändert", sagte Vogel der "Welt" (Donnerstag). "Vielleicht aber bleibt zum Beispiel unsere Impflücke gerade bei den Älteren gefährlich. Hier lernen wir derzeit ja jeden Tag dazu. In der Bundestagsdebatte werden diese Themen besprochen werden."
Wie die "Bild"-Zeitung (Donnerstag) unter Berufung auf hochrangige Bundestagskreise berichtet, soll eine erste Debatte über eine allgemeine Impfpflicht erst Ende Januar stattfinden. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hatte kurz vor dem Jahreswechsel noch die kommende Woche für eine erste Befassung genannt. Eine spätere Abstimmung soll ohne Fraktionszwang erfolgen.
Deutscher Ethikrat will Politik Impfpflicht-Entscheidung nicht abnehmen
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, mahnte zu einer differenzierten Diskussion über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Die körperliche Selbstbestimmung, um deren Einschränkung es bei der Impfpflicht gehe, sei ein hohes Gut, sagte Buyx der dpa. Es müsse also sorgfältig überlegt werden. Am Ende müsse die Politik entscheiden.
In seiner im Dezember veröffentlichten Stellungnahme hatte der Ethikrat mehrheitlich eine Ausweitung der kürzlich beschlossenen Corona-Impfpflicht für Personal in sensiblen Einrichtungen auf "wesentliche Teile der Bevölkerung" befürwortet. Zum Umfang und der genauen Ausgestaltung einer erweiterten Impfpflicht gab es aber unterschiedliche Ansichten.
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sba/news.de/dpa
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