Die Infektionszahlen steigen rasant: Deutschland steuert auf eine Katastrophe zu. Während die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" bald ausläuft, gibt es noch keinen Plan, wie es danach weitergeht. Die künftige Ampel-Koalition will nun einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Während die Infektionszahlen bereits rasant steigen und Intensivmediziner Alarm schlagen, reagiert die Politik eher verhalten. Deutschland rast mitten in die vierte Welle und die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" läuft in wenigen Wochen aus. Wie geht es danach weiter?
Neue Corona-Maßnahmen geplant: Wie geht es nach der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" weiter?
An diesem Montag (08.11.2021) wollen SPD, Grüne und FDP eine rechtliche Grundlage für die weitere Bekämpfung der Corona-Pandemie präsentieren. Der Bundestag will am Donnerstag in der ersten Lesung über ein neues Infektionsschutzgesetz beraten. Am 25. November läuft der Sonderstatus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite aus. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt lehnte eine Verlängerung ab und betonte, notwendig sei eine Lösung, die ausreichend und auch angesichts einer Mehrheit geimpfter Menschen in Deutschland auch rechtssicher sei.
Keine bundesweite 2G-Regel! DAS steht im Ampel-Gesetzesentwurf
Aus Fraktionskreisen hieß es am Wochenende, die drei möglichen Koalitionspartner wollten unter anderem neue Regelungen zum Testangebot festschreiben. Auf eine bundesweite 2G-Regel wollen die Ampel-Parteien verzichten. Wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, erwägen SPD, Grüne und FDP unter anderem eine tägliche Testpflicht für Mitarbeiter und Besucher in Pflegeheimen - unabhängig davon, ob diese geimpft oder genesen sind.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte in der "Bild"-Zeitung (Montag), dies sofort umzusetzen und nicht bis zum 25. November zu warten. Zudem müsse die Testpflicht für die gesamte Altenpflege gelten, "auch für eine Million Menschen, die durch ambulante Dienste zu Hause betreut werden". SPD-Fraktionsvize Wiese betonte in der "Bild"-Zeitung, die Testpflicht sei schon jetzt möglich. "Wir stellen rechtlich klar, was in einigen Ländern bereits praktiziert wird."
Zu Details der Neuregelung wollte sich Göring-Eckardt nicht äußern. Zur Frage, ob es eine bundesweite 2G-Regel, also Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, geben soll, sagte sie, das lasse sich aus ihrer Sicht nicht rechtssicher bundesweit machen.
Comeback der kostenlose Corona-Tests geplant
Vertreter von Grünen und FDP plädierten zugleich dafür, Corona-Bürgertests im Winterhalbjahr wieder kostenfrei anzubieten. "Die Abschaffung der kostenlosen Bürgertests war ein Fehler", sagte FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag). Die Wiedereinführung wäre ein Beitrag, um Infektionsketten schneller zu unterbrechen, sagte er. Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, sprach sich in der "Welt" ebenfalls für die Rückkehr zu Gratistests aus, mahnte aber Verbesserungen an: "Testergebnisse müssen bei Rückkehr zu kostenlosen Bürgertests verbindlich per QR-Code einlesbar und beispielsweise von Veranstaltern beziehungsweise Gastronomen wie in unseren Nachbarländern ausschließlich digital kontrolliert werden."
Ärzte schlagen Alarm! Lage auf Intensivstationen spitzt sich zu
Unterdessen spitzt sich die Lage in den Intensivstationen zu. Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Montag), in den kommenden Wochen werde sich die Zahl der Corona-Patienten auf Intensivstationen voraussichtlich fast verdoppeln, wenn die Neuinfektionen weiter so steigen wie bisher. "Bei einer Inzidenz von 300 erwarten wir bundesweit etwa 4.500 Covid-Patienten mit großen regionalen Unterschieden", warnte Karagiannidis. Am Montagmorgen kletterte die bundesweite Sieben-Tage- Inzidenz je 100.000 Einwohner auf den Rekordwert von 201,1.
Angst vor Kontrollverlust an Schulen! Testpflicht für ungeimpfte Lehrkräfte gefordert
Der Deutsche Lehrerverband sorgt sich unterdessen über die Lage an den Schulen. "Es gibt erschreckende Inzidenzen in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen", sagte Verbandspräsident Hans-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er befand: "Die Gefahr ist immens, dass wir die Kontrolle über das Pandemiegeschehen an Schulen verlieren." Er warb zugleich für eine Maskenpflicht an Schulen und kritisierte die unterschiedlichen Länderregelungen dazu. Meidinger plädierte zudem dafür, dass sich ungeimpfte Lehrer sich bei sehr hohen Infektionszahlen täglich testen lassen.
Wo gilt in Deutschland bislang die 2G-Regelung?
Wegen der rasant steigenden Infektionszahlen haben in Sachsen - ähnlich wie in Österreich - von diesem Montag an nur noch Geimpfte oder Genesene Zugang zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens. Die 2G-Regel gilt etwa in der Innengastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen oder Fußballstadien. Sachsen und Thüringen haben derzeit die höchsten Inzidenzwerte bundesweit, gefolgt von Bayern.
In Bayern gelten seit Sonntag verschärfte Corona-Regeln. Zutritt zu Gasthäusern und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen haben nur noch Geimpfte, Genesene und Menschen mit negativem PCR-Test.
In Berlin plant der Senat, die 2G-Regel für weitere Orte und Ereignisse anzuwenden. "2G wird vorbereitet", sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Sonntag dem "Tagesspiegel". Derzeit können in Berlin Betreiber etwa von Restaurants oder Veranstalter selbst über 2G oder 3G entscheiden. Für Brandenburg sprach sich dortige SPD-Fraktionschef Daniel Keller in der "Märkischen Allgemeinen" (Montag) dafür aus, die 2G-Regeln aus Sachsen zu übernehmen.
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bua/bos/news.de/dpa