Die internationale Kritik am Straflager-Urteil für Kremlkritiker Nawalny weist Russland weit von sich: Alles "Hysterie", heißt es. Doch nun droht der Westen Wladimir Putin mit Sanktionen. SO soll der russische Präsident gestoppt werden.
Die EU-Staaten wollen nach der Verurteilung des Kremlkritikers Alexej Nawalny über mögliche neue Sanktionen gegen Russland beraten. Bei einem Außenministertreffen am 22. Februar werde man die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen und mögliche weitere Maßnahmen erörtern, heißt es in einer am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Erklärung.
Wladimir Putin drohen Sanktionen nach Nawalny-Urteil - Russland spricht von "Hysterie"
Russland zeigte sich von der internationalen Kritik indes unbeeindruckt und sieht keinen Grund zum Handeln. "Diese Hysterie über den Nawalny-Prozess ist völlig übertrieben", sagte Außenminister Sergej Lawrow vor Journalisten in Moskau. "In Bezug auf Russland - und nicht nur, wasNawalny angeht - ist die westliche Berichterstattung selektiv und einseitig."
Unverständnis des Westens an Straflager-Urteil für Kremlkritiker Nawalny
Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalbJahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 wegen Betrugs und Veruntreuung von Geldern verstoßen hat. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, so dass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen. Er käme damit im Oktober 2023 wieder frei.
Verhaftung Nawalnys laut EU willkürlich und unangemessen
Die EU verwies darauf, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits 2017 festgestellt hatte, dass die Verurteilung Nawalnys 2014 willkürlich und offensichtlich unangemessen war. "Die EU wiederholt ihre Forderung nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung von Herrn Nawalny sowie all jener Bürger und Journalisten, die festgenommen wurden, weil sie von ihrem Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben", heißt es in der Erklärung.
EU fordert Sanktionen, um Wladimir Putin zu stoppen
Wegen der Inhaftierung Nawalnys gibt es in der EU bereits seit dem vergangenen Monat Forderungen nach weiteren EU-Sanktionen gegen Russland. Wegen des Anschlags auf den russischen Oppositionsführer, der danach in Deutschland behandelt wurde, hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen.
Deutschland für Strafmaßnahmen gegen Russland und Wladimir Putin
Auch die Bundesregierung zeigte sich offen für neue Strafmaßnahmen der EU gegen Moskau. "Weitere Sanktionen sind nicht ausgeschlossen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er kritisierte das Urteil eines Moskauer Gerichts gegen Nawalny als "fernab rechtsstaatlicher Prinzipien". Die gesamte Bundesregierung fordere die Freilassung des Oppositionellen. Außerdem verurteile sie die "systematische Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten" in ganz Russland. Seibert sprach von "empörenden Beispielen von Polizeibrutalität" bei den Protesten gegen die Inhaftierung Nawalnys.
Wladimir Putin verteidigt verhalten und vergleicht Demonstranten mit "Terroristen"
Nach dem Richterspruch hatte es vor allem in der Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg am Dienstagabend spontane Massenproteste mit teils massiver Polizeigewalt und Verletzten gegeben. Bürgerrechtler sprachen von mehr als 1400 Festnahmen. Bereits am vergangenen Sonntag waren demnach landesweit rund 5700 Menschen in Polizeigewahrsam gekommen - das sind innerhalb von nur zwei Tagen 7000 Festnahmen. Der Kreml verteidigte den Einsatz gegen die ungenehmigten Proteste erneut. Sprecher Dmitri Peskow nannte die Demonstranten der Agentur Interfax zufolge "Provokateure". Putin hatte sie mit "Terroristen" verglichen.
Baustopp der deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 im Gespräch
Diskutiert wird nun erneut auch ein möglicher Baustopp der fast fertiggestellten deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer meinte im Südwestrundfunk (SWR): "Es ist längst der Zeitpunkt überschritten, an dem man noch in den Spiegel gucken kann als deutsche Bundeskanzlerin, ohne zu sagen: Ich entziehe dem politischen Projekt Nord Stream 2 die politische Unterstützung, die ich ihm so viele Jahre gewährt habe."
Putins Machtbasis zerschlagen durch Einreise- und Investitionsverbote für russische Oligarchen
Die "Bild"-Zeitung machte unterdessen weitere Vorschläge, wie die EU die Machenschaften des russischen Präsidenten Wladimir Putin Einhalt gebieten könnte. "Einreise- und Investitionsverbote für russische Oligarchen in Europa", fordert das Boulevardblatt. Russlands Reichste und der Kreml-Chef seien untrennbar miteinander verbunden. Würde man ihnen die Einreise verwehren, würde Putins Machtbasis bröckeln. "Würden sie den Zugang zu ihrem Vermögen in Europa verlieren, würden sie sich nach einigen Monaten gegen Putin wenden bzw. ihn unter Druck setzen, seine Politik zu ändern", mutmaßt die "Bild".
"Völker- und Menschenrechtsbrecher Putin hat im Europarat nichts zu suchen"
Weiterhin schlägt die "Bild" vor, die russische Delegation aus dem Europarat auszuschließen, da Russland die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin ignoriert - siehe dem Fall Nawalny. "Völker- und Menschenrechtsbrecher Putin hat im Europarat nichts zu suchen", befindet die "Bild". Auch den Ausschluss russischer Staatskonzerne an deutschen Unternehmen bringt das Nachrichtenportal ins Gespräch.
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fka/bua/news.de/dpa
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