Im ZDF tätigt Virologe Hendrik Streeck eine Äußerung, die aufhorchen lässt: Er traue sich nicht, seine Einschätzung zu geben. Zudem warnt er vor der Möglichkeit, dass es gar keinen Impfstoff gegen das Coronavirus geben könnte.
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck steht dem Nutzen der von der Bundesregierung geplanten Corona-App skeptisch gegenüber. Sie käme ein "bisschen spät", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Vor allem wisse man nicht, "ob sie überhaupt etwas dazu beitragen kann, in Deutschland eine Pandemie zu kontrollieren".
Die von der Bundesregierung lange geplante App für den Kampf gegen das Coronavirus soll in der kommenden Woche an den Start gehen. Sie soll helfen, Infektionsketten leichter zu erkennen und nachzuverfolgen.
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Coronavirus-News: Virologe Streeck: Corona-Tests lohnen sich vielleicht nicht
Streeck sieht auch den Nutzen massenhafter Corona-Tests angesichts der hohen Kosten kritisch. Bei 400.000 Tests pro Woche bedeute dies eine Stange Geld. "Wenn dann noch systematisch gescreened werden soll, wird es noch mehr. Wenn wir nur 1 positives Ergebnis auf 100 Tests sehen, fragt sich ja, ob das noch lohnt."
Eine am Dienstag verkündete Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) legt eine Reihe zusätzlicher Testmöglichkeiten auf Kassenkosten fest. Nun sind auch Tests ohne akute Krankheitsanzeichen auf breiter Front möglich - besonders in sensiblen Bereichen wie Kliniken, Pflegeheimen, Schulen und Kitas.
Virologe Streeck: Corona-Lockdown war zu schnell
Streeck kritisierte darüber hinaus die getroffenen Corona-Beschränkungen in Deutschland. Nach dem Verbot von Großveranstaltungen seien die Infektionszahlen bereits gesunken. "Die weiteren Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hätte ich dann vom tatsächlichen Verlauf abhängig gemacht, auch um zu sehen, wie die einzelnen Beschränkungen wirken und ob zusätzliche Schritte wirklich nötig sind." Stattdessen sei Deutschland "zu schnell in den Lockdown gegangen", weil neben der Sorge um die Kapazität der Krankenhäuser "ein gewisser Druck in der Öffentlichkeit" bestanden habe.
Coronavirus: Kein Impfstoff-Erfolg für Covid-19? Streeck will seine Meinung nicht sagen
Im ZDF-Talk von Maybrit Illner legte Streeck noch einen drauf und machte eindringlich noch einmal klar, wie es um einen möglichen Impfstoff steht: "Wir wissen einfach nicht, ob es einen Impfstoff geben kann, oder wie schnell das kommt", erklärte Streeck im TV. "Wir haben auch gegen die größten infektiologischen Killer der Welt – Malaria, Tuberkulose, HIV – keinen Impfstoff, obwohl schon seit vielen Jahren daran geforscht wird.", legte er mit einem Vergleich nach.
"Es wäre wunderbar, wenn das Virus einfach verschwindet, aber das wird nicht passieren", machte Streeck deutlich. Die beste Strategie sei deswegen eine Teilimmunität in der Bevölkerung. Auch zur allgemeinen Debatte um die Öffnung der Schulen bezog Streeck Stellung. Allerdings in einer Richtung, mit der man vielleicht nicht gerechnet hatte: "Man traut sich ja in dieser emotionalen Debatte gar nicht mehr, seine Einschätzung oder Empfehlung zu geben", erklärte der Virologe. Natürlich habe er "auch eine Meinung dazu. Aber es wird dann ja entweder verkürzt dargestellt, was man gesagt hat, oder es wird der eine gegen den anderen aufgebauscht!"
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rut/news.de/dpa
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