Er wollte Priester werden, doch das was er von der katholischen Kirche sah, schockierte ihn. In seinem Buch «Das 11. Gebot» erzählt Daniel Bühling von seinen Erlebnissen im Priesterseminar. Mit news.de spricht er über die Scheinheiligkeit der Kirche, über Mobbing, Prunksucht und Sexpartys in der Sauna.
Daniel Bühling trat mit idealistischen Vorstellungen ins Priesterseminar ein. Doch die Kirche war ganz anders als er erwartet hat. Der junge Katholik erfährt eine Welt der Doppelmoral. Seine Erlebnisse hat er in einem Buch aufgearbeitet.
Herr Bühling, die katholische Kirche kommt bei Ihnen nicht gut weg. In ihrem Buch beschreiben Sie sie als scheinheilig, schreiben von Sexpartys in der Sauna des Priesterseminars oder von Klerikern mit Alkoholproblemen. Wollten Sie abrechnen?
Daniel Bühling: Eine Abrechnung soll das nicht sein. Ich will zeigen wie die katholische Kirche wirklich ist. Ursprünglich war das nicht als Buch geplant, ich wollte mir persönlich alles von der Seele schreiben, was ich erlebt hatte, als ich ins Priesterseminar eingetreten bin. Denn für mich als junger Katholik war die Kirche ganz anders als ich erwartet hatte. Ich war damals ziemlich blauäugig.
Sie sind mit hohen Erwartungen ins Priesterseminar eingetreten, aber die Menschen dort waren nicht so gut, so sozial, so caritativ wie sie dachten. Was hat sie am meisten schockiert?
Bühling: Zunächst hat mich schockiert, dass die katholische Kirche keine Einheit ist, sondern in sich gespalten, es gibt die Liberalen und die Konservativen, Gesundheitsschuhfreunde gegen Pullunderträger sozusagen. Letztere dominieren, ziehen sich völlig auf die alten Werte zurück, in der der Priester gegenüber der Gemeinde eine herausgehobene Stellung einnimmt. Diese Gruppe war es auch, die andere massiv unter Druck gesetzt hat. Da ging es wirklich darum, Menschen mit liberalem, fortschrittlichem Denken mundtot zu machen. Die Ja-Sager kommen in der katholischen Kirche am weitesten.
Die Konservativen streuten Gerüchte über schwule Beziehungen
Wie macht man jemanden mundtot?
Bühling: Es wurden Gerüchte gestreut, am einfachsten war es, jemanden eine Beziehung anzudichten, am besten eine homosexuelle mit jemand anderem aus dem Seminar. In einer Welt, in der man keine Beziehung haben darf, ist so etwas fatal. Wenn das ein Oberer oder ein Regens erfuhr, dann konnte das das Aus für die Priesterkarriere bedeuten.
Ihrem Buch zufolge hält sich die katholische Kirche doch selbst nicht an diese hohen Moralansprüche ...
Bühling: Ja, das war gleich das nächste Schockierende für mich. Innerkirchlich halten sich wenige daran. Das was innerkirchlich gelebt wird bezüglich Homosexualität, außerehelichem Sex, Nichteinhaltung des Zölibats, deckt sich nicht mit den Ansprüchen, die die Kirche nach außen vertritt und nicht mit dem, was sie von den Gläubigen verlangt. Offiziell leben alle keusch. Inoffiziell sieht das anders aus. Unter den Priestern finden sich ganz viele Homosexuelle, die das auch heimlich ausleben. Und das ist das eigentlich perfide: Trotz dieser Tatsache steht die katholische Kirche offiziell der Homosexualität äußerst kritisch gegenüber.
Frauen gehören für viele Kirchenmänner hinter den Herd
Aber frauenfeindlich ist die Kirche auch im Inneren, wie erklären sie sich das?
Bühling: Ich habe mehrfach erlebt, dass Priesteramtskandidaten und geweihte Priester massiv gegen Frauen in den eigenen Reihen vorgegangen sind. Gerade Gemeindereferentinnen oder Pastoralreferentinnen sehen sie offenbar als Störenfriede, die in ihren eigenen Bereich eindringen. Oft stammen diese Kandidaten aus erzkonservativen Elternhäusern, in denen mittelalterliche Werte hochgehalten werden. Da hat der Vater das Sagen und die Mutter ist nichts wert. Diese Ansicht wird dann weitergetragen. Solche Leute gibt es leider viele unter den Priesteranwärtern.
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Ein Ex-Katholik packt ausSeite 1
- Lesen Sie auf Seite zwei, wie hoch ein Bischofsgehalt ist und wie Priesterwohnungen aussehen. Seite 2