Von «Porsche-Klaus» war schnell die Rede, und von «Hummer und Sichel»: Deutschland debattiert über Gehalt und Lebensstil von Linken-Chef Klaus Ernst. Aber ist dessen Einkommen wirklich so außergewöhnlich? Was verdienen Spitzenpolitiker in Deutschland?
Einen Porsche fährt er. Ausgerechnet. Das passt halt gar zu schön. Klaus Ernst, 55, Vorsitzender der Linken. Jener Partei also, die sich besonders stark machen will für die kleinen Leute. Ob das aus dem Porsche-Fahrersitz heraus so richtig gut geht? Das fragte sich auch die Bild-Zeitung, und meldete, Ernsts «Lifestyle» verstöre seine Basis. Die sei ohnehin in Unruhe, weil der Parteichef so viel verdiene.
13.081 Euro, das sind die Bezüge, die Ernst als Bundestagsabgeordneter und Parteichef monatlich bekommt. 7668 Euro Abgeordnetendiät, plus 3500 Euro Zulage von der Partei und 1913 Euro als Vorstandsmitglied der Bundestagsfraktion. Ganz schön viel für einen, der sich qua Amt mit Schlechtverdienern und Sozialhilfeempfängern solidarisch präsentieren muss, finden Kritiker. Gemessen an dem, was Menschen zur Verfügung haben, die auf Hartz-IV angewiesen sind, ist es unbestreitbar eine große Summe. Die Frage ist nur: Sind solche Vergleiche sinnvoll?
Politikergehälter sind immer eine heikle Sache, sie emotionalisieren und rühren an das Grundgefühl vieler Bürger: Die da oben bereichern sich, sparen bei den Kleinen, und haben den Kontakt zur Wirklichkeit verloren. Nicht ohne Grund war aus den anderen Parteien nicht viel zu hören über Ernsts Gehalt – denn deren Spitzenleute bekommen zum Teil deutlich mehr. Was Top-Politiker verdienen, dafür gibt es kein Tarifsystem.
Die Bandbreite ist beachtlich
Dazu kommt: Das Gehalt, das Staat und Partei den Volksvertretern zahlen, ist nicht mit dem Gesamteinkommen gleichzusetzen. Buchveröffentlichungen, vor allem aber Gehälter für Aufsichtsratsposten und andere Nebeneinkünfte, können das Salär bedeutend steigern – bei manchen Abgeordneten übersteigen sie gar die Höhe der Diäten. Schon bei den Gehältern für politische Spitzenposten aber hat jede Partei andere Regeln und Prinzipien, und die Bandbreite dessen, was gezahlt wird, ist durchaus beachtlich.
Relativ bescheiden verdient Grünen-Chef Cem Özdemir. Weil er, anders als seine Co-Chefin Claudia Roth kein Bundestagmandat hat, bekommt er von der Partei ein Gehalt von 7668 Euro. Das ist genau die Höhe der Diäten, die einem Abgeordneten zustehen. Die beiden Grünen-Chefs verdienen damit gleich viel, denn Roth arbeitet ehrenamtlich für die Partei. Zusätzlichen finanziellen Aufwand können Özdemir und seine Amtskollegin abrechnen, pauschale Entschädigungen gibt es nicht. Die beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Renate Künast und Jürgen Trittin, erhalten von der Partei eine Zulage in Höhe einer halben Diät. Sie kommen damit auf ein Gehalt von je 11.502 Euro im Monat.
Das SPD-Spitzenduo kommt seine Partei deutlich teurer. Sowohl Frank-Walter Steinmeier als auch Sigmar Gabriel lassen sich zusätzlich zu ihren Diäten Zulagen zahlen, und zwar in der Höhe eines Bundesminister-Gehaltes. Das beträgt nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler 12.860 Euro, wenn der Minister gleichzeitig Abgeordneter ist. Dazu kommen Kostenpauschalen und die – dann allerdings gekürzte – Bundestagsdiät, macht zusammen 19.977 Euro pro Monat. Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger lassen sich auf dem Gehaltsniveau eines Bundesministers bezahlen.
Der Raffke-Verdacht löst sich in Luft auf
Etwa in der Höhe dürfte sich auch das Gehalt von Guido Westerwelle bewegen. Der ist Außenminister und wird als solcher bezahlt. Den FDP-Vorsitz dagegen übt Westerwelle ehrenamtlich aus, und nach Auskunft eines Parteisprechers gibt es für ihn auch keine Zulagen oder Aufwandsentschädigungen. Das Gleiche gilt für CDU-Chefin Angela Merkel. Auch sie arbeitet gratis für ihre Partei – bezahlt wird sie als Bundeskanzlerin, als solche verdient sie rund 20.000 Euro im Monat.
Im Parteienvergleich also ist das, was Linken-Chef Ernst verdient, keineswegs besonders üppig. Bei genauem Hinsehen löst sich der Raffke-Verdacht schnell in Luft auf. Und wer genau hinsieht, erfährt auch: Der besagte Porsche ist schon neun Jahre im Dienst, und gerade einmal noch 25.000 Euro wert. Da haben andere ihre Autos längst verschrottet.
Ob es sich für einen Politiker, der «gegen die Reichen wettert» (Focus) grundsätzlich nicht ziemt, sich einen Sportwagen zu leisten, egal wie alt er sein mag, ist Ansichtssache. Genauso wie die Frage, wieviel Gehalt zu den Spitzenleuten einer Partei passt, die sich als Volksverstehertruppe gibt und dabei die Grenzen des Populismus öfters mal überschreitet. Nicht vergessen werden sollte aber: Als Anwalt der kleinen Leute spielen sich auch die Gutverdiener anderer Parteien gern auf.
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