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News im Fall Madeleine McCann: Maddie-Verdächtiger Christian B. freigesprochen

Paukenschlag in Braunschweig: Christian B., der auch im Fall der vermissten Maddie McCann verdächtig ist, wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem 47-jährigen mehrere Sexualverbrechen an Frauen und Kindern in Portugal vorgeworfen.

Christian Brückner (links) mit seinem Anwalt. (Foto) Suche
Christian Brückner (links) mit seinem Anwalt. Bild: picture alliance/dpa | Michael Matthey
  • Freispruch für Maddie-McCann-Verdächtigen
  • Staatsanwaltschaft forderte 15 Jahre Haft für Christian B.
  • Madeleine-McCann-Ermittlungen sollen weitergehen

Der Hauptverdächtige im Fall des Verschwindens von Madeleine McCann wurde am Dienstag (8. Oktober) in einer separaten Anklage wegen Sexualverbrechen für nicht schuldig befunden. Der 47-jährige Deutsche bleibt aber im Gefängnis, weil er noch bis September 2025 eine Haftstrafe wegen Vergewaltigung absitzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, eine Revision ist möglich.

Freispruch für Maddie-Verdächtigen Christian B. - 47-Jähriger bleibt in Haft

Nach 38 Verhandlungstagen vor der Strafkammer im niedersächsischen Braunschweig sprachen die drei Berufsrichter und zwei Schöffen den Angeklagten frei. Viele Prozessbeobachter hatten mit diesem Ausgang gerechnet, nachdem die Kammer im Juli auf Antrag der Verteidigung den Haftbefehl gegen den mehrfach vorbestraften Sexualstraftäter aufgehoben hatte.

Das Braunschweiger Verfahren stand im Fokus internationaler Medien, weil der Angeklagte im Fall der verschwundenen dreijährigen Madeleine "Maddie" McCann unter Mordverdacht steht. Der Maddie-Komplex ist aber offiziell nicht Gegenstand des aktuellen Verfahrens. Die Ermittlungen dazu gehen weiter, eine Anklage ist bisher aber nicht absehbar.

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Darum wurde Christian B. freigesprochen

Mit ihrem Urteil folgte die Kammer im Wesentlichen den Forderungen der Verteidigung. "Das, was wir an Beweisen hatten, hat für eine Verurteilung des Angeklagten nicht gereicht", sagte die Vorsitzende Richterin Uta Engemann und weiter: "Wir haben es mit unzuverlässigen, mit zum Teilen das Gericht bewusst anlügende Zeugen zu tun gehabt." Darauf könne die Kammer kein Urteil stützen. Weiter argumentierte sie, dass Zeugen durch die Berichterstattung über Christian B. in ihren Aussagen beeinflusst wurden. Der Angeklagte sei in den Medien"als Sexmonster und Kindermörder stilisiert worden".

Die Vorsitzende Richterin schilderte in der Urteilsbegründung ausführlich die Widersprüche in den Aussagen der beiden Zeugen, die Videos von zwei der drei angeklagten Vergewaltigungen gesehen haben wollen. Beide hätten in ihren polizeilichen Vernehmungen im vorherigen Vergewaltigungs-Prozess 2019 und als Zeugen im aktuellen Prozess in vielen Punkten völlig unterschiedliche Angaben gemacht. Die beiden Opfer wurden bis heute nicht gefunden.

Dem Opfer der dritten Vergewaltigung, die vor dem Gericht aussagte, glaubte die Kammer zwar die Tat - nicht aber, dass sie den Angeklagten nur anhand der Augenfarbe wiedererkennen könne. Christian B. nahm den Freispruch ohne äußerliche Regungen auf. Er trug ein weißes Hemd und wie schon an den vorherigen Verhandlungstagen ein zerknittertes graues Jackett.

Staatsanwaltschaft forderte 15 Jahre Haft

In dem heute zu Ende gegangenen Prozess wurde B. beschuldigt, drei Frauen vergewaltigt zu haben. Eine von ihnen - die irische Reiseleiterin Hazel Behan - hatte zu Beginn des Prozesses einen erschütternden Bericht über ihre Tortur an der Algarve gegeben, die sie angeblich dem Maddie-Verdächtigen zu verdanken hat. Zudem wurden dem 47-Jährigen zwei Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern in Portugal vorgeworfen. Nach dem Ende der Beweisaufnahme blieb die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen bei ihrer Überzeugung und forderte insgesamt 15 Jahre Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. In diesem Fall hätte B. nicht nach Verbüßung der Haft entlassen werden können.

Die Strafverfolger hielten ihn für zwei Vergewaltigungen und zwei Missbrauchsfälle für schuldig. Im Fall einer Vergewaltigung habe der Vorwurf nicht aufrechterhalten werden können. Bereits im Vorfeld hatte die Staatsanwaltschaft für den Fall eines Freispruchs eine Revision angekündigt. Die Verteidigung hatte am Montag einen Freispruch gefordert. B.s Rechtsanwälte argumentierten damit, dass Beweise fehlten und Zeugen nicht glaubwürdig seien. Der Angeklagte hatte am vorletzten Prozesstag die Möglichkeit zu einem letzten Wort, äußerte sich aber nicht.

Möglicher Zusammenhang mit Madeleine McCann - Darum ist der Fall Christian B. so brisant

Was den Fall so brisant macht? Christian B. wurde im Juni 2020 von der deutschen Polizei als Hauptverdächtiger im Fall des Verschwindens von Madeleine McCann benannt, aber seither wurde keine Anklage erhoben. Ihm werden jedoch drei Vergewaltigungen und zwei Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch zwischen 2000 und 2017 in Portugal vorgeworfen. Die Fälle sollen sich allesamt in der Nähe des Algarve-Urlaubsorts Praia da Luz, von wo aus Madeleine während ihres Urlaubs mit ihren Eltern Kate und Gerry McCann verschwand, zugetragen haben.

Die dreijährige Maddie McCann verschwand im Mai 2007 aus der Ferienwohnung ihrer Familie in Praia da Luz, während ihre Eltern in einer nahe gelegenen Tapas-Bar zu Abend aßen. Trotz einer riesigen internationalen Fahndung und weltweiter Medienaufmerksamkeit wurde keine Spur von ihr gefunden. Die Ermittlungen im Fall "Maddie" gehen weiter, erklärte Staatsanwalt Christian Wolters. "Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nicht sagen, wann wir diese Ermittlungen abschließen können und mit welchem Ergebnis", sagte er.

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/news.de/dpa

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