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Gerhard Schröder: Alt-Kanzler wettert in ARD-Doku gegen Annalena Baerbock

Gerhard Schröder wird 80 Jahre alt. Ein ARD-Team begleitete den wegen seiner Putin-Nähe ins Abseits geratenen Altkanzler über Monate. Dabei kommt der SPD-Politiker nicht nur auf Wladimir Putin, sondern auch auf seine Politik-Kollegen zu sprechen.

In der ARD-Dokumentation "Außer Dienst? - Die Gerhard Schröder-Story" spricht der Alt-Kanzler nicht nur über sein Leben, sondern auch über sein Verhältnis zu Wladimir Putin. (Foto) Suche
In der ARD-Dokumentation "Außer Dienst? - Die Gerhard Schröder-Story" spricht der Alt-Kanzler nicht nur über sein Leben, sondern auch über sein Verhältnis zu Wladimir Putin. Bild: picture alliance/dpa/NDR | Sven Wettengel

Schon der Beginn der Dokumentation "Außer Dienst? - Die Gerhard Schröder-Story" (8.4., 21.00 Uhr im Ersten; in ARD-Mediathek ab 3.4.) setzt den Ton des Films. Gerhard Schröder, der am 7. April 80 Jahre alt wird, und seine 24 Jahre jüngere Ehefrau Soyeon Schröder-Kim fahren auf dem Golfplatz vor. Dann schlendern die Schröders von Loch zu Loch, der Vater der Agenda 2010 fachsimpelt dabei über das richtige Eisen für den Abschlag. Die Kamera ist immer dabei und mit ihr Lucas Stratmann. Der preisgekrönte NDR-Dokumentarfilmer hat den Altkanzler zu diesem Fernseh-Wagnis überredet.

Gerhard Schröder spricht in ARD-Dokumentation über Golf, Putin und seine Ehefrau

Auf dem Golfplatz und immer wieder während des 60-minütigen Films stellt Stratmann dem SPD-Politiker eigentlich nur zwei Fragen: Warum distanziert sich Schröder nicht endlich von seinem Freund, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin? Und wie erträgt der einstige sozialdemokratische Hoffnungsträger, ein wegen Putin-Nähe Geächteter zu sein? Überall ausgeladen oder wenn doch eingeladen, irgendwo am Rand platziert, wo ihn die Kameras möglich nicht ins Bild bekommen.

Schröder ahnte, dass dieser Film keine freundliche Lebensbilanz eines Jubilars werden würde. Filmemacher Stratmann sendet diese Interview-Sequenz sogar, als ein Zertifikat für kritischen Journalismus. Also lässt er Schröder sagen: "Wenn Das Erste was macht, dann wird es eh kritisch. Aber ich habe entschieden, es ist besser, was zu sagen, als nichts zu sagen."

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Gerhard Schröder packt über sein Verhältnis zu Wladimir Putin aus

Allerdings bleibt Schröder ziemlich nichtssagend. Für die beiden in unterschiedlichen Gewändern wiederkehrenden Fragen hat er sich einen schützenden Kordon von Antworten zurechtgelegt: Er sei Putin ein kritischer Freund, ihn zu verstoßen, ließe einen vielleicht noch nötigen Gesprächsfaden abreißen. Weiter erklärt er, dass Putins "Demokratie mal besser, mal schlechter" laufe. Zudem behauptet Schröder: "Es gibt freie Wahlen in Russland, das kann man nicht bestreiten." Auch nach beherzt-kritischen Nachfragen des NDR-Reporters bleibt der Altkanzler bei seiner Meinung. Zur Erinnerung: Die Bundesregierung hatte sich geweigert, Putin zum "Wahlsieg" zu gratulieren. Die Wahlen seien "weder frei noch fair" verlaufen, stellte das Kanzleramt klar.

Alt-Kanzler Schröder teilt gegen Annalena Baerbock aus

Doch die Ablehnung mache Schröder nichts aus, er fühle sich durchaus gemocht, nur nicht mehr von der Führungsspitze der SPD. Anerkennung erhalte er ausreichend - sogar international. Wohl deshalb auch darf ihn das Kamerateam auf eine Vortragsreise nach China begleiten. Dort wird Schröder wie ein Staatsgast hofiert, Kinder mit Wink-Elementen inbegriffen. Dabei kommt Schröder auf den blühenden Handel mit Peking zu sprechen. Während seiner Ausführungen teilt er auch gegen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) aus, deren Einschätzung zufolge Chinas Staatschef Xi Jinping ein "Diktator" sei. "Ich halte das für eine außerordentliche Fehlentwicklung, was da an außenpolitischem Porzellan zerschlagen wird", stellt Schröder klar. Baerbocks Äußerung sei "eine Frage, die mit Professionalität zu tun hat und die ist im Auswärtigen Amt gegenwärtig unterentwickelt."

Schröder-Ehefrau Frau Soyeon zeigt Aufnahmen von Schröders geheimnisumwitterten Friedensmission

Die Aufnahmen aus China sind ebenso sehenswert wie einige Videos aus dem privaten Archiv Schröders. Seine Frau Soyeon hat sie während seiner geheimnisumwitterten Friedensmission im März 2022 kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine aufgenommen. Man sieht Schröder im Gespräch mit ukrainischen und türkischen Emissären oder im Privatjet zwischen Istanbul und Moskau. Nur zum Treffen mit Putin fuhr Schröder allein. So postete seine Frau das später oft verspottete Bild: sie allein für Frieden betend am Fenster der Suite im Hotel, im Hintergrund die hell erleuchtende Basilius-Kathedrale und Teile des Kreml.

SPD-Politiker Schröder und seine Genossen: Sie stehen noch zu ihm

Der frühere Bundeskanzler (1998-2005) und niedersächsische Ministerpräsident (1990-1998) gewährt auch noch einen interessanten Blick durchs politische Schlüsselloch: Im vergangenen Herbst wird er für 60 Jahre SPD-Mitgliedschaft geehrt. Die Partei, die ihn als Putin-Freund vergeblich ausschließen wollte, tat sich schwer mit einer Feier. Schließlich findet sie in Hannover statt. Die aktuelle Führung vertritt Matthias Miersch, Rechtsanwalt wie Schröder und Chef der SPD in Hannover. Deshalb sitzt er auch beim Mittagessen nach der Urkundenübergabe mit tapferem Gesicht dabei. Ebenfalls im Saal sind viele Genossen mit einem Ex vor dem Namen: Ex-Parteichef Sigmar Gabriel, Ex-Innenminister Otto Schily und Hannovers Ex-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg.

Ihre Unterstützung tut Schröder sichtlich wohl. Aber der wichtigste Mensch in seinem Leben, das dokumentiert die "Schröder-Story" in zahlreichen Momenten, ist seine fünfte Ehefrau Soyeon. Sie begleitet ihn überallhin. Dabei halten beide stets Händchen. Wer hier zuerst die Hand des anderen greift, sieht man nicht. Aber auf jeden Fall ist man zu zweit weniger allein.

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/fka/news.de/dpa

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