Sauerkirschsaft, Magnesiumpulver und Mineralwasser: Der "Sleepy Girl Mocktail" soll beim Einschlafen helfen. Doch was steckt hinter dem Trendgetränk? Das sagen Experten.
Obwohl es schon spät ist, kann man einfach nicht einschlafen. Man wälzt sich im Bett und blickt immer wieder verzweifelt auf die Uhr. Morgens quält man sich schließlich tot müde aus dem Bett. Laut Statista leiden 43 Prozent der Deutschen an Schlafproblemen. Der "Sleepy Girl Mocktail" soll angeblich dagegen helfen. Experten haben das Trendgetränk nun genauer unter die Lupe genommen.
"Sleepy Girl Mocktail" gegen Einschlafproblem
In den sozialen Netzwerken kursieren zahlreiche Videos, die junge Frauen mit dem "Sleepy Girl Mocktail" zeigen. Die Rezepturen unterscheiden sich zwar ein wenig, doch eines haben sie alle gemein: Sauerkirschsaft und Magnesiumpulver. Dazu kommt entweder Zitronenlimo, Mineralwasser oder sogar Kamillentee. Der alkoholfreier Drink soll den Schlaf fördern. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Kann so ein Mocktail wirken?
Experten analysieren das Trendgetränk gegen Schlafbeschwerden
"Das ist in dem Fall nicht so einfach zu beurteilen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin Luisa Hardt vom Uniklinikum in Erlangen. "Man weiß nicht, wie viel und welcher Saft und wie viel Magnesium jeweils konkret verwendet wurden." Auf den ersten Blick könnten die Bestandteile jedoch durchaus sinnvoll sein, meint sie. Der Körper brauche Magnesium, um aus der Aminosäure Tryptophan das Hormon Melatonin zu bilden, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig sei. Der Sauerkirschsaft enthalte wiederum sekundäre Pflanzenstoffe, die den Tryptophan-Abbau im Körper hemmen könnten, sodass mehr dieses Ausgangsstoffs für die Melatoninbildung zur Verfügung stehe.
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Der Ernährungsmediziner Hans Hauner von der Technischen Universität München ist jedoch skeptisch. "Die Datenlage dazu ist sehr dünn. Das sind meistens kleine Studien mit einer ausgewählten Gruppe von Testpersonen." Vor allem zweifelt er daran, dass es sinnvoll ist, Magnesium zusätzlich einzunehmen. "Wir haben mit einer Durchschnittskost eigentlich keinen Magnesiummangel. Kein Mensch braucht das als Supplement, wenn er sich normal ernährt." Außerdem könne der Körper Magnesium besser in kleineren Mengen über den Tag verteilt aufnehmen als einmal in einer höheren Dosis, ergänzt Hardt. Nahrungsergänzungsmittel seien oft sehr hoch konzentriert und überschritten die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Tageshöchstmenge von 250 Milligramm. "Das kann zu Magen-Darm-Beschwerden, vor allem Durchfällen, führen - was die Nachtruhe erheblich stören kann."
Ähnlich könnte sich der Sauerkirschsaft bei Menschen auswirken, die empfindlich auf Säure reagieren, sagt Hauner. Die sekundären Pflanzenstoffe, die den Schlaf fördern sollen, seien dagegen nur in Mikrogrammmengen enthalten. "Die Konzentration ist so gering, dass eine Wirkung nicht plausibel ist." Zumal der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen von Sauerkirschsaft zu Sauerkirschsaft nach Angaben von Hardt sehr stark schwanken kann. Studien zu dessen schlaffördernder Wirkung verwendeten meist Saft der Montmorency-Sauerkirsche, einer speziellen Sorte, die besonders viele sekundäre Pflanzenstoffe und Melatonin enthalte, erläutert sie. Diese werde aber hauptsächlich in den USA und Kanada angebaut. Deshalb sei der Saft im Supermarkt hierzulande eher nicht erhältlich.
Laut Hans-Günter Weeß, Leiter des interdisziplinären Schlafzentrums des Pfalzklinikums in Klingenmünster in Rheinland-Pfalz, habe der "Sleepy Girl Mocktail" keinerlei Wirkung - zumindest, wenn man nur die Inhaltsstoffe betrachtet. "Was wir bei Menschen mit Schlafstörungen in Studien feststellen ist, dass sie stark auf Placebos reagieren. Es könnte also sein, dass jemand eine Wirkung bei dem Drink spürt, wenn er fest daran glaubt." Allein das Ritual, sich abends etwas Gutes zu tun und dabei zu entspannen, könne beim Einschlafen helfen. "So ein Getränk kann man selbst herstellen, die Bestandteile kosten nicht viel", meint Weeß. Deshalb sei der "Sleepy Girl Mocktail" möglicherweise zwar wirkungslos, aber auch harmlos im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, die mit einer angeblichen schlaffördernden Wirkung werben und für die Betroffene zum Teil viel Geld ausgeben. "Es ist durchaus etwas, was man bei Schlafproblemen ausprobieren kann", findet Ernährungswissenschaftlerin Hardt. Im Vergleich zu Schlaftabletten seien deutlich weniger Nebenwirkungen zu erwarten. Aufgrund des hohen Zuckeranteils empfiehlt die Expertin jedoch, besser einen Kräutertee oder heiße Milch zu trinken.
Rezept für den Sleepy Girl Mocktail
Sie benötigen:
- 5 Eiswürfel
- 1 TL Magnesiumpulver
- 120 Milliliter Sauerkirschsaft
- 120 Milliliter Zitronenlimonade, Mineralwasser oder Kamillentee
Geben Sie zunächst die Eiswürfel in ein Glas und anschließend das Magnesiumpulver. Anschließend füllen Sie den Saft sowie die Limonade, das Wasser oder den Kamillentee ins Glas. Viel Spaß beim Nachmachen!
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bua/bos/news.de/dpa
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