Tödliches Ende eines Lösch-Einsatzes: Zwei Feuerwehrleute sind bei einem Brand in Sankt Augustin (Nordrhein-Westfalen) ums Leben gekommen. Während die Räumarbeiten weitergehen, steht eine ganze Stadt unter Schock.
Ein Lösch-Einsatz im Stadtteil Niederpleis in Sankt Augustin (Rhein-Sieg-Kreis, Nordrhein-Westfalen) endete für zwei Einsatzkräfte der Feuerwehr tödlich. Galten nach dem Einsatz bei einem brennenden Motorradladen am 18. Juni 2023 zwei Feuerwehrleute - ein Mann und eine Frau - zunächst als vermisst, ist es inzwischen traurige Gewissheit: Das Feuerwehr-Duo hat den Einsatz nicht überlebt.
Feuer-Drama in Sankt Augustin (NRW): Zwei Feuerwehrleute bei Löscharbeiten gestorben
Mehr als 200 Einsatzkräfte waren am Sonntagabend vor Ort gewesen, um den Brand in dem Motorradgeschäft mit angrenzender Werkstatt zu löschen. Elf von ihnen seien verletzt worden, fünf der Verletzten in Krankenhäuser gebracht worden. Die Verletzungen hätten auch mit der großen Hitze am Sonntag zu tun.
Die Feuerwehr war gegen 11.18 Uhr alarmiert worden. Der Brandort lag in einer zentral gelegenen Straße mit Wohnhäusern und Geschäften. Anwohnerinnen und Anwohner wurden gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten, wie der Sprecher sagte. Dafür sei unter anderem über die Warn-App "Nina" eine Meldung verschickt worden.
Motorradladen und Werkstatt in Brand: 200 Feuerwehrleute in Sankt Augustin im Einsatz, mehrere Verletzte
Die Löscharbeiten dauerten am Sonntagnachmittag noch an. Inzwischen sind die Löscharbeiten abgeschlossen. Wie ein Sprecher der Polizei am Montagmorgen mitteilte, dauern die Räumarbeiten jedoch noch mehrere Tage an. Ein Brandermittler werde sich vor Ort noch ein Bild machen müssen. Das Feuer in dem Motorradladen war am Sonntagmittag aus noch ungeklärter Ursache ausgebrochen.
Nach Angaben der Stadt kommt es wegen der Arbeiten auch am Morgen noch zu Verkehrsbeeinträchtigungen in der Innenstadt des Stadtteils Niederpleis. Autofahrer werden gebeten, das Gebiet weiträumig zu umfahren. Ebenso bleibe ein Kindergarten geschlossen.
Sankt Augustin unter Schock nach Tod von zwei Feuerwehrleuten im Dienst
Über die Räumarbeiten am Brandort hinaus sind die Stadt Sankt Augustin sowie das gesamte Bundesland Nordrhein-Westfalen in tiefer Trauer: Bei dem Löscheinsatz waren zunächst zwei Feuerwehrleute vermisst worden. In den frühen Morgenstunden des 19. Juni gab es dann die Gewissheit, denn während der Bergungsarbeiten wurden beide tot aufgefunden, wie die Stadt per Facebook mitteilte.
Bei den beiden Vermissten handele sich um einen Mann und eine Frau der Freiwilligen Feuerwehr, hatte Bürgermeister Max Leitterstorf noch am Sonntagnachmittag gesagt. "Dieses tragische Ereignis macht uns alle bestürzt und fassungslos", betonte er nach dem Fund der Leichen. "In erster Linie sind unsere Gedanken und unser Mitgefühl bei den Familien und Angehörigen der beiden sowie bei ihren Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Sankt Augustin", hieß es weiter. Die Stadt werde die beiden Mitglieder der Feuerwehr nie vergessen.
Feuerwehrleute bei Brand gestorben - Ermittlungen zur Ursache laufen
Nach dem Brand mit zwei toten Feuerwehrleuten in Sankt Augustin bei Bonn laufen die Ermittlungen zur Brandursache. Eine Polizeisprecherin sagte am Montagmorgen, weitere Hintergründe seien im Laufe des Tages zu erwarten.
Todesopfer waren in der freiwilligen Feuerwehr: Nordrhein-Westfalen weint um tote Einsatzkräfte
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) äußerte per Twitter seine Anteilnahme. "In tiefer Trauer gedenken wir der mutigen Feuerwehrleute, die heute ihr Leben bei einem Einsatz in Sankt Augustin verloren haben." Ihr selbstloser Einsatz verdiene den größten Respekt, schrieb er weiter. Seine Anteilnahme gelte den Hinterbliebenen.
In tiefer Trauer gedenken wir der mutigen Feuerwehrleute, die heute ihr Leben bei einem Einsatz in #SanktAugustin verloren haben. Ihr selbstloser Einsatz verdient unseren größten Respekt. Unsere tief empfundene Anteilnahme gilt den Hinterbliebenen.
— Hendrik Wüst (@HendrikWuest) June 18, 2023
Ebenso zeigte sich der Deutsche Feuerwehrverband betroffen. "Wir sind erschüttert!", schrieb Verbandspräsident Karl-Heinz Banse bei Twitter. Seine Gedanken seien bei den Familien der Verstorbenen.
In Sankt Augustin (NW) sind zwei Feuerwehrleute ums Leben gekommen. Weitere Kräfte wurden verletzt. "Wir sind erschüttert! Unsere Gedanken sind bei den Familien der Verstorbenen, bei den Verletzten u. natürlich bei allen Kameraden vor Ort", erklärt DFV-Präsident Karl-Heinz Banse. pic.twitter.com/s4qbQTunKI
— Deutscher Feuerwehrverband (@FeuerwehrDFV) June 18, 2023
Nach dem Vorfall sei die gesamte freiwillige Feuerwehr von Sankt Augustin außer Dienst gestellt worden, sagte Leitterstorf. Feuerwehrleute aus anderen Kommunen hätten die Löscharbeiten übernommen.
Experte: Tod von Feuerwehrleuten stellt System nicht infrage
Der Einsatztod von Feuerwehrleuten ist in Deutschland nach Angaben des Brandschutz-Experten Frank Hachemer sehr selten. "Bundesweit sind 1,3 Millionen Menschen in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, und zum Glück bleiben die allermeisten unversehrt", sagte der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands der Deutschen Presse-Agentur.
In Sankt Augustin waren eine Feuerwehrfrau und ein Feuerwehrmann bei der Bekämpfung eines Brandes in einem Motorradladen ums Leben gekommen. "Das ist furchtbar, macht die ganze Feuerwehrwelt betroffen - aber das System Freiwillige Feuerwehr ist durch einen solchen Vorfall nicht infrage gestellt", betonte Hachemer. Auf keinen Fall dürfe man dem Trugschluss unterliegen, dass die Freiwilligen Feuerwehrleute nicht professionell ausgebildet seien - das Gegenteil sei der Fall.
Das weltweit fast einzigartige System Freiwillige Feuerwehr biete den Vorteil, dass die Feuerwehr flächendeckend unterwegs sein könne. "Es gibt andere Länder, in denen das nicht so ist, und dort ist der Brandschutz oft deutlich schlechter aufgestellt, weil es eben viel weniger Feuerwehrleute gibt und diese dementsprechend oft nicht so schnell zur Stelle sein können."
Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr seien zudem hervorragend ausgebildet. In der Vorbereitung und im Einsatz werde alles dafür getan, damit der Worst Case nicht eintrete. "Aber wie wir jetzt gerade in Sankt Augustin auf schlimme Weise erleben mussten, lässt sich hundertprozentige Sicherheit niemals erreichen", sagte Hachemer. Die beiden umgekommenen Feuerwehrleute seien offenbar mit als erste in das brennende Gebäude vorgestoßen. "Das kann und macht nicht jeder, sondern das ist immer ein speziell befähigter Trupp." Die erfahrenen Mitglieder dieser Einheiten könnten zum Beispiel Atemschutzgeräte tragen. "Das wird engmaschig geübt, und diejenigen, die das machen, werden regelmäßig intensiv medizinisch untersucht, ab 50 Jahren sogar jedes Jahr."
Die Entwicklung eines Brandes hänge von vielen verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der Art des brennenden Materials, erläuterte Hachemer. Auch sei es möglich, dass brennbare Gase entstünden und es zu einer schlagartigen Entzündung des Rauches komme. "Das ist dann wie eine Explosion, da entstehen schlagartig Temperaturen um die 800 Grad." Wenn dann noch das Gebäude kollabiere und dem Trupp der Ausweg nach draußen versperrt sei, könne es kritisch werden.
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loc/news.de/dpa