Wissenschaftler haben eine alarmierende Entdeckung gemacht. Sie fanden in Abwässern die langlebigen und giftigen PFAS-Substanzen. In einem europäischen Land war die Konzentration besonders hoch.
Jeder benutzt es täglich: Klopapier. Die Auswahl reicht von weich bis hin zu nachhaltigem Toilettenpapier aus Bambus. Forscher fanden jetzt aber heraus, dass Klopapier giftige Chemikalien enthält und diese langlebige und krebserregende PFAS-Chemikalien in das Abwassersystem einbringen können.
Neue Studie: Forscher finden krebserregende PFAS aus Toilettenpapier im Abwasser
Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften - die Stoffe sind unter anderem sehr stabil und öl- wie auch wasserabweisend - werden sie breit verwendet. Sie finden sich in Alltagsgegenständen wie Anoraks, Pfannen und Kosmetik, sind aber auch Teil von Industrieprozessen und technischen Anwendungen. Auch Hersteller von Toilettenpapier verwenden die Substanzen zur Herstellung. Sobald das benutzte Papier in der Toilette heruntergespült wird, landen die giftigen PFAS im Abwasser, schreiben Wissenschaftler in einer neuen Studie. Die Ergebnisse erschienenin der Fachzeitschrift "Environmental Science & Technology Letters Journal".
Für ihre Untersuchung sammelten sie Toilettenpapierrollen ausNord-, Süd- und Mittelamerika, Afrika und Westeuropa. Außerdem untersuchten sie den Klärschlamm aus acht US-amerikanischen Kläranlagen. Dann extrahierten sie die PFAS-Substanzen und fanden dadurch insgesamt sechs verschiedene dieser Stoffe heraus. Am häufigsten fanden sie in den Proben"isubstituierte Polyfluoralkylphosphate (6:2 diPAP). Sie stehen im Verdacht krebserregend zu sein.Schließlich verglichen sie Daten aus anderen Ländern, um einschätzen zu können, wie hoch Belastung durch Toilettenpapier im Abwasser ist.
Gift aus Toilettenpapier: In diesen Ländern sind PFAS-Belastungen besonders hoch
Sie kamen zu folgenden Ergebnissen: Eine deutliche PFAS-Belastung durch Klopapier lag in Frankreich mit 89 Prozent und Schweden mit 32 Prozent vor. In den USA und Kanada lagen die Werte bei vier Prozent, obwohl die beiden Staaten insgesamt sehr hohe PFAS-Belastungen aufweisen.
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Was sind PFAS?
PFAS steht für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Die extrem stabilen Chemikalien, die natürlicherweise nicht vorkommen, können sich in der Umwelt anreichern. Diese langkettigen, organischen Verbindungen weisen eine sehr starke Bindung auf, die sich nur durch einen hohen Aufwand lösen lässt. Außerdem können sie auch in den menschlichen Organismus gelangen. Dort sammeln sie sich in Organen und Blutproteinen an. Laut dem Umweltbundesamt zeigte sich in Tierversuchen , dass die Stoffelebertoxische, krebserregende und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften besitzen.
Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere. Im vergangenen Jahr ergab eine Studie, dass PFAS selbst in den entlegensten Weltregionen im Regenwasser nachweisbar sind. "Mit der Aufnahme von PFAS aus verunreinigten Böden und Wasser in Pflanzen und der Anreicherung in Fischen werden diese Stoffe auch in die menschliche Nahrungskette aufgenommen", schreibt das Uba. Menschen können PFAS zudem über die Luft und Trinkwasser aufnehmen.
Verbot von PFAS geplant
Die von der Industrie breit genutzten Substanzen werden derzeit intensiv diskutiert, denn sie sollen einem Vorstoß zufolge in der EU weitgehend verboten werden. Dabei geht es Schätzungen zufolge um insgesamt mehr als 10 000 einzelne Stoffe. Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an. Dabei handelt es sich um eine Art Vorsichtsmaßnahme. Der Gedanke dabei: Wenn einige der Substanzen nachweislich schädlich sind, könnten es viele andere Vertreter der Stoffgruppe auch sein. Aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ginge ein Komplettverbot zu weit, da dann auch viele Anwendungen untersagt wären, von denen gar keine Gefahr ausgehe. "Ich gehe davon aus, dass die Auswirkungen der Beschränkung für viele Industriezweige erheblich wären", sagte Mirjam Merz, Expertin für Chemikalienpolitik und Gefahrstoffrecht beim BDI, der dpa.
Erfüllt der Behörden-Antrag alle Formalitäten, sollen am 22. März öffentliche Konsultationen starten. Dabei können sich beispielsweise Industrievertreter für Ausnahmen stark machen. Die Entscheidung trifft am Ende die Europäische Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten. Mit einem Entschluss wird 2025 gerechnet.
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bos/news.de/dpa
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