Das Wetterphänomen El Niño könnte in diesem Jahr zu weiter steigenden Temperaturen in Europa führen. Experten rechnen schon jetzt mit einem neuen Hitze-Rekord für 2023. Wie schlimm wird es tatsächlich?
Bereits zu Beginn des Jahres 2023 ist es hierzulande viel zu warm. Bei Temperaturen um die 10 Grad ist kein Schnee in Sicht. Der Winter droht einmal mehr auszufallen. Viele Menschen fragen sich: Müssen wir uns in den kommenden zwölf Monaten auf neue Hitzerekorde einstellen? Schließlich war schon 2022 eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen 1850 - obwohl es in eine Phase mit dem kühlend wirkenden Wetterphänomen La Niña fiel. Experten vermuten, dass diese bald vorbei ist.
El Niño 2023: Droht in Europa ein Rekord-Sommer?
Die US-Klimaforschungsbehörde NOAArechnete Anfang Januar mit dem Übergang von La Niña in eine neutrale Phase zwischen Januar und März. "Außergewöhnlich warme Tiefengewässer im tropischen Westpazifik deuten das nächste El-Niño-Ereignis 2023 an", schrieb Klimaexperte Kevin Trenberth von der Universität Auckland schon im September. Dies könne zu globalen Temperaturrekorden 2024 führen - weil ein Teil der Meereswärme in die Atmosphäre abgegeben wird. Der Deutsche Wetterdienst bestätigte in dieser Woche, dass sich La Niña langsam abschwächt.
Experten geben widersprüchliche Prognosen ab
Klimmaexperte Dr. Karsten Brandt sagte gegenüber der "Bild": "Für Europa könnte es ein sehr warmes Jahr werden, große Trockenheit weiter wahrscheinlich, ein Hitze-Sommer ist zu erwarten." Zwar würde El Niño hauptsächlich in den Tropen wirken, allerdings rechnet der Experte aufgrund eines weltweiten Temperaturanstiegs auch mit noch extremeren Hitzewellen in Europa schon ab diesem Sommer. Er gehe von einem extremen 2. Halbjahr und einem extremen 2024 aus, und befürchtet außerdem "eine lange El Niño-Welle".
Etwas optimistischer zeigte sich hingegen Stephan Bader vom Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Meteoschweiz. Er sagte gegenüber dem "Blick": "Die Wahrscheinlichkeit, dass El Niño bis Mitte Jahr in einem neutralen Zustand bleibt, ist höher als die Wahrscheinlichkeit, dass sich bis Mitte Jahr 2023 ein El-Niño-Ereignis entwickelt." Das heißt: Er geht nicht von einem Hitze-Sommer in Mitteleuropa aus. Außerdem machte er darauf aufmerksam, dass es trotz des Klimawandels keine "auffällige Änderung in der Auftretens-Häufigkeit" von El Niño in den letzten Jahrzehnten gab.
Weltwetterorganisation warnt vor Hitze-Hammer
Im November schätzte die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf die Wahrscheinlichkeit auf 25 Prozent, dass im Sommer eine El-Niño-Phase beginnt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der bisherige Rekord des heißesten Jahres bis 2026 übertroffen wird, liege bei 93 Prozent. Das Rekordjahr war 2016 mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 1,3 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900.
Was sind El Niño und La Niña?
Bei "El Niño Southern Oscillation", wie das Phänomen korrekt heißt, handelt es sich um ein gekoppeltes Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im tropischen Pazifik. Bei der Warmphase El Niño bringt die Strömung Meereswärme in höhere Breiten, die teils über Verdunstung in die Atmosphäre abgegeben wird. La Niña gilt als Kaltphase, in der die Strömung die Erwärmung über die Sonneneinstrahlung in tiefe Gewässer des Westpazifiks führt, wo sie gespeichert wird. Weil Fischer in Peru die Erwärmung zum Jahresende merkten, nannten sie das Phänomen El Niño (das Christkind). Zwischen den beiden Extremen spricht man von einer neutralen Phase.
Starke und mäßige El-Niño-Ereignisse tragen nach Angaben der WMOzur Erwärmung bei und erhöhen die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur. "Obwohl die stärksten Auswirkungen von El Niño im äquatorialen Pazifik zu spüren sind, können sie Folgen für das Wetter auf der ganzen Welt haben, weil sie Hoch- und Tiefdrucksysteme, Winde und Niederschläge beeinflussen", erklären Klimaforscher der Columbia-Universität. "Da das wärmere Ozeanwasser überschüssige Energie (Wärme) an die Atmosphäre abgibt, steigen die globalen Temperaturen."
Temperatur-Schock schon 2022: Eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Messungen
WMO-Chef Petteri Taalas warnte im August 2022: "Es ist sehr außergewöhnlich, in drei aufeinanderfolgenden Jahren La-Niña-Ereignisse zu haben. Der kühlende Effekt hat den Anstieg der globalen Temperaturen vorübergehend gebremst, aber das wird den langfristigen Erwärmungstrend nicht stoppen oder umkehren."
2022 war nach einer vorläufigen Prognose trotz La Niña eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Industrialisierung. Die WMOschätzte die globale Durchschnittstemperatur im November auf etwa 1,15 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. Zudem waren die Jahre 2015 bis 2022 die acht wärmsten Jahre.
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gom/news.de/dpa
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