Fünf Menschen verloren bei dem Zug-Unglück von Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen ihr Leben, mehr als 40 Personen wurden verletzt. Die Ermittlungen zur Unfall-Ursache gehen weiter - spielte überhöhte Geschwindigkeit eine Rolle?
Fünf Tote und mehr als 40 Verletzte - das ist die traurige Bilanz des Zug-Unglücks, das sich am 3. Juni 2022 unweit von Garmisch-Partenkirchen (Bayern) ereignete. Ein Regionalzug von Garmisch-Partenkirchen nach München war in den Mittagsstunden kurz nach der Abfahrt bei Burgrain plötzlich entgleist. Die Frage nach der Unfallursache beschäftigt aktuell eine Soko.
Zug-Tragödie von Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen forderte fünf Todesopfer - Staatsanwaltschaft ermittelt
Die Ermittlungen zur Unfallursache führt die 68-köpfige Sonderkommission "Zug" unter Leitung der Staatsanwaltschaft München II. Diese hat nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen ein Ermittlungsverfahren gegen drei Personen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Bei den Beschuldigten handele es sich um Mitarbeiter der Deutschen Bahn, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II mit.
Fahrtenbuch verrät: Lokführer war am Unglücksort nicht zu schnell unterwegs
Die "Bild" hat sich mit den Gegebenheiten der Zugstrecke, die der Regionalzug zurücklegte, eingehend beschäftigt. Im Fahrtenbuch für die Route von Mittenwald über Garmisch-Partenkirchen bis zum Hauptbahnhof München sehe nicht vor, dass der Lokführer die Geschwindigkeit seines Zuges an der Stelle zu drosseln habe, an der es zu dem verheerenden Unfall kam, schreibt das Blatt. Mit 100 Stundenkilometern könne ein Zug also theoretisch die Strecke passieren, ohne dass gegen Regeln verstoßen werde - überhöhte Geschwindigkeit als Unfallursache sei der "Bild" zufolge also unwahrscheinlich. Demgegenüber seien an anderen Punkten der Strecke, darunter kurz vor dem Unglücksort, jedoch Geschwindigkeitsbegrenzungen erlassen worden, die ein maximales Tempo von nur 20 Stundenkilometern erlauben. Als Grund dafür wurden marode und wartungsbedürftige Gleisanlagen genannt.
Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen: Experte mahnt System mehrfacher Sicherungsmaßnahmen an
Thomas Strang, Experte für Kommunikation und Navigation am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), hat nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen angemahnt, zuerst nach der Ursache und dann erst nach den Verantwortlichen zu suchen. Er sieht grundsätzlich einen Fehler im System. "In anderen Ländern ist nicht so wichtig, wer war schuld - sondern was ist passiert und wie können wir das systematisch das nächste Mal verhindern?", sagte Strang der Deutschen Presse-Agentur.
"Natürlich hat bei solchen Unglücken meist irgendein Mensch dazu beitragen, indem er irgendetwas übersehen hat." Der Fehler eines Einzelnen dürfe aber gerade nicht zu einem Unfall führen. Es sei ein System mehrfacher Sicherungsmaßnahmen nötig. "Wir brauchen Redundanzen, die verhindern, dass ein Fehler zum Unfall führt." Jedes Fahrrad oder jeder E-Scooter habe zwei unabhängige Bremssysteme.
Braucht das marode Schienennetz mehr Geschwindigkeitsbegrenzungen?
Zwar solle EU-weit das Sicherheitssystem ETCS eingeführt werden, mit dem zum Beispiel auch das Einhalten der Geschwindigkeit an Langsamfahrstellen überwacht werde. "Das ist eine gute Sache - aber es dauert noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis es kommt. Es braucht schnellere Lösungen - und mehr als ein Lösung. Sonst sind wir bei dem E-Scooter mit einer Bremse."
Dass an den Schienen der DB Netz Sanierungsbedarf bestehe, zeigten diverse Langsamfahrstrecken. "Die Anzahl der Langsamfahrstellen ist ein direkter Indikator für den Zustand unseres Netzes." Es fehle allerdings - so Strangs Einschätzung - an qualifizierten Fachkräften, die entsprechende Arbeiten konzipierten. Zudem sei das Streckennetz so stark ausgelastet, dass jede Baustelle den Betrieb stark behindere.
Ermittlungen nach Zugunglück dauern - Frau noch in kritischem Zustand
Die Ermittlungen an der Unfallstelle des tödlichen Zugunglücks von Garmisch-Partenkirchen ziehen sich hin. Mit den Instandsetzungsarbeiten konnte auch am 9. Juni 2022, knapp eine Woche nach der Tragödie, zunächst nicht begonnen werden: "Noch immer ist die Unfallstelle nicht freigegeben, weil noch Begutachtungen stattfinden", sagte der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag. Die fast 50 Mitarbeiter umfassende Soko "Zug" arbeite weiter auf Hochtouren. Es müsse abgewartet werden, "bis irgendwann die Experten sagen: Wir haben jetzt alles untersucht".
Dem Vernehmen nach könnten die Arbeiten bis nach dem G7-Gipfel Ende Juni dauern. Allerdings macht die Bahn hierzu keine Angaben. "Aktuell finden vor Ort keine Arbeiten der DB statt, die Unfallstelle ist noch nicht vollständig freigegeben", teilte ein Bahnsprecher mit.
Die Lok und ein Waggon stehen weiter auf den Gleisen. Sie müssten nach der Freigabe von Norden kommend über die Schiene geborgen werden. Dazu müsse aber das Gleis instandgesetzt werden, damit ein Schienenkran zur Unfallstelle gelangen könne. Die Instandsetzung des Gleisabschnittes solle im Laufe der nächsten Tage beginnen.
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loc/news.de/dpa
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