Das Robert-Koch-Institut will mit einer aktuellen Studie die sexuelle Gesundheit von trans* und nicht-binären Menschen verbessern. Weil in einer Befragung unter anderem die Bezeichnung "Menschen mit kurzer Harnröhre" verwendet wird, schäumt Twitter vor Wut.
Daten zur sexuellen Gesundheit von Personen aus trans* und nicht-binären Communitys sind in Deutschland Mangelware. Diese Informationen sind jedoch wichtig, um daraus Anforderungen an Prävention und Versorgung abzuleiten. Damit sich das ändert, führt das Robert-Koch-Institut (RKI) derzeit eine Online-Befragung durch. Und wie sollte es anders sein, in den sozialen Netzwerken sorgt die Studie für Aufruhr. Der Grund: Die Bezeichnung "Menschen mit kurzer Harnröhre".
Fronthole, Harnröhre und Co.! Wutbürger schäumen wegen RKI-Befragung vor Hass
Seit das RKI am Montag den Link zur Studie auf Twitter veröffentlichte, zeigen sich zahlreiche Nutzer:innen über das Wording der Befragung entrüstet. Darin heißt es unter anderem: "Menschen mit kurzer Harnröhre haben manchmal ein höheres Risiko für bestimmte Infektionen, z.B. Entzündungen der Harnblase Eine kurze Harnröhre liegt vor bei Menschen z.B. mit Fronthole, Vagina, Pussy, etc. Wir denken hierbei sowohl an Menschen (noch) ohne geschlechtsangleichende operative Eingriffe als auch an Menschen nach geschlechtsangleichenden operativen Eingriffen. Gehören Sie zu den Menschen, die eine kurze Harnröhre haben?" Unter den Hashtags#Harnröhre und #Fronthole machen die Empörten ihrer Wut Luft.
Teilnehmende für Studie "Sexuelle Gesundheit von #trans* & #nicht_binären Menschen in ???????? " gesucht.
— Robert Koch-Institut (@rki_de) March 28, 2022
Die Studie wurde gemeinsam mit Community Vertreter*innen und Aktivist*innen entwickelt und in 8 Sprachen angeboten.
Zur Studie ➡️ https://t.co/Pr05kt6fiW
"Das RKI nennt Frauen 'Menschen mit kurzer Harnröhre'. Der Laden ist vollkommen am Ende", schreibt ein wütender Twitter-Nutzer. "Falls das #RKI nach 2 Jahren Coronamanagement noch einen kleinen Rest wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit hatte: Der ist jetzt auch weg. Der Laden ist ein pseudowissenschaftliches, politisch-aktivistisches Siffloch. #Harnröhre", stimmt ein anderer in die Empörungswelle ein.
Falls das #RKI nach 2 Jahren Coronamanagement noch einen kleinen Rest wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit hatte: Der ist jetzt auch weg. Der Laden ist ein pseudowissenschaftliches, politisch-aktivistisches Siffloch. #Harnröhre pic.twitter.com/GJ5ExQvZf0
— Horst Rübenhouse. (@Ruebenhorst) March 29, 2022
Empörung nicht nachvollziehbar! Twitter verteidigt geschlechtersensible Sprache und Eigenbezeichnungen von trans* und nicht-binären Personen
Die Aufregung ist jedoch nicht nachvollziehbar. Schließlich richtet sich die Befragung klar an eine spezifische Personengruppe und wurde sogar mit Vertreter:innen der Communitys erstellt. "Das RKI macht eine Studie und TERFs [Trans-Exclusionary Radical Feminism] drehen völlig ab. Was ist passiert? Nun: sie richtet sich eindeutig und spezifisch an die nonbinary Community. Darum wurde Sprache verwendet, die in der Community genutzt wird. Cissen beschweren sich jetzt weil sie diese Sprache nicht mögen", fasst eine Twitter-Nutzerin zusammen.
Ich bin eine Frau. Ein Mensch mit kurzer Harnröhre. Und ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Ist doch wissenschaftlich völlig korrekt ausgedrückt. #harnroehre #Fronthole pic.twitter.com/6Ob7RH4sRp
— Frau Krause (@DasMups) March 29, 2022
"Es haben sich also cis Personen durch eine nicht für sie gedachte Studie geklickt, um sich dann darüber zu beschweren, dass die Sprache nicht cisnormativ ist. Sie nennen Begriffe wie 'fronthole' misogyn, obwohl das ein von nicht-Frauen gewählter Begriff für sich selbst ist!" Und Tatsache: Klickt man sich als cisnormative Person durch die Befragung, wird man bereits bei der ersten Frage aussortiert. "Diese Begriff hat sich recht spezifisch im Kontext von trans Männern entwickelt, die sich in der schwulen Community bewegen. Manche nutzen da eben diesen Begriff und fühlen sich damit wohler. Niemand bezeichnet an irgendeiner Stelle der Studie die Genitalien von cis Frauen so", heißt es in einem weiteren Tweet.
Das RKI macht eine Studie und TERFs drehen völlig ab. Was ist passiert?
— ???? Polyam Witch Maya ???? (@MayaMitKind) March 29, 2022
Nun: sie richtet sich eindeutig und spezifisch an die nonbinary Community. Darum wurde Sprache verwendet, die in der Community genutzt wird.
Cissen beschweren sich jetzt weil sie diese Sprache nicht mögen. https://t.co/WIW9jMTCY3
"Oh nein, eine Leitforschungseinrichtung verwendet in einer Studie sensibel und inklusiv die Sprache ihrer marginalisierten Zielgruppe. SKANDAL!!", heißt es in einem Tweet. "Einige cis Frauen verwenden durch den 'Hintereingang' als Synonym für Analsex, regen sich aber auf, wenn einige trans Männer und einige nicht binäre Personen die Bezeichnung Fronthole verwenden um ihre EIGENEN Körper zu beschreiben", zeigt sich eine Twitter-Nutzerinangesichts der Doppelmoral verwirrt. "Cis Personen haben nicht die Deutungshoheit über die Körper von trans, nicht binären inter und agender Personen. Niemals, unter keinen Umständen! " Und weiter: "Es ist keine neutrale Bezeichnung, es ist eine Selbstbezeichnung."
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bua/bos/news.de