Zahlreiche Experten prognostizieren für Herbst und Winter höhere Infektionszahlen. Laut einem Mathematiker könnte die vierte Corona-Welle sogar ziemlich heftig ausfallen. Gibt es Lösungen, um einen rasanten Anstieg zu verhindern?
Der Herbst und Winter könnte der Dynamik innerhalb der Entwicklung in der Corona-Pandemie hierzulande neuen Aufwind bescheren. Und das, obwohl die Zahlen aktuell rückläufig sind. Laut RKI und führenden Experten wie Christian Drostenzeichnen sich höhere Infektionszahlen in der kalten Jahreszeit ab. Das schreibt das Institut in seinem Wochenbericht vom 30. September 2021. Wie stark werden die Zahlen steigen? Wenn es nach den Berechnungen von Mathematiker Kristan Schneider aus Mittweida geht, könnte die vierte Welle viel schwerer ausfallen als aktuell angenommen.
Coronavirus-News aktuell: RKI erwartet Anstieg der Infektionszahlen
Als Gründe für den Anstieg der Infektionszahlen werden insbesondere eine "noch immer große Zahl" ungeimpfter Menschen und die Zunahme von Kontakten in Innenräumen vom RKI angeführt. Zuvor hatte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC angesichts von teils nicht ausreichenden Impfquoten vor einer verschlechterten Corona-Lage in Europa in diesem Herbst gewarnt.
Mathematiker prognostiziert einen Anstieg der Infektionszahlen durch Delta-Mutationen
"Wenn alles so bleibt, dann werden die Inzidenzzahlen in einer Größenordnung steigen, wie wir es bisher nicht erlebt haben", sagte Kristan Schneider, Professor für Modellbildung und Simulation an der Hochschule Mittweida, im Interview mit "web.de". Er sieht vor allem die Mutationen problematisch. "Im Vergleich zum ursprünglichen Wildtyp war die britische Variante, also Alpha, bereits über 30 Prozent ansteckender. Die jetzige Delta-Variante ist nochmal 50 Prozent ansteckender als die Alpha-Variante. Zudem sind viel zu wenige Menschen geimpft, und die Geimpften können das Virus trotzdem weitertragen, weil eben die Delta-Variante deutlich ansteckender ist."
Mathematiker warnt: Vierte Corona-Welle im Herbst und Winter wahrscheinlich
Diese Berechnungen basieren auf zahlreichen Faktoren. Neben der Basisreproduktionszahl spielt die Jahreszeit eine wichtige Rolle. "Im Herbst und Winter verbreitet sich das Virus stärker als im Sommer mit einem Peak (Anm. d. Redaktion: Höchstwert) um den 21. Dezember", sagte Schneider. In die Bewertung flossen auch Angaben zu den Corona-Maßnahmen oder der Impfquote mit ein.
"Aber wir haben auch die Dunkelziffer berücksichtigt, also die nicht diagnostizierten Corona-Fälle. Somit glauben wir, dass unsere Zahlen realistischer waren. Aber unser Ziel war nicht, die eine treffende Prognose zu berechnen. Wir wollten die Wirksamkeit der politischen Maßnahmen quantifizieren - also was bringen Masken, Tests, Impfungen und Lockdowns", erzählte Schneider über seine Berechnungsformel. Die damit berechneten Ergebnisse haben bereits andere Corona-Wellen zutreffend vorausgesagt.
Neuer Lockdown und Impfpflicht? Diese Maßnahmen könnten die Infektionszahlen drücken
Um der Infektionswelle entgegenzuwirken, spricht sich Kristan Schneider dafür aus, dass auch Geimpfte getestet werden. Außerdem sollte die Politik "eine Notbremse mit verschiedenen Stufen des Lockdowns" berücksichtigen. Als Bewertungsgrundlage für diese Maßnahme sieht er weiterhin die Inzidenzen. Auch für eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen sprach er sich aus. "Fakt ist: Wir haben vor den schwierigen Monaten die Herdenimmunität nicht erreicht und haben jetzt die Situation, dass die Delta-Variante deutlich ansteckender ist. Ich sage deshalb: Mut zur Impfpflicht. Pragmatisch angefangen mit bestimmten Berufsgruppen in der Pflege und im Gesundheitsbereich und anderswo im öffentlichen Dienst. Dann ist es leichter für andere Berufsgruppen, zu folgen.
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bos/loc/news.de/dpa
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