Im vergangenen Jahr sorgte Christian Drosten mit einer Studie zur Viruslast von Kindern für Aufruhr. Kritiker werfen ihm nun vor, dass er dadurch "irrationale Ängste" auslöste und an den monatelangen Schulschließungen schuld sei.
Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie waren Schulen zum Teil monatelang geschlossen. Expert:innen befürchteten eine massive Verbreitung des Virus durch Kinder. Dabei ist sich die Wissenschaft nach wie vor uneinig darüber, welche Gefahr überhaupt von den Heranwachsenden ausgehe. Nun sorgt eine Studie von Charité-Professor Harald Matthes nicht nur für Schlagzeilen, sondern auch für eine Attacke auf eine Studie des Virologen Christian Drosten.
Coronavirus-News aktuell: "Irrationale Angst der Lehrer" sorgte für Schul-Schließungen
In der Studie von Matthes wurden 6.753 Lehrer:innen zu ihrer Angst vor einer Corona-Ansteckung befragt. Dabei gaben 89 Prozent der Befragten an, dass sie Schüler:innen als die größte Corona-Gefahr ansehen. 71 Prozent fürchtet sogar, dass Kinder das Virus weitergeben können, auch wenn sie keinerlei Symptome haben. Matthes schlussfolgert daraus, dass die Corona-Maßnahmen an Schulen nicht durch "rationale Logik" angetrieben wurden, sondern durch die "irrationale Angst der Lehrer".
Wissenschaftler kritisiert"einseitige Informationspolitik" der Regierung, des RKI und Christian Drosten
Gegenüber der "Bild"-Zeitung macht Matthes die "einseitige Informationspolitik" der Regierung und des Robert-Koch-Instituts sowie eine Studie von Christian Drosten für die Angst der Lehrer verantwortlich. Bereits vor einem Jahr sorgte ein Team um den Charité-Virologen mit der Studie zur Viruslast von Kindern für Aufruhr. Laut den Wissenschaftlern gebe es keine Hinweise darauf, dass Kinder im Bezug auf Sars-CoV-2 nicht genauso ansteckend seien wie Erwachsene.
Diese Aussage kritisiert Harald Matthes aufs Schärfste. Demnach reiche die Viruslast allein nicht aus, "um fundierte Aussagen über Kinder oder Schulen zu machen". Dennoch lag der Fokus seit der Veröffentlichung der Studie auf Kindern. "Seitdem standen die Schulen im Verdacht", sagt Matthes gegenüber der "Bild". Doch als klar wurde, dass Schulen nicht wesentlich zum Pandemie-Geschehen beitragen, habe sich das Bild "als besonders gefährliche Orte" bereits etabliert.
"Die Studie der Forschungsgruppe um Prof. Drosten", teilt eine Charité-Sprecherin auf "Bild"-Anfrage mit, habe "sich allein auf die Untersuchung der Viruslast konzentriert." Diese sei jedoch "nicht die alleinige Voraussetzung für die Übertragung" des Coronavirus. Dennoch hatte die Drosten-Studie offenbar Einfluss auf die Entscheidungen der Politik. Auch weiterhin werden Schulen als potenzielle Infektionsorte betrachtet.
RKI-Chef fordert Corona-Maßnahmen an Schulen bis Frühjahr 2022
Angesichts der Delta-Variante plädiert nun RKI-Chef Lothar Wieler bis zum Frühjahr 2022 für Schutzmaßnahmen in Schulen. "Zum einen wollen wir ja das Infektionsgeschehen niedrig halten, weil auch Kinder schwer erkranken können. Und zum anderen haben wir natürlich das Ziel, dass die Schulen offen bleiben." Nach eigener Aussage rechnet er mit einem steigenden Infektionsgeschehen an Schulen. "Es werden vermehrt Fälle bei Kindern auftreten, schon jetzt sehen wir größere Ausbrüche der Delta-Variante in Schulen."
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