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Coronavirus aktuell: Experten wollen Inzidenzwert abschaffen - Risikowert soll neuen Lockdown verhindern

Wie seriös ist es, nach einem Jahr der Corona-Pandemie immer noch stur am Inzidenzwert festzuhalten, um über Öffnungen und Lockerungen zu entscheiden? Gleich mehrere Experten fordern einen neuen "Risikowert".

Der Inzidenzwert entscheidet aktuell über Corona-Lockerungen. (Foto) Suche
Der Inzidenzwert entscheidet aktuell über Corona-Lockerungen. Bild: dpa

Es ist der Wert, der Deutschland seit einem Jahr jeden Tag begleitet. Die Corona-Inzidenzwerte des Robert-Koch-Instituts fällen das Urteil darüber, was hierzulande geöffnet werden darf oder eben seit Monaten geschlossen bleiben muss. Zuletzt stiegen die Werte bundesweit wieder an, nachdem sie bis in den Februar hinein kontinuierlich gesunken waren. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, man sollte angesichts der dritten Corona-Welle in den sofortigen Lockdown zurückkehren und jede noch so kleine Lockerung auf Eis legen. Top-Virologe Christian Drosten erklärte im NDR-Podcast, die Corona-Lage könnte nach Ostern für Ungeimpfte über 50 "brenzlig" werden.

Coronavirus aktuell: Experten wollen Inzidenzwert abschaffen als "Maß aller Dinge"

Doch nicht alle Experten wollen sich nach über einem Jahr nur stur an den Corona-Inzidenzwerten festhalten, um über Öffnung und Verbote zu urteilen. In der "Bild"-Zeitung wird das unter der Überschrift: "Der Inzidenzwert darf nicht mehr das Maß aller Dinge sein!", verkauft. Das Blatt bezieht sich damit unter anderem auf die von Bund und Ländern vereinbarte Corona-Notbremse, wenn ein Bundesland den Inzidenzwert von 100 auf 100.000 Personen an mehreren Tagen hintereinander überschreitet.

In "Bild" erklärt zum Beispiel der Hygiene-Experte Florian Kainzinger, dass die Inzidenz in der Zeit vor Impfungen und Schnelltests zwar der richtige Weg gewesen sei, mittlerweile aber mehrere Faktoren in die Beurteilung der Lage einfließen sollten. In diese Richtung argumentiert auch Epidemiologe Klaus Stöhr. Der benennt in "Bild" die "Entwicklung des R-Werts (Ausbreitungsgeschwindigkeit), die Infektionen unter Älteren und Vorerkrankten, den Impffortschritt, die Belegung der Intensivstationen und die generelle Auslastung der Krankenhäuser" als entscheidend. Er sagt: Wenn sich viele Menschen anstecken, allerdings kaum Symptome zeigen würden, sei das nicht dramatisch und noch lange kein Grund für einen Lockdown.

Hendrik Streeck und Andreas Radbruch fordern neuen Risikowert mit Immunitätsrate

Laut Virologe Hendrik Streeck, der zuletzt mit seiner ZDF-Doku bei den Zuschauern ordentlich baden ging, müsse vor allem "die Anzahl der über 60-Jährigen, die wegen Corona ins Krankenhaus müssten" berechnet werden. Er fordert eine "Inzidenz für schwere Verläufe unter Senioren". In diesem Zusammenhang würde sich Streeck eine Beurteilung darüber wünschen, wie hoch der "Anteil der intensivmedizinisch behandelten Corona-Patienten an der betreibbaren Bettenkapazität" sei. Außerdem sollte eingerechnet werden, wie viele Kontakte nachverfolgt werden können und wie schnell geimpft wird.

Die Forderungen nach einem neuen "Risikowert", in den auch die Immunitätsrate einfließt, werden laut. In "Bild" argumentieren Immunologe Andreas Radbruch, Niedersachsens Vize-Regierungschef Bernd Althusmann (CDU) sowie FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus dafür. Man kann nur hoffen, dass sie auch gehört werden.

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