Schüler müssen sich bald im Unterricht warm anziehen. Laut einer Empfehlung von Lehrern und Politikern müssen Klassenzimmer im Winter regelmäßig gelüftet werden. Dieser Vorschlag kommt nicht gut an. Ein Arzt warnt jetzt sogar vor den Risiken.
Um das Infektionsrisiko in Schulen gering zu halten müssen Schüler bald im Unterricht frieren. Der Deutsche Philologenverband hält das Lüften von Klassenzimmern auch im Herbst und Winter für das "A und O".
Coronavirus-News aktuell: Unterricht im kalten Klassenzimmer im Winter
"Für die kalten Monate werden jetzt Pullover, Schals und Decken zur Grundausstattung der Schülerinnen und Schüler gehören", sagte Verbandschefin Susanne Lin-Klitzing der "Bild"-Zeitung (Montag). Lehrer und Schüler müssten auf das Zwiebelprinzip setzen und sollten "sich so dick anziehen und dann eventuell nach und nach ausziehen" können.
Decken, Pullover und Co.: Schulen bereiten sich auf den Corona-Winter vor
Einige Schulen bereiten sich vor, damit die Schüler trotz kalter Luft nicht frieren müssen. So riet die Schulleitung des Berufkollegs in Bochum ihren Schülern, "warme Kleidung – Kapuze oder Mütze – Decken" mitzubringen.Am Düsseldorfer Theodor-Fliedner-Gymnasium dürfen die Schüler Handschuhe und Mütze tragen, weil dort die Fenster offen stehen. AuchNiedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (44, SPD) rät in einem Brief allen Schülern: "Zieht euch warm genug an."
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Arzt hält neue Corona-Regel an Schule für "absurd"
Die Kultusminister warfen Lin-Klitzing vor, zu spät mit den Planungen für die kalten Monate begonnen zu haben. "Sonst hätten die Schulen beispielsweise auch Plexiglasscheiben zwischen den Schülern aufstellen können." Auch Allgemeinmediziner Stephan Pilsinger aus München hält diese Regelung für "absurd". Für einige Stunden mag das okay sein, findet er, aber durch Unterkühlung steigt das Erkältungsrisiko. "Das ist eine Gesundheitsgefährdung", fügt der Mediziner hinzu.
Wie finden die Schüler den neuen Vorschlag? "Hier wird das Versagen der Bildungspolitiker deutlich. Gäbe es in Deutschland bereits die technischen Voraussetzungen für Online-Unterricht, müssten unsere Schüler jetzt nicht frieren", sagt Finn Wandhoff (20), Chef der Schüler Union gegenüber der "Bild".
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Lehrerverbands-Präsident fordert bundesweites Corona-Schulampel-System
Lehrerverbands-Präsident Heinz-Peter Meidinger forderte unterdessen ein bundesweites Corona-Schulampel-System. Die in einigen Bundesländern geltende Regelung, ab 50 Neuinfektionen pro Woche pro 100 000 Einwohner auch im Klassenzimmer für ältere Schüler die Maskenpflicht vorzuschreiben, halte er für richtig. "Es ist allerdings traurig, dass sich manche Bundesländer so einem Corona-Schulampel-System weiter entziehen. Das heißt, sie weigern sich, die Hygieneschutzmaßnahmen an Schulen automatisch an das Infektionsgeschehen zu koppeln", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag).
Neuinfektionen steigen: Meidinger warnt vor Schulen als Corona-Hotspots
Zudem warnte Meidinger davor, dass sich die Schulen zu Corona-Hotspots entwickeln könnten. Corona-Infektionen würden jetzt auch von Schulen und Schülern ausgehen. "Die von manchen Politikern ständig wiederholte Behauptung, man brauche sich wegen des Infektionsgeschehens an Schulen keine Sorgen zu machen und die bislang wenigen Infektionen würden hauptsächlich von außen in die Schulen getragen, lässt sich aktuell nicht mehr aufrechterhalten", sagte Meidinger. Es gebe jetzt eine Reihe von Fällen in Deutschland, wo nicht nur Infektionen innerhalb der Schulen wahrscheinlich seien, sondern wo tatsächlich das Infektionsgeschehen sogar von Schulen und Schülern ausgehe.
Umweltbundesamt stellt Leitfaden zum Lüften für Schulen vor
Das Umweltbundesamt will am Donnerstag seinen angekündigten Leitfaden zum richtigen Lüften in Schulen in Corona-Zeiten vorstellen. Die Handreichung werde auf vier Seiten den Stand der Empfehlungen zum Thema und zum möglichen Einsatz von Luftreinigungsgeräten zusammenfassen, sagte ein Sprecher am Montag. Der Direktor im Umweltbundesamt, Heinz-Jörn Moriske, hatte bei einem Expertengespräch mit der Kultusministerkonferenz (KMK) im September die Erarbeitung einer entsprechenden Handreichung zum Lüften für alle Schulen im Bundesgebiet zugesichert. Die Länder haben auch in eigenen Hygieneplänen schon Vorgaben dafür formuliert.
Die KMK hatte zu dem Thema Wissenschaftler aus Virologie, Hygiene und Strömungsmechanik angehört. Diese hatten sich dafür ausgesprochen, Klassenzimmer im 20-Minuten-Takt für 3 bis 5 Minuten stoßzulüften und während der Pausen zusätzlich die Türen für Durchzug zu öffnen. Der Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte in Schulräumen wurde grundsätzlich nicht für nötig befunden, sofern sich in den Räumen die Fenster richtig öffnen lassen. Für diese Regeln bedarf es klarer Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes, mahnt Baden-Württembergs Ressortchefin Susanne Eisenmann (55).
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bos/news.de/dpa