Vor einem Jahr wurde Nidal R. in Berlin auf offener Straße erschossen - der Trauerfeier des Schwerkriminellen wohnten Tausende Gäste bei. Ein Jahr später ist der Mord immer noch nicht aufgeklärt, laut Polizei dauern die "intensiven Ermittlungen" an.
Der Mord an Nidal R. bleibt ein Mysterium. Auch ein Jahr nach dem Tötungsdelikt an dem Berliner Schwerkriminellen Nidal R. ist der Täter immer noch nicht gefasst. "Die intensiven Ermittlungen, für die weiterhin die sechste Mordkommission zuständig ist, dauern noch an", teilte die Staatsanwaltschaft mit. "Dabei werden alle denkbaren Motivlagen berücksichtigt. Eine Festnahme hat es in diesem Zusammenhang noch nicht gegeben."
Mord an Nidal R. nach einem Jahr noch nicht aufgeklärt
Zum aktuellen Stand der Ermittlungen könne aus taktischen Gründen nichts weiter gesagt werden. Der 36-jährige Nidal R. war am 9. September 2018 in der Öffentlichkeit erschossen worden. Es gab zahlreiche Zeugen, die die Täter in Neukölln am Rand des Tempelhofer Feldes, des früheren Stadtflughafens, flohen sahen.
Nidal R. war der Polizei seit seiner Kindheit als Wiederholungstäter bekannt. Seine Beerdigung vier Tage später wurde zu einem Aufmarsch arabischstämmiger Großfamilien und der organisierten Kriminalität. 2000 Besucher erschienen, fast ausschließlich Männer, auf dem Friedhof im Stadtteil Schöneberg. Zwei Hundertschaften der Polizei bewachten die Zufahrten und Zugänge.
Erschossener Nidal R.: Tausende Trauergäste bei Beerdigung von Schwerkriminellem
Es war schon ein etwas seltsames Bild, als 150 Polizisten in Berlin die Beerdigung eines stadtbekannten Kriminellen bewachten. Es war viel Aufmerksamkeit für Nidal R., Mitglied eines arabischstämmigen Clans. Bis zu 2.000 Trauergäste strömten zu der Bestattung des 36-Jährigen auf den Schöneberger Friedhof.Der 36-Jährige war wenige Tage zuvor mitten am Tag nahe dem Tempelhofer Feld niedergeschossen worden.
Clan-Mitglied Nidal R. in Berlin erschossen - große Trauerfeier
Vor allem Männer kamen zur Trauerfeier. So viele Menschen bei einer Beisetzung seien eher ungewöhnlich, sagte Bertram von Boxberg von der Zwölf Apostel Kirchgemeinde. Ein Sicherheitsdienst wurde zusätzlich bestellt, die Männer trugen Schutzwesten. Beim Verabschieden vor dem Friedhof demonstrierten viele Männer, darunter Clan-Größen nicht nur aus Berlin, Verbundenheit - Schulterklopfen, Händeschütteln, Küsschen.
Nidal R. stirbt nach Schießerei im Krankenhaus
Clanmitglied, Intensivstraftäter, Häftling, Familienvater: Für das Leben von Nidal R. gab es je nach Perspektive verschiedene Charakterisierungen. Mit Sicherheit verbürgt ist das letzte Kapitel: Am 9. September wurde er am helllichten Tag mitten in Berlin angeschossen - vor den Augen seiner Familie. Wenig später starb er im Krankenhaus.
Schüsse beim Sonntagsspaziergang nahe eines beliebten Parks - das ist für die Hauptstadt eine neue Dimension von Gewalt. Die Hintergründe aber sind noch unklar. Ein Clan-Krieg? Ein privater Racheakt? Oder werden Reviere der Kriminellen neu abgesteckt?
Nidal R.s Killer sind auf der Flucht
Die Täter, die aus nächster Nähe acht Kugeln auf ihr Opfer feuerten, flüchteten und sind bislang nicht gefasst. Das Fluchtauto wurde ausgebrannt entdeckt. Die Ermittler gehen von drei Tätern aus. Damit ist das Kapitel Nidal R. nicht abgeschlossen. Insider sehen die tödliche Attacke auch als Signal an die Szene: Sie rechnen mit Racheakten.
Araber-Clan sucht via Facebook nach Nidal R.s Mördern
Laut "Bild"-Zeitung sucht der Clan von Nidal R. bereits nach seinen Killern. Auf Facebook hat der Bruder von Nidal R. die Bilder von sieben Männern veröffentlicht, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen. Dazu schreibt er: "Das sind sie, damit ihr alle Bescheid wisst, die haben meinen Bruder hinterhältig vor Angst getötet, die ehrenlosen Hunde...", und weiter: "ihr Schwächlinge, haut ab in die Türkei und der andere Bastard nach Libanon. Die Polizei macht das schon."
Geldwäsche, Drogenhandel und Schutzgelderpressung in Berlin
Die Tat wirft erneut ein Schlaglicht auf kriminelle Clans in der Hauptstadt. Auch wenn die Polizei sie nicht so nennt. "Wir ermitteln nicht gegen Familien, sondern gegen Straftäter", betont Sebastian Laudan, Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt. Immer wieder geht es um Geldwäsche, Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Menschenhandel und Korruption. Allein im vergangenen Jahr richteten sich 14 der 68 größeren Ermittlungsverfahren zur organisierten Kriminalität gegen Banden mit arabisch-libanesischstämmigen Mitgliedern.
Es geht um Macht, viel Geld und Einfluss. Mit Sorge registrieren die Behörden auch eine "Tendenz zur Bewaffnung", ergänzt Laudan. Doch der Druck auf die Banden wachse. Erst im Juli gelang den Ermittlern ein spektakulärer Schlag: Sie beschlagnahmten Wohnungen, Häuser und Grundstücke in Berlin und dem Umland mit einem Gesamtwert von 9,3 Millionen Euro. Auch danach gab es mehrere Aktionen, bei denen Waffen und Drogen eingezogen wurden. Für die Szene wird es ungemütlicher.
Kriminelle Gangs als Grundlage für Fernsehserien wie "4 Blocks"
Fernsehserien wie "4 Blocks" haben das Leben krimineller Gangs in Berlin fiktionalisiert. Von der Realität ist dieses Szenario aber vielleicht nicht so weit entfernt. In bestimmten Bezirken sollen Gangs - zwischen 12 und 20 teils kriminelle Großfamilien - Straßen unter sich aufgeteilt haben. Das Problem ist aber nicht auf Berlin beschränkt. Auch im Ruhrgebiet, in Niedersachsen und in Bremen sind die oft weit verzweigten Clans aktiv.
Mord an Nidal R. erschüttert Araber-Clan in Berlin
Nidal R. galt als Teil solcher Netzwerke, aber nicht als Führungsfigur oder Vordenker. Schon vor seinem Tod war über ihn eine Menge öffentlich bekannt - wenig Gutes. Im Libanon geboren soll er in Berlin bereits im Alter von zehn Jahren erste Straftaten begangen haben. Seit er mit 14 strafmündig wurde, stand er immer wieder vor Gericht. Aus Gründen des Jugendschutzes wurde unter dem Namen "Mahmoud" über ihn berichtet. Die Anklagen lauteten auf Körperverletzung, Raub, Bedrohung, Nötigung, Drogendelikte, Fahren ohne Führerschein, Gefährdung des Straßenverkehrs, Unfallflucht. Es gab Dutzende Ermittlungsverfahren.
Nidal R. als "Intensivtäter" bei der Berliner Polizei bekannt
In der Hauptstadt galt Nidal R. schnell als"Intensivtäter". Seine kriminelle Karriere war sogar Auslöser für die Staatsanwaltschaft, eine Spezialabteilung für Jugendliche zu gründen, die immer wieder schwere Straftaten begehen. Für Nidal R. hatte das auch immer wieder Folgen. Er verbrachte viele Jahre hinter Gittern - mehr als ein Drittel seines Lebens. Eine Abschiebung in den Libanon scheiterte wegen ungeklärter Staatsbürgerschaft.
Nidal R. lebte gefährlich. Schon früher war auf ihn geschossen worden. Die Polizei hatte ihn weiter im Blick. Sie soll den 36-Jährigen sogar vor einem Anschlag gewarnt haben.
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fka/bua/news.de/dpa
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