«Ich bin halt ein mediterraner Typ», sagte der Gynäkologe André H. bei seinem Prozess wegen Vergewaltigung. Für ihn scheinen mediterrane Typen Frauen schamlos auszunutzen - denn den Missbrauch an seinen Patientinnen wertete der Arzt als Verführung.
André H. ist 70 Jahre alt und ein renommierter Reproduktionsmediziner - bis jetzt. Denn Frauen, die vorher aus Hoffnung auf eine Schwangerschaft schwiegen, packen jetzt aus und beschuldigen ihn der Vergewaltigung. Dafür müssen die Opfer ihr Leiden vorm Pariser Schwurgericht noch einmal im Detail beschreiben. Und als ob das nicht genug wäre, spottet die Verteidigung des Gynäkologen jeglicher Beschreibung.
Über 30 Frauen gegen Missbrauchs-Arzt
«Vergewaltigung und sexuelle Aggression gegenüber verwundbaren Personen durch eine Person, die ihre Autorität ausnutzte, die ihr durch ihre Funktion zuteil wurde», so übersetzt ein zusammenfassender Bericht von «Spiegel Online» die Anklage. Sieben Patientinnen klagen aktuell laut der Zeitung wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs, die Klagen von 27 anderen Frauen seien verjährt. Doch finden sich die Opfer in den Reihen der Zeugen wieder.
Gynäkologe als einzige Schwangerschafts-Hoffnung
Warum schwiegen so viele Frauen bis zur Verjährung? Die Antwort: Der Gynäkologe H. war für sie die große Hoffnung, schwanger zu werden. «Ich hatte solche Angst, dass er sich nicht mehr um mich kümmert, wo ich doch ein Baby wollte. Daher habe ich niemandem etwas gesagt», zitiert «Spiegel Online» eine der Patientinnen. «Ich hatte den Eindruck, dass ich nie schwanger werden würde, wenn ich ihm Widerstand geleistet hätte», so eine andere.
Die Vorwürfe, dass er sie ausgenutzt und vergewaltigt habe, weist der Arzt jedoch auch jetzt zurück. Es sei ihm stehts um Verführung gegangen, nicht um Gewalt. «Ich verstehe, dass die Patientinnen angesichts ihres psychologischen Zustands sich von meinem Charme haben hinreißen lassen.» Die sexuellen Kontakte, die der Arzt bestätigt, hätten aber immer in beiderseitigem Einvernehmen stattgefunden. «Ich bin halt ein mediterraner Typ, sehr herzlich.»Vergewaltiger oder Manipulator?
Herzlich besonders, wenn es um Schmeicheleien geht. Denn einige Patientinnen, so der «Spiegel»-Bericht weiter, nannten ihn bescheiden, einen guten Zuhörer, hätten nie eine ungehörige Geste oder ein deplatziertes Wort von ihm erlebt. Den sieben Klägerinnen, deren Schicksal noch nicht verjährt ist, ging es ganz anders. «Schmeichler» und «Manipulator» nannten sie ihn. Bei einer sei es zum Verkehr im achten Schwangerschaftsmonat gekommen, vorher hatte er ihr Komplimente gemacht. «Ich fand mich damals dick und hässlich».
Zumindest eines ist damit klar: Der Arzt nutzte die psychische Belastung seiner Patientinnen aus. Ob der Schuldspruch ihm noch weit mehr anlasten wird, bleibt abzuwarten.
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les/kls/news.de