Rund zwei Jahrzehnte lang waren in Deutschland Online Casinos verboten. Seit dem 1. Juli 2021 dürfen die Freunde des Glücksspiels jedoch wieder an den virtuellen Spielautomaten und Pokertischen sitzen, um ihr Glück zu versuchen. Möglich macht dies der neue Glücksspielstaatsvertrag, den die Bundesländer miteinander geschlossen haben. Doch viele der Regelungen verpuffen. Das gilt insbesondere auch für das Werbeverbot für illegale Anbieter.
Die wichtigsten Regelungen des Vertrags im Überblick
Mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfolgten die Bundesländer ehrgeizige Ziele. So sollen durch eine White List von sorgfältig lizenzierten Online Casinos die Spieler geschützt und effektiv vor Spielsucht bewahrt werden. Anbieter, die die begehrte Lizenz erhalten, müssen einen ambitionierten und durchaus auch umstrittenen Katalog von Kriterien erfüllen. Dass gesperrten Spielern und Minderjährigen der Zutritt zu den virtuellen Slots verboten werden muss und Casinos Darlehen weder vergeben noch bewerben dürfen, zählt noch zu den ehesten akzeptierten Voraussetzungen. Auch das von den Online Casinos geforderte IT Sicherheitskonzept empfinden viele als gute Sache. Genervt zeigen sich insbesondere die ambitionierten Zocker aber vom Verbot schneller, die Suchtgefahr steigernder Wiederholungen und dem monatlichen Maximaleinsatz von 1000 Euro. Die Folge: Abwanderung in den Schwarzmarkt, der in diesem Zusammenhang nicht reguliert ist.
Fehlende Einnahmen für die Staatskasse
Die Abwanderung von Glückspielfans in einen Bereich, der in Sachen Spielerschutz und Suchtprävention wenig Aktivitäten durchführt, ist ein unerfreulicher Nachteil des deutschen Glücksspielstaatsvertrages. Noch eine weitere unangenehme Konsequenz: der Wegfall von Steuereinnahmen. Denn: In Zusammenhang mit dem neuen Vertrag hatte sich der Staat eine zusätzliche Einnahmequelle verschafft, weil die in diesen lizenzierten Casinos getätigten Einsätze steuerpflichtig werden. Das ausgewertete Zahlenmaterial bezüglich der Steuereinnahmen dokumentierte, dass die Online Casinos boomen. Es zeigte aber auch, dass die Staatskasse nicht so viele Steuereinnahmen verzeichnet, als es den tatsächlichen Dimensionen des heutigen Online Glücksspiels entsprechen würde. Ein Grund dafür, das zeigt eine aktuelle Studie des Portals GambleBase.com, dürfte auch das Umgehen des durch den Glücksspielstaatsvertrag festgelegte Werbeverbot für illegale Angebote sein.
Studie durchleuchtet Werbung der Glücksspielbranche
Der Glücksspielstaatsvertrag verhängt gleich ein doppeltes Werbeverbot. Zum einen darf ein Online Casino auf seiner Domain nicht für anderes Glücksspiel werben. Zum anderen ist natürlich das Bewerben von illegalen Glücksspielangeboten weiterhin nicht erlaubt. Durch eine präzise Studie arbeitete GambleBase.com den tatsächlichen Anteil von rechtswidriger Werbung heraus.
Das Studiendesign unter der Lupe
Zur sauberen Abgrenzung von legalen und illegalen Anbietern arbeitete GambleBase.com mit einer auf das komplexe Glücksspielrecht spezialisierten Kanzlei zusammen. Diese konstatierte, dass legale Online Casinos ausschließlich diejenigen seien, die von den Glücksspielbehörden die nötige Lizenz erhalten hätten und auf der sogenannten White List geführt werden. Die einzige Ausnahme bildeten Casinos, die sich aktuell im Erlaubnisverfahren für die Erteilung der Lizenz befänden. Doch diese unterliegen bereits dem Werbeverbot durch den seit Juli 2021 gültigen Glücksspielstaatsvertrag.
Um nun die einschlägigen Werbeaktivitäten zu ermitteln, sammelte GambleBase.com qualifizierte Daten. Es handelte sich dabei um Suchergebnisse bei Google und einer bekannten Streaming-Plattform nach Eingabe von typischen Suchbegriffen wie "Slots". Diese Ergebnisse wurden anschließend in die Kategorien "legal" und illegal" unterteilt. Die Prozentzahlen beförderten ein ebenso signifikantes wie alarmierendes Bild der Glücksspielwerbung ans Licht: Bei der unbezahlten Werbung waren 97,88 Prozent aller Aktivitäten nicht legal. Noch drastischer sind die Zahlen bezüglich der bezahlten Werbung: Hier sind es sogar 99,42 Prozent, die illegal geschaltet wurden. Hohes Potenzial rund um unerlaubte Glücksspielwerbung besitzen auch die Bereiche Affiliate- und Influencer-Marketing, die auf die Angebote von nicht lizenzierten Online Casinos verlinken.
Probleme bei der Auswahl von seriösen Online Casinos
Die Folgen unerlaubter und staatlich zu wenig sanktionierter illegaler Werbung fasst Timo Weber, Chef von GambleBase.com, zusammen: "Gerade Anfänger oder wenig erfahrene Spielerinnen und Spieler haben dadurch Probleme, legale und illegale Anbieter zu unterscheiden." Die Zahlen der Studie demonstrierten eindeutig, dass die Chance, legale Werbung zu entdecken, 1:97 oder sogar 1:99 stünden. Dadurch werde das illegale Glücksspiel nachhaltig gestärkt, während die seriösen Anbieter im Web eher unsichtbar blieben. Der Schutz von Spielerinnen und Spielern und die Prävention von Sucht seien so schwer zu verwirklichen. Und natürlich sei es auch für den Staat von Nachteil, dass das Werbeverbot nicht ausreichend kontrolliert werde. Denn die Abwanderung in den Schwarzmarkt führe ja auch dazu, dass dem Bund eine Menge von Steuereinnahmen entfielen.
Staat in der Pflicht
Aktuell gibt es einige Klagen gegen illegale Anbieter. Diese berufen sich allerdings darauf, dass sie zwar nicht die Lizenz aus Deutschland hätten, aber eine europäische Lizenz, die ebenfalls an strenge Auflagen bezüglich Spielerschutz, Suchtprävention, IT Sicherheit und Seriosität geknüpft sein. Der Staat - so fordern legale Anbieter und Suchtspezialisten - müsse klar die eigenen Bestimmungen kommunizieren, deren Einhaltung überwachsen und bei Nichtbeachtung streng sanktionieren. Erst das Eindämmen des Schwarzmarktes schaffe Bedingungen, die den seriösen Casinos und der Zockergemeinde dienen. 2023 soll der neue Glücksspielstaatsvertrag ein erstes Mal überprüft werden. Das Nachschärfen der Kontrollinstrumente rund um das Werbeverbot wird von vielen Betroffenen als das A und O erachtetet, wenn es darum geht, die Glücksspielbranche präzise zu regulieren und den Schwarzmarkt von Anbieter ohne Lizenz einzudämmen.
lic/news.de