Schmerz-Beichte: 33 Frauen auf dem Weg zum Sadomasochismus

Wer diesem Fetisch nicht frönt, kann Anhänger des Sadomaso schwer verstehen: Die Lust an schmerzhaften Sexspielchen. Rohrstockhiebe, Fesselspiele, Erniedrigung. Doch im stillen Kämmerchen geben sich viele Männer und Frauen dem SM hin. Cornelia Jönsson sprach mit 33 Frauen über deren Weg vom Blümchensex zum schmerzvollen Liebesspiel.

Von news.de-Redakteurin Franziska Obst - Uhr

Wie viel Wahrheit steckt in dem Ekel-Bestseller?
«Feuchtgebiete»
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  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Menstruation


    «Früher galt es als ekelhaft für einen Mann, eine Frau zu ficken, die blutet. Die Zeiten sind ja wohl lange vorbei. Wenn ich mit einem Jungen ficke, der es gerne hat, dass ich blute, dann hinterlassen wir eine riesige Splattersauerei im Bett. Am liebsten benutze ich dafür frische weisse Laken, falls ich die Möglichkeit habe, darauf Einfluss zu nehmen. Und ich wechsle so oft es geht die Stellung und die Position im Bett, damit ich das Blut überall verteilen kann.»

  • Realität:


    Helen hat Recht, wenn sie sagt, dass die Zeiten der Sexabstinenz während der Periode vorbei sind. Doch Fakt ist: Eine Splattersauerei, wie sie es beschreibt, findet in deutschen Schlafzimmern nicht statt. Man gibt sich also auch während der Regel seiner Lust hin, aber auch hier ist Sauberkeit das A und O.

  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Analsex


    «Wenn klar ist, dass ich gleich Sex habe mit jemandem, der auf Analverkehr steht, frage ich: mit oder ohne Schokodip? Soll heissen: Manche mögen es, wenn die Schwanzspitze beim Poposex etwas Kacke ans Tageslicht befördert, der Geruch von selbst herausgebuddelter Kacke macht ja geil.

  • Realität:


    Obwohl Analsex noch immer ein öffentliches Tabuthema ist, zeigte eine Studie, dass 50 Prozent aller Deutschen diesen regelmäßig praktizieren. Besonders Männer finden ihn erotisch, da der After deutlich enger ist als eine Scheide und sie so mehr stimuliert. Doch auch hier mögen es die Deutschen sauber. Im Gegenteil zu Helen fürchten die meisten sogar um eine Sauerei und waschen sich im Vorfeld ausgiebig.

  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Intimhygiene


    «Ich mache schon lange Experimente mit nicht gewaschener Muschi. Mein Ziel ist, dass es leicht betörend aus der Hose riecht, auch durch dicke Jeans oder Skihosen. [...] Ich benutze mein Smegma wie andere ihre Parfümflakons. Mit dem Finger kurz in die Muschi getunkt und etwas Schleim hinters Ohrläppchen getupft und verrieben. Wirkt schon beim Begrüssungsküsschen Wunder.»

  • Realität:


    Im Gegensatz zu Helen nehmen es die meisten Deutschen ernster mit der Intimhygiene. Frauen sogar mehr als Männer. Die Herren der Schöpfung haben beispielsweise auch kein Problem damit, ihren Slip auch mal mehrere Tage hintereinander zu tragen. Gerade für Frauen ist Intimhygiene wichtig, da sie ansonsten eine Scheideninfektion riskieren. Empfohlen ist das Waschen einmal täglich mit Wasser und einem pH-neutralen Waschmittel.

  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Pickel


    «Wenn ich zum Beispiel Pickel ausdrücke und den Eiter am Finger habe, esse ich ihn mit grossem Vergnügen. Auch beim Ausdrücken von Mitessern, wenn dieser durchsichtige kleine Wurm mit dem schwarzen Kopf sich da rauswindet, streife ich ihn mit der Fingerspitze ab und lecke ihn weg.»

  • Realität:


    Es ist nicht schädlich, aber trotzdem finden es die Deutschen sehr eklig. Wer wirklich seinen Eiter ist, nimmt damit in gewisser Weise Proteine zu sich. Nachahmung empfiehlt sich allerdings trotzdem nicht. Denn wo Pickel sprießen, brüten auch immer Bakterien.

  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Petting


    «Ich fordere ihn schon bei einem der ersten Sexe zu meiner Lieblingsstellung auf: ich in Doggystellung, also auf allen vieren, Gesicht nach unten, er von hinten kommend Zunge in die Muschi, Nase in den Arsch, da muss man sich geduldig vorarbeiten, weil das Loch ja von dem Gemüse verdeckt wird. Die Stellung heißt ‹Mit-Dem-Gesicht-Gestopft›. Hat sich noch keiner beschwert.»

  • Realität:


    Tatsächlich wird diese Stellung auch von vielen Frauen in Deutschland während des Vorspiels gern eingenommen. Denn das Gefühl ist ein anderes, als wenn Sie auf dem Rücken liegt und sich vollständig gehen lassen kann. Manchen Frauen wiederum ist es aber auch unangenehm, ihrem Partner den Po direkt vor die Nase zu halten.

  • Textpassage «Feuchtgebiete» - Sperma


    «Wenn ich mit jemandem ficke, trage ich doch mit Stolz sein Sperma in allen Körperritzen, an den Schenkeln, am Bauch oder wo der mich sonst noch vollgespritzt hat. Warum immer dieses bescheuerte Waschen danach. Wenn man Schwänze, Sperma oder Smegma ekelhaft findet, kann man's mit dem Sex auch direkt bleiben lassen.»

  • Realität:


    Am Sperma scheiden sich die weiblichen deutschen Geister. Gerade was die Frage «Schlucken - ja oder nein?» angeht. Die einen lehnen es rigoros ab, die anderen finden es lustvoll und wieder andere tun es ihrem Partner zuliebe. Ein Gang zur Toilette ist nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr für viele Frauen ein Muss. In dieser Hinsicht steht Helen Memel mit ihren Ansichten also auch ziemlich allein da.

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    Anhänger des vermeintlich langweiligen, aber schmerzfreien Blümchensex können über SM-Liebhaber nur den Kopf schütteln. Welcher Mensch lässt sich denn freiwillig Schmerzen zufügen und gerät dabei sogar noch in Ekstase? Doch mehr Männer und Frauen, als man meinen mag, frönen diesem Fetisch. Vielleicht sogar aus Ihrem Bekannten- oder Freundeskreis.

    Umso interessanter ist es, dass nun 33 Frauen offen und ehrlich darüber berichten, wie sie zum SM gekommen sind und was genau sie an diesen Sexpraktiken - im wahrsten Sinne des Wortes - fesselt. Dabei berichten sie nicht nur von ihren ersten Wunden, der Überwindung und dem allerersten Kniefall, sondern auch von wahrer Liebe, Grenzerfahrungen und dem gebrochenem Seelenfrieden.

    Der Reality-Check des Sadomaso-Erfolgs
    «Fifty Shades of Grey»
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  • Die SM-Beziehung


    Buch: Christian behandelt seine Sklavin nicht wie eine Partnerin. Würde die Beziehung nicht in Pornotopia, sondern im wahren Leben spielen, ging sie vielfach in Richtung Missbrauch. Die SM-Spiele werden nicht diskutiert, nach dem Spiel lässt er sie oft allein zurück.


    Realität: Das gegenseitige Einverständnis ist wichtig. Schlimmstenfalls vollzieht ein Partner am anderen eine sexuelle Handlung, mit der dieser absolut nicht einverstanden ist. Also: Vorher alles absprechen - Praktiken, Grenzen, Hemmungen, die Verteilung der dominanten und der devoten Rolle, bisherige Erfahrungen, gesundheitliche Beschwerden. Die Absprache im nicht-angegeilten und nüchternen Zustand treffen.

  • Der Sklavenvertrag


    Buch: Christian setzt einen Vertrag auf, in dem die Grundlagen der SM-Beziehung zu Anastasia festgelegt werden.


    Realität: Ein solcher Vertrag ist natürlich sittenwidrig und juristisch ungültig. Trotzdem ist er für SM-Pare eine gute Grundlage. Am besten mit folgenden Inhalten: Rechte, Pflichten und Grenzen beider Partner, Dauer, Gehorsamspflicht, Konfliktbeilegungsmodi, Beziehungen zu Dritten, Strafen, Umgang in der Öffentlichkeit.

  • Die Sex-Wunschliste


    Buch: Christian Grey überreicht der Jungfrau Anastasia eine Liste mit sexuellen Wünschen und Bedürfnissen, dazu darf sie lediglich Ja oder Nein sagen.


    Realität: Überzogen. Hilfreich für SM-Anfänger ist aber, sich Zeit zu nehmen und aufzuschreiben, welche Vorschläge und Träume er oder sie selbst von einer SM-Beziehung hat.

  • Der Missbrauch als Grund für die SM-Neigung


    Buch: Christian erklärt, dass er als Kind schwer traumatisiert und als Jugendlicher sexuell missbraucht wurde. Daraus sei seine sexuell dominante Neigung entstanden.


    Realität: Verschiedene Forschungen haben keinen Zusammenhang ergeben, dass prägende Missbrauchserlebnisse eine Vorliebe für härtere Sex-Praktiken fördern. Ebenfalls sind Menschen, die auf Unterwerfungserotik stehen, in Sachen Gesundheit und Stabilität nicht anders als ihre Mitmenschen.

  • Die 24/7-Beziehung


    Buch: Christian legt im Sklavenvertrag mit Anastasia eine 24/7-Beziehung fest. Die erotische Unterwerfung soll also kontinuierlich aufrechterhalten und gelebt werden - 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche.


    Realität: Oft ist die Realität ernüchternd - Langeweile würde einkehren, die Schwiegermutter mit Fragen nerven, die Arbeitskollegen lästern. Viele Sadomaso-Paare verwirklichen ihre 24/7-Fantasien daher innerhalb bestimmter Auszeiten, etwa dem verlängerten Wochenende.

  • Der Blümchensex


    Buch: Christian Grey behauptet, noch nie Blümchensex gehabt zu haben - also normalen Sex ohne Perversionen.


    Realität: Eine ausschließlich Befriedigung durch SM-Praktiken ist für Sadomaso-Freunde sehr untypisch. Für viele SMer ersetzen Unterwerfungsspiele nicht die übliche Form von Sexualität, sondern erweitern lediglich deren Spektrum.

  • Die Schmerzen und Bestrafung


    Buch: Anastasia schaut in Christians «Kammer der Qualen». Sie kann nie richtig nachvollziehen, warum körperliche Gewalt, Schmerz und Bestrafung als lustvoll erlebt werden.


    Realität: Devote mögen Schmerz, Endorphine sorgen für einen lustvollen Stimmungsrausch. Die beliebtesten Varianten: Schläge auf den Po und Geschlechtsteile, Auspeitschen, Ohrfeigen, Abbinden von Körperteilen, Schneiden, Nadel- und Wachsspiel.

  • Das Rollenspiel


    Buch: Als Christian seine Sklavin Anastasia davon überzeugen will, ihm in allen Dingen zu Willen zu sein und sich im Alltag unterzuordnen, argumentiert er mit dem Vergleich, dass sie es sich als ein Rollenspiel vorstellen soll.


    Realität: Es ist kein rein körperbetones SM wie beim Auspeitschen, deshalb wird der Intellekt stärker angesprochen. Die beliebtesten Formen: Entführung, Entpersonalisierung, Tier- und Altersspiele, Tragen von Halsbändern und Ketten, Leibesvisitation, Verhör.

  • Der Analsex


    Buch: Christian geht robust zur Sache, das Hintertürchen von Anastasia zu erobern.


    Realität: Die Vorbereitung auf Analsex braucht einige Zeit, die schlecht in einen Roman passt. Wichtig sind Entspannung, Ruhe, Beginn mit Fingern oder Spielzeug, viel Gleitgel und Kommunikation.

  • Das Covern


    Buch: In einer Fesselszene wird Anastasia flau im Magen. Aber sie hat Kate und Elliot mitgeteilt, wo sie sich gerade befindet.


    Realität: In der SM-Szene wird das Covern als Sicherheitsmaßnahme bei neuen Bekanntschaften empfunden. Dadurch soll das Risiko begrenzt werden, sich nackt und gefesselt in den Händen eines dominanten Partners wiederzufinden, der sich aber etwa beim Quälen nicht an die Regel der gegenseitigen Einvernehmlichkeit hält.

  • Der Absturz


    Buch: Am Ende des ersten Teils von Shades of Grey erlebt Anastasia etwas, was SMer als Absturz bezeichnen: Sie ist von der Session überfordert und empfindet ihre seelischen Grenzen von Christian überschritten, will in Ruhe gelassen werden. Beide hatten ein «Safeword» ausgemacht, doch Anastasia sagt es nicht, weil sie ihm zeigen will, dass sie alles erträgt.


    Realität: Durch einen Absturz entsteht ein erheblicher Vertrauensverlust des devoten gegenüber des dominanten Partners. Allerdings kann dies zu Beginn einer SM-Beziehung passieren, es muss eben darüber gesprochen werden, wie so etwas künftig vermieden werden kann.

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    Lesen Sie exklusiv bei news.de einen Auszug aus Cornelia Jönssons «Lust auf Schmerz»:

    «Sie hat Andreas auf einer Weihnachtsfeier kennen gelernt. Er war süß und sie hat ihm offensichtlich auch gefallen, jedenfalls haben sie ziemlich intensiv geflirtet – beziehungsweise, eigentlich haben sie sich gepiesackt, aber es hatte etwas von Flirten. Sie ist mit ihm nach Hause gegangen. Sie stand im Wohnzimmer, er verschwand kurz.

    Sie dachte, er holt jetzt eine Flasche Wein, aber er kam mit einem Rohrstock zurück. Er hielt ihr das Ding hin und sagte: ‹Schlag mich damit. Auf den Arsch.› Es drehte sich alles vor ihren Augen in dem Moment. Das mag auch am Alkohol gelegen haben, aber nicht nur. Sie glaubte, es verginge ganz viel Zeit, in der sie nichts sagte. Dann hat sie genuschelt, sie könne das nicht. Aber er blieb hartnäckig. ‹Doch. Das kannst du›, hat er gesagt, ‹das sehe ich dir an.›

    Sie hat es tatsächlich getan. Ganz unverantwortlich eigentlich, sie hat wie wild auf den Mann eingeschlagen, kopflos, sie hat nicht über ihre Kraft nachgedacht, sie hat gar nicht gedacht – das passiert ihr heute nicht mehr. Aber es war, als wäre sie ihr ganzes Leben lang in einem Panzer aus vielen steinernen Schichten gefangen gewesen und mit jedem Schlag brach eine Schicht auf. Sie kam plötzlich frei.»

    Facettenreicher Einblick in den Sadomasochismus

    Cornelia Jönsson versteht es, dramaturgisch fesselnd, aber dennoch einfach und präzise zu schreiben. Die Art der Portraits, in denen die Frauen ihre persönlichen Erfahrungen preisgeben, variieren. Die einen werden in einem Interview vorgestellt, andere in Kurzerzählungen und wieder andere in einer Reportage. Wer sich für das lustvolle Liebesspiel beziehungsweise Menschen, die diesem verfallen sind, interessiert, wird bei diesem Werk sicher nicht enttäuscht.

    Autor: Cornelia Jönsson
    Titel: «Lust auf Schmerz. 33 Frauen erzählen, wie sie ihren Sadomasochismus entdeckten.»
    Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag
    Umfang: 240 Seiten
    Preis: 9,90 Euro

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    loc/news.de

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