Ist das Auto der Ehefrau eines Kaufmanns ein Geschäftsauto? Bis zu welchem Betrag darf eine Friseuse ohne Rechnung Haare schneiden? Und was passiert, wenn man Privatvergnügen in der Steuererklärung abrechnet? Fünf spannende Steuerfälle.
Die Steuererklärung steht an: Stundenlang grübeln die Deutschen in den nächsten Wochen vor diesen grünlichen Formularen, um sich möglichst viel vom Fiskus wieder zurückzuholen. Kleine Schummeleien spielen dabei eine große Rolle. Doch so einfach ist Steuerhinterziehung nicht. Und vor allem: Nicht alles, was nach Steuerhinterziehung aussieht, ist es am Ende auch, wie folgende fiktive Beispiele zeigen.
1. Geschäftsauto für Privatzwecke
Thomas Müller ist Geschäftsmann. Für seinen Handwerkerbetrieb hat er einen großen Fuhrpark mit vielen Geschäftsautos. Zu diesem Fuhrpark zählt auch der Kleinwagen seiner Frau, die nicht im Betrieb angestellt ist. Obwohl sie das Auto ausschließlich privat nutzt, rechnet Thomas Müller das Fahrzeug trotzdem in der Steuer ab.
Was ist das Problem?
Holger Kunadt, Steuerberater aus Leipzig: Das Fahrzeug muss dem Privatvermögen von Herrn Müller zugerechnet werden. Die anfallenden Ausgaben sind nicht betrieblich veranlasst. Wird durch von ihm geltend gemachte Kosten die Steuer tatsächlich verkürzt, könnte eine strafwürdige Steuerhinterziehung vorliegen.
Oft werden die Ehefrauen der Unternehmer gelegentlich oder regelmäßig kleinere oder größere Jobs für das Unternehmen erledigen. Dies könnte im Rahmen eines Mini-Jobs stattfinden. Anstelle eines Bar-Gehalts kann der Unternehmer dem Mini-Jobber auch ein Fahrzeug zur privaten Nutzung überlassen. Der geldwerte Vorteil (Ein-Prozent-Regelung) gehört zur Vergütung und wird genauso behandelt wie ein Bar-Gehalt.
2. Privates Vergnügen als Geschäftsessen abgerechnet
Frank Richter ist ein Genießer, er geht gern gut essen. Nur leider kann er das professionell nicht ausleben. Er ist weder Restauranttester noch sind große Geschäftsessen in seiner Branche üblich. Richter ist ein ganz normaler Werbekaufmann und kennt sich in Steuerfragen aus. So rechnet er seine privaten Streifzüge durch Dresdens teuerste Lokale mit seinen Freunden als Geschäftsessen ab. Zweimal die Woche speist er für insgesamt 80 Euro, was sich auf seiner Steuererklärung wiederfindet.
Was ist das Problem?
Holger Kunadt: Ist er Angestellter und gibt die Bewirtungskosten mit vermeintlichen Geschäftspartnern oder Kollegen als Werbungskosten an, so wird das Finanzamt diese nur anerkennen, wenn er von seinem Arbeitgeber gewinn- und/oder umsatzabhängige Vergütungsbestandteile (Tantiemen) erhält. Ist er selbständig und gibt die Bewirtungskosten als Betriebsausgaben an, mindern sie zu 70 Prozent seinen Gewinn. 30 Prozent bleiben nicht abziehbar.
Hat das Finanzamt die vermeintlichen Bewirtungskosten anerkannt und die Steuer entsprechend geringer festgesetzt, haben die falschen Angaben zum Erfolg geführt - die Steuer wurde verkürzt. Da sich der Werbekaufmann in Steuerfragen auskennt, wird wohl auch der Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt sein.
3. «Vergessene» Versicherungsleistungen bei Krankheitskosten
Frank Schneider hat nicht gerade die besten Zähne. Er ist erst vierzig und muss trotzdem bereits einen Backenzahn gezogen bekommen. Er will aber die Lücke füllen und lässt sich ein teures Implantat für 3000 Euro einsetzen. Zum Glück hat er eine Zahnzusatzversicherung, die einen Großteil der Kosten (2000 Euro) übernimmt. Trotzdem gibt er die Behandlungskosten komplett auf seiner Steuererklärung an, den Zuschuss der Zusatzversicherung hingegen lässt er weg.
Was ist das Problem?
Holger Kunadt: Die Krankheitskosten, so auch Behandlungskosten beim Zahnarzt für Implantate und Ähnliches, gehören zu den außergewöhnlichen Belastungen. Diese können abzüglich der von Dritten gezahlten Erstattungen (beispielsweise durch eine Zahnzusatzversicherung) steuermindernd geltend gemacht werden, wenn sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen.
Was als zumutbar gilt, ist von der Höhe des Einkommens und der Zahl der Kinder abhängig. Für Steuerpflichtige ohne Kinder und mit hohem Einkommen wird ein höherer Prozentsatz der Einkünfte als zumutbar betrachtet als bei Familien mit mehreren Kindern.
Bei alleinstehenden Steuerpflichtigen ohne Kinder und mit steuerpflichtigen
Einkünften von mehr als 51.130 Euro beträgt die zumutbare Eigenbelastung vier Prozent dieser Einkünfte, mindestens 2046 Euro.
Bei Eltern mit einem oder zwei Kindern und steuerpflichtigen Einkünften von höchstens 15.340 Euro beträgt die zumutbare Eigenbelastung zwei Prozent der Einkünfte, also 307 Euro. Sind es drei Kinder sind nur ein Prozent, also 153 Euro zumutbar.
Hat also der Alleinstehende für die Implantate beim Zahnarzt 3000 Euro
bezahlt und bekommt 2000 Euro von seiner Versicherung zurück, ist der Betrag der zumutbaren Eigenbelastung noch nicht überschritten; die Einkommensteuer darf nicht gemindert werden.
Gibt er aber die Erstattung seiner Versicherung in seiner Steuererklärung nicht an, mindert sich sein zu versteuerndes Einkommen um 954 Euro (3000 bis 2046 Euro); die Steuer wird verkürzt. Es könnte Steuerhinterziehung vorliegen.
Ab welchen Beträgen man Steuern zahlen muss
4. Putzen ohne Rechnung
Hagen Schneider putzt seit drei Jahren bei seinen Bekannten und deren Freunden. Insgesamt hat er zehn Kunden, die ihre privaten Wohnungen von ihm putzen lassen wollen. Offiziell ist Hagen Schneider Hartz-IV-Empfänger. Die 400 Euro, die er jeden Monat zusätzlich durch das Reinemachen einnimmt, versteuert er nicht. Seine Kunden geben es auf ihrer Steuererklärung ebenfalls nicht an.
Was ist zu beachten?
Holger Kunadt: Hier liegt kein steuerliches, sondern vielmehr ein sozialrechtliches Problem vor. Denn die Einkünfte von Hagen Schneider übersteigen den anrechnungsfreien Betrag (siehe Erklärung Arbeitsagentur).
Steuerlich besteht bei Einnahmen von jährlich 4800 Euro hingegen kein Problem. Der Grundfreibetrag liegt gegenwärtig bei 8004 Euro. Bis zu diesem Betrag ist Einkommen steuerfrei. Durch den Grundfreibetrag soll das notwendige Existenzminimum von der Steuer freigestellt werden und damit dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen. Die Hartz-IV-Leistungen sind steuerfrei und unterliegen auch nicht dem Progressionsvorbehalt Steuerfreie Einkünfte, die nicht der Einkommensteuer unterliegen, werden für die Berechnung des Steuersatzes für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte, diesen Einkünften zunächst zugeschlagen. Im Ergebnis unterliegen die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte also einem höheren Steuersatz als ohne steuerfreie Einkünfte. Dieser höherer Steuersatz wird auch als besonderer Steuersatz bezeichnet. (Quelle: Finanztip.de) (wie ALG I).
Hagen Schneider und seine Bekannten und Freunde befinden sich allerdings in einem Dilemma. Wenn Hagen Schneider seine Hartz-IV-Angelegenheiten in Ordnung bringt, spricht auch nichts dagegen, wenn seine Bekannten und Freunde für die Kosten seiner Dienstleistungen die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen beantragen. Dazu muss Hagen Schneider allerdings Rechnungen ausstellen (als Kleinunternehmer ohne Umsatzsteuer) und sich die Beträge auf sein Konto überweisen lassen. Barzahlungen werden für diese Steuerermäßigung nicht berücksichtigt.
Ilona Mirtschin, Sprecherin Arbeitsagentur: Die Freibeträge bei Erwerbstätigkeit sind derzeit im Sozialgesetzbuch II (SGB II) wie folgt geregelt:
Die ersten 100 Euro sind anrechnungsfrei; die weiteren Freibeträge belaufen sich
- für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 800 Euro beträgt, auf 20 vom Hundert und
- für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800 Euro übersteigt und nicht mehr als 1200 Euro beträgt, auf 10 vom Hundert.
An Stelle des Betrages von 1200 Euro tritt für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in einer Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1500 Euro.
Mit dem derzeit im Vermittlungsausschuss befindlichen «Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II» ist vorgesehen, die mittlere Freibetragsspanne (20 Prozent anrechnungsfrei) auf bis zu 1000 Euro anzuheben.
Wer zu Unrecht Leistungen aus der Grundsicherung bezieht, muss zum einen diese Leistungen zurückzahlen. Zum anderen wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Das Bußgeld kann bis zu 5000 Euro betragen.
5. Haare schneiden nach der Arbeit
Rita Thomas ist Friseuse in einem großen Salon. Um sich noch etwas Geld dazuzuverdienen, schneidet sie abends die Haare ihrer Freunde und Bekannten ohne Rechnung. So verdient sie schwarz 75 Euro in der Woche dazu, die sie nicht versteuert.
Was ist zu beachten?
Holger Kunadt: Friseusen haben in ihrem Job oft einen verhältnismäßig geringen Lohn, der nach Abzug von Werbungskosten (-pauschale), Vorsorgeaufwendungen (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen) und anderen Sonderausgaben (private Unfall- und Haftpflichtversicherung) gerade mal den Grundfreibetrag erreicht, so dass meist keine oder eine nur geringe Steuer anfällt. Trinkgelder sind steuerfrei.
Die darüber hinaus erzielten Einkünfte sind dann natürlich steuerpflichtig. Von den Einnahmen können die für den Nebenjob aufgewendeten Kosten (Material, Werkzeug, Wegekosten) abgezogen werden. Der dann verbleibende Gewinn erhöht die steuerpflichtigen Einkünfte und ist dem Finanzamt in einer Steuererklärung mitzuteilen. Wenn nicht, wird die Steuer «verkürzt» und es könnte Steuerhinterziehung vorliegen.
Über den Grundfreibetrag hinaus kann der Nebenverdienst der Friseuse steuerfrei bleiben. Der Grundfreibetrag erhöht sich zum Beispiel um den Kinderfreibetrag, den Betreuungsfreibetrag und andere Aufwendungen, so dass oft gar keine Steuerverkürzung eintritt.
Hinsichtlich der Umsatzsteuer besteht auch kein Problem. Die Friseuse wird (wie der Putzmann) als Kleinunternehmer anzusehen sein (Umsätze bis 17.500 Euro). Sie dürfen nur auf ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen.
Tipps für die Abrechnung der Entfernungspauschale finden Sie in diesem Artikel.
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zij/ivb/news.de