So gefährlich ist es wirklich: Wer auf Behandlung durch Chiropraktiker lieber verzichten sollte

Viele halten Chiropraktiker für Wunderheiler: Mit nur wenigen Handgriffen und einem lauten Knacken lösen sich Anspannung und Schmerzen. Doch nicht bei allen gehen die Behandlungen glimpflich aus. Wer den Besuch beim Chiropraktiker meiden sollte, lesen Sie hier.

Erstellt von - Uhr

Viele suchen mit Problemen an der Wirbelsäule Chiropraktiker auf. Das ist nicht immer eine gute Idee. (Foto) Suche
Viele suchen mit Problemen an der Wirbelsäule Chiropraktiker auf. Das ist nicht immer eine gute Idee. Bild: picture alliance / Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa | Arno Burgi
  • Chiropraktiker versprechen schnelle Schmerzlinderung
  • Die Wirksamkeit konnte bisher nicht bewiesen werden
  • Hohes Risiko für Verletzungen durch Behandlungen

Vielen erscheint ein kurzer Besuch beim Chiropraktiker angenehmer als der lange Weg über wochenlange Krankengymnastik. Mit einem lauten "Knack!" sind Probleme wie anhaltende Schmerzen in Nacken und Wirbelsäule schnell gelöst. Doch immer wieder tauchen auch Berichte über fehlgeschlagene Behandlungen auf.

Lesen Sie auch:

Was machen Chiropraktiker bei der Behandlung?

Auch im Netz kursieren zahlreiche Videos, in denen Chiropraktiker ihre Behandlungen demonstrieren - teils in kuriosen Posen und immer mit extra starken Knack-Geräuschen. Die Kunden zeigen sich in der Regel nach der Behandlung erleichtert. Häufig leiden sie zuvor an einem steifen Nacken, Rückenschmerzen oder eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Doch durch die heilenden Hände der Chiropraktiker scheinen sie sich wie neu geboren zu fühlen.

Dafür benötigen die Chiropraktiker außer ihrer eigenen Hände kein Werkzeug. Sie setzen bestimmte Handgriffe ein, um Blockaden im Körper zu lösen. Problematisch ist jedoch, dass die Berufsbezeichnung des Chiropraktikers in Deutschland nicht geschützt ist. Bei der Suche nach einem Chiropraktiker könnten Sie daher sowohl auf einen studierten und spezialisierten Arzt treffen als auch einen Heilpraktiker, der lediglich in kürzester Zeit Seminar absolviert hat. Es gibt keine staatlich anerkannte Ausbildung zum Chiropraktiker, was die Suche nach vertrauenswürdigen Anbietern erschwert. Im Zweifel lohnt es sich, nachzufragen, welche Ausbildung derjenige genossen hat.

Studien erkennen bisher keinen Mehrwert

Wie wirksam Chiropraktik als Behandlungsmethode für Schmerzen ist, lässt sich nur schwer sagen. Die meisten Studien können keinen Unterschied in der Wirksamkeit zu Placebos erkennen - teils konnten sie nicht mal eine Verbesserung zum Zustand ohne Behandlung belegen. Möglicherweise wirken sie also nur kurzfristig durch den Placebo-Effekt schmerzlindernd. Entsprechend dünn ist auch die Studienlage zu Zielgruppen, die von den Behandlungen mehr als andere profitieren könnten. Wissenschaftler empfehlen Chiropraktik daher nur als ergänzende Behandlung, niemals als alleinstehende Therapie für Schmerzen. Allerdings gibt es auch Personengruppen, bei denen Ärzte explizit von einer Behandlung durch Chiropraktiker abraten.

Bei welchen Problemen sollte man nicht zum Chiropraktiker?

Bei besonders sensiblen Bereichen im Körper, etwa bei der Halswirbelsäule, sollten manuelle Techniken nur "vorsichtig und mit Bedacht" eingesetzt werden, warnt Tobias Renkawitz, Ärztlicher Direktor an der Klinik für Orthopädie der Universität Regensburg. "Da gibt es tatsächlich in der Literatur Fallberichte, wonach es teilweise zu Problemen kommen kann." Zu den Fällen, bei denen Chiropraktiker möglicherweise mehr Schaden anrichten als wirklich helfen, zählen unter anderem:

  • Bandscheibenvorfällen
  • frische Verletzungen
  • Brüchen
  • Osteoporose
  • Entzündungen an den Gelenken
  • Tumoren
  • Nervenreizungen

Warnung: Schlaganfall durch manuelle Behandlungen möglich

"Grundsätzlich sehen Experten die chiropraktische Behandlung von Beschwerden im Halsbereich kritisch, denn insbesondere dort darf man nicht mit Kraft vorgehen", so Johannes Beckmann vom Krankenhaus Barmherzige Brüder in München gegenüber der "Apotheken Umschau". Auch bleibende Schäden wie Lähmungen seien als Konsequenz möglich. Doch um diese auszulösen, "bräuchte es aber schon Kraft und Vorschäden", so Beckmann. Noch um die 2000er war das jedoch keineswegs ungewöhnlich: Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2001 zeigte damals, dass Chiropraktiker für 40 Prozent aller von der Kanadischen Schlaganfall-Gesellschaft untersuchten Schlaganfälle von Unter-45-Jährigen verantwortlich waren. Alle erlitten Schäden der Halsarterie, die letztlich zum Schlaganfall und damit häufig zu Lähmungen oder Tod führten.

Bevor Sie den Chiropraktiker aufsuchen, ist daher ein Gespräch mit dem Hausarzt oder mit einem Orthopäden von Vorteil. Dort können die Ursachen für Schmerzen und Risiken durch manuelle Behandlungen zunächst abgeklärt werden.

Folgen Sie News.de schon bei WhatsApp, Facebook, Twitter, Pinterest und YouTube? Hier finden Sie brandheiße News, aktuelle Videos und den direkten Draht zur Redaktion.

/fka/news.de

Erfahren Sie hier mehr über die journalistischen Standards und die Redaktion von news.de.