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Dramatische Lieferengpässe von Medikamenten: So schlimm steht es um unsere Apotheken

Seit Wochen schlagen Apotheken deutschlandweit Alarm: tausende Medikamente sind weder vorrätig noch derzeit lieferbar. Das führt zu großen Problemen in der Behandlung vieler Patienten. Eine Befragung verrät, wie schlimm es wirklich ist.

Lieferengpässe von Medikamenten sind sowohl für Apotheken als auch ihre Kunden ein großes Ärgernis. (Foto) Suche
Lieferengpässe von Medikamenten sind sowohl für Apotheken als auch ihre Kunden ein großes Ärgernis. Bild: picture alliance/dpa | Marijan Murat
  • Lieferengpässe von Medikamenten erschweren es zurzeit, an wichtige Mittel für Diabetiker und Krebskranke zu kommen
  • Studie zeigt: etwa die Hälfte aller Deutschen hat bereits Erfahrungen mit der Medikamentenknappheit gemacht
  • Apotheken sind ebenfalls stark betroffen und kämpfen um ihren Erhalt

Mehrere Wochen herrschen nun schon akute Probleme in der Lieferkette von Arzneimitteln. Das macht es Apotheken nicht leichter, zu überleben - und verschlechtert die Versorgung von Patienten. Währenddessen versichern das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen, dass die Lage unproblematisch sei. Eine der "BILD" exklusiv vorliegende Umfrage bringt etwas Klarheit in die Situation.

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Versorgung durch Apotheken in Deutschland unter dem Durchschnitt

Ohnehin sterben bereits immer mehr Apotheken - seit Jahresbeginn mussten bereits384 Apotheken schließen. Eine traurige Bilanz, noch trauriger für die Patienten. Wer erkrankt ist, muss so schnell und einfach wie möglich an Medikamente kommen. Doch je weniger Apotheken es gibt, desto weitere Wege müssen die Patienten hinnehmen. Einer der Gründe für die Notlage der Apotheken sind die aktuellen Lieferengpässe für Medikamente. Im vergangenen Jahr kamen auf 559 Schließungen 62 Neueröffnungen. Für die EU liegt die Versorgung hierzulande sogar unter dem Durchschnitt: in Deutschland kommen 21 Apotheken auf 100.000 Menschen, während der EU-Durchschnitt bei 32 Apotheken pro 100.000 Menschen liegt.

Politiker sollen gegen Lieferengpässe bei Medikamenten vorgehen

Laut der Umfrage, die im Auftrag von Phargo, dem Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels, durchgeführt wurde, hat fast jeder Zweite (47 Prozent) bereits selbst Erfahrungen mit Medikamentenmangel gemacht oder hat Betroffene im engsten Familienkreis. 29 Prozent der Deutschen haben erlebt, dass Präparate in der Apotheke weder ausgehändigt noch bestellt werden konnten - darunter auch Krebsmedikamente, Antibiotika und Substanzen für Diabetiker. 

Weitere 22 Prozent geben an, Mitglieder der engeren Familie zu haben, die die Auswirkungen der Lieferengpässe zu spüren bekommen haben. Satte 92 Prozent sind aber überzeugt, dass die Politik mehr gegen Engpässe vorgehen müsse. Ebenso halten etwa 90 Prozent die Verfügbarkeit von Arzneimitteln für einen Indikator der Qualität des Gesundheitssystems. 35- bis 49-Jährige und 50- bis 64-Jährige leiden besonders: bei diesen Altersgruppen waren in über der Hälfte der Fälle Präparate für die Befragten selbst oder ihre Familienmitglieder schon mal nicht vorrätig.

Pharma-Unternehmen ziehen sich aus Deutschland zurück

Seitens der Krankenkassen hieß es zuletzt, dass die politische Lage unproblematisch sei - schließlich sei nur knapp ein Prozent aller Medikamente von den Engpässen betroffen. Das mag sein, spiegelt wohl aber nicht die Erfahrungswerte der Befragten wider - denn genau die Medikamente die fehlen werden dringend benötigt. "Wir wissen inzwischen, wie es sich auf die Versorgungssicherheit auswirkt, wenn sich Hersteller wegen zu niedriger Preise aus dem deutschen Markt zurückziehen", so Phargo-Geschäftsführer Thomas Porstner. Die geringe Gewinnspanne macht den Markt für Unternehmen unattraktiv. 

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