Von Marc Fleischmann, dpa - Uhr

Sommermythen auf dem Prüfstand: Endlich Sonne satt! Doch wie gefährlich ist das Sonnenbad wirklich?

Die Sonne strahlt, die Temperaturen steigen schon im Frühjahr auf sommerliche Werte. Da fragen sich leidenschaftliche Sonnenanbeter freilich: Kann Sonnenbaden schon im Frühling gefährlich werden? Ein Faktencheck.

Nach dem Bibberwetter lockt die Frühlingssonne wieder ins Freie - doch wie gefährlich sind die Strahlen jetzt? (Foto) Suche
Nach dem Bibberwetter lockt die Frühlingssonne wieder ins Freie - doch wie gefährlich sind die Strahlen jetzt? Bild: picture alliance/dpa | Clara Margais

Die Zeiten, in denen sich der Frühling als sanfte Übergangsphase zwischen Winter und Sommer präsentierte, sind infolge des Klimawandels längst vorbei. Inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, dass schon im April oder Mai hochsommerliche Temperaturen und Sonne satt an der Tagesordnung sind. Sonnenanbeter, die die Nase voll haben vom trüben Winterwetter, freut das freilich besonders - doch welche Gefahren lauern beim Sonnenbaden im Lenz?

Blitz-Sommer im Frühling: Jetzt viel Sonne tanken kann doch jetzt kein Problem sein - stimmt das?

Stimmt nicht!

Gerade wenn ein nicht enden wollender Winter zur Neige geht, können es Sommerfans kaum erwarten, sich wieder in der Sonne zu tummeln und die Sehnsucht nach Wärme und Sonne zu stillen. Vor der Intensität der Sonne im Frühling warnen jedoch Experten wie Hautarzt Reinhard Mrotzek, der Mitglied im Berufsverband der Deutschen Dermatologen ist: "Der UV-Index kann schon bis 6 oder 7 gehen. Die Sonne steht so hoch wie im August." Das ist nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes ein hoher Gefährdungswert, der einen Sonnenschutz für die Haut erforderlich mache.

Das heißt: Ein Szenario aus dem Hochsommer trifft auf unsere Haut, die "für den Sommer noch nicht trainiert und gerüstet" ist, wie Mrotzek erklärt. Es brauche mindestens zwei Wochen, bis sich die Haut mit Bildung der schützenden Bräunungspigmente und der Verdickung der Hornschicht auf diese Sommersonne eingestellt habe. Selbst dann müsse man noch vorsichtig sein, "denn gebräunte Haut entspricht lediglich einem Lichtschutzfaktor von circa 4", erklärt die Deutsche Krebshilfe.

Vorsicht vor Hautkrebs! Winterhaut benötigt eine Gewöhnungsphase

Ohne dieses "Training" und Sonnenschutz gebe es jetzt schnell einen Sonnenbrand. Und dieser, erklärt Mrotzek, ist ein wichtiger Risikofaktor für Hautkrebs. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt Jahr für Jahr an. Zum Vergleich: 2006 waren es nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) noch knapp 150.000 neue Fälle. Mittlerweile sind es laut Deutscher Krebshilfe über 276.000 Neuerkrankungen pro Jahr.

Heller Hautkrebs tritt deutlich häufiger auf als der gefährlichere schwarze Hautkrebs. Und trotzdem: "In Deutschland hat sich die Häufigkeit von Neuerkrankungen an schwarzem Hautkrebs zwischen 1970 und 2015 verfünffacht", warnt die DKG. Bis zu einem Alter von 55 Jahren erkranken Frauen laut Krebshilfe deutlich öfter an schwarzem Hautkrebs als Männer, danach ist es umgekehrt.

Der Rat des Dermatologen lautet deshalb: "Langsam an die Sonne gewöhnen. Bei Sonnenschein und leicht bedecktem Himmel mittags - 11 und 15 Uhr - besonders vorsichtig sein. Sonnenschutzcreme benutzen, mindestens Lichtschutzfaktor 20, wenn möglich im Schatten aufhalten und entsprechende Kleidung tragen."

Mythos oder Wahrheit: Wenn es wieder kühl wird, brennt die Sonne nicht so stark

Stimmt nicht!

Die Kraft der Sonne werde gerade bei kühlem und windigen Wetter oft unterschätzt, erklärt Dermatologe Mrotzek, denn nur "gefühlt brennt die Sonne dann nicht so stark." Der Experte: "Es ist egal, ob es kalt oder warm ist, die UV-Strahlung ist gleich." Das heißt: Es macht keinen Unterschied, ob es nur 12 Grad Celsius warm ist und Wind weht oder ob es bei Windstille 25 Grad Celsius sind.

Auch ein bedeckter Himmel bietet keinen hundertprozentigen Schutz. "Im Allgemeinen mindern Wolken die UV-Strahlungsintensität gerade einmal um 10 bis 50 Prozent", warnt die Deutsche Krebshilfe.

Entscheidend sei die Jahres- und Tageszeit - und damit der Sonnenstand. Die sogenannte hautwirksame Strahlung erreiche am 21. Juni mittags an einem klaren Tag eine Kraft von fast 200 Milliwatt pro Quadratmeter. An einem wolkenfreien 21. Dezember zur Mittagszeit sind es dagegen weniger als zehn Milliwatt.

Daneben hat auch die Höhe Einfluss auf die Strahlung. Die Wirkung der Sonne steigt auf 1.000 Metern um 20 Prozent, auf 2.000 Metern um etwa 33 Prozent und auf 3.000 Metern um 50 Prozent im Vergleich zur Intensität auf Höhe des Meeresspiegels.

Im Wasser bekommt man keinen Sonnenbrand - stimmt doch, oder?

Stimmt nicht!

Auch einen Meter unter der Wasseroberfläche trifft UV-Strahlung noch auf den Körper. Nach Einschätzung von Experten kommen dort 80 Prozent der langwelligen UVA-Strahlen an, die Hautalterung und Faltenbildung verstärken. Von der kurzwelligen UVB-Strahlung, die typischerweise Sonnenbrand hervorruft, sind es 50 Prozent. Damit die gefährlichen Strahlen die Haut gar nicht mehr erreichen, muss man tiefer tauchen. "Mindestens zwei Meter", erklärt Dermatologe Mrotzek.

Wer mit dem Kopf über den Wellen schwimmt, sollte doppelt aufpassen. Wie ein Spiegel verstärkt die Wasseroberfläche die UV-Strahlung um 50 Prozent. Medizinische Einrichtungen wie der britische National Health Service (NHS) warnen vor der gefährlichen Kombination von Sonne und Wasser: Durch die kühlende Wirkung merke man oft nicht, wenn die Haut verbrenne. Mrotzek rät zum intensiven Eincremen mit Sonnenmilch, zudem sei eine Kopfbedeckung "eine gute Idee".

Und wird man nach einem Sonnenbrand tatsächlich brauner? "Das ist absoluter Quatsch", erklärt Mrotzek. Ein Sonnenbrand sei eine Entzündung der Haut, die einer Verbrennung ersten Grades oder mehr ähnele. Wenn dann auf diese Stelle UV-Strahlung trifft, kann das nach Angaben der Krebshilfe zu Schäden im Erbgut der Hautzellen führen.

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/news.de/dpa

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