Das Coronavirus legt nicht nur das Leben der Menschen lahm. Die derzeitige Krise wirkt sich auch negativ auf die Psyche aus. Werden wir jetzt alle krank und trauen uns nicht mehr vor die Haustür? Das sagen Forscher.
Das Coronavirus ist für viele Menschen eine Belastungsprobe. Früher trafen sich die Menschen mit Freunden oder genossen den Feierabend auf einer Decke im Park. Diese unbeschwerten Zeiten sind jetzt vorbei. Die eigenen vier Wände sind der neue Lebensmittelpunkt. Dem ein oder anderen setzt die Kontaktsperre zu. Das kann sich negativ auf die Psyche auswirken.
Coronavirus aktuell: Leiden wir bald alle am "Wuhan-Syndrom"?
Wie sehr die Corona-Isolation uns zusetzen kann, zeigte sich in Wuhan, dem Epizentrum der Corona-Pandemie. In einer Studie des deutsch-chinesischen Almunifachnetzes (DCHAN) beschreiben Forscher welchen Einfluss die strenge Quarantäneverordnung auf die mentale Gesundheit der Menschen dort hat.
Sie bezeichnen es als "Wuhan Syndrom". Dieser Begriff "bezieht sich auf ein Cluster psychischer Symptome, die sich in Wuhan in Folge der großflächig verordneten Quarantänemaßnahmen beobachten ließen. An erster Stelle stehen dabei Ängste, psychischer Stress und Erschöpfung, Nervosität und Schreckhaftigkeit sowie die Zunahme von Schlafstörungen", erklärtJonas Tesarz, Oberarzt für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik an der Uniklinik in Heidelberg im Interview mit "Focus".
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Quarantäne führt zu Panikstörungen und Depressionen
Durch die Dauer-Isolation kam es zu Panikstörungen undhypochondrischen Ängsten. Das wird vor allem durch die Angst vor einem Jobverlust, Sorgen um die Gesundheit und die oft unzureichenden Informationen begünstigt. Viele Fake-News tun der Psyche nicht gut, sie verunsichern und stressen den Körper zusätzlich. Das zeigten bereits frühere Studien, wo die Auswirkungen von Naturkatastrophen oder Kriegen untersucht wurde.
Jonas Tesarz warnt davor, dass sich die Angst auch festsetzen kann, weil die Menschen durch die ungewisse Lage nicht mehr selbst ihre Ängste bewältigen können: "In der aktuellen Krisensituation besteht das Risiko, dass die individuellen Bewältigungsmöglichkeiten nicht mehr ausreichen, und die Ängste außer Kontrolle geraten". Dann bestimmen die Ängste das eigene Leben und ein Teufelskreis entsteht. "Die Coronakrise könnte zu einer psychischen Gesundheitskrise werden", prophezeit Raffael Kalisch vom Leibniz-Institut für Resilienzforschung (RIL) in Mainz.
Angst-Bewertung wirkt sich auf die mentale Gesundheit aus
Entwickeln wir uns jetzt zu einer Angst-Gesellschaft? Raffael Kalisch führt dazu die Dynacore-Studie (Dynamische Modellierung der Corona-Resilienz) durch. Sie soll zeigen, welche Menschen mit der Ausnahmesituation besser umgehen können - und warum. "Wir können beobachten, dass die psychische Gesundheit der Menschen stark davon abhängt, wie sie Bedrohungen generell und die Bedrohung durch Corona im Besonderen für sich persönlich bewerten", sagt Kalisch im Gespräch mit dem "Spiegel".
In einer anderen Untersuchung des Projekts Cosmo, das von der Universität Erfurt durchgeführt und vom RKI sowie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützt wird, zeigte sich, dass besonders junge Menschen leiden. Sie fühlen sich einsam, haben Langeweile und sind nervöser als ältere Personen. Vielleicht, weil bei der älteren Generation das Risikobewusstsein gewachsen ist? Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Dieses Wissen um die Gefahr sei auch wichtig für die mentale Gesundheit, denn wer die Gefahr selbst gut einordnen kann und sie von sich wieder wegschieben kann, geht gestärkt aus der Krise hervor.
Bei Menschen mit psychischen Erkrankungen verstärkt die Pandemie die Symptome noch, sagen Experten. Ihnen fehlt oft das Bewältigungspotenzial. Regelmäßige Therapiesitzungen wirken bei ihnen stabilisierend. Was können psychisch Gesunde Menschen gegen den Blues und die Einsamkeit tun?
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Corona-Tipps: Was können Sie für ihre Psyche tun?
Zuerst einmal ist es wichtig, sich über neue Entwicklungen in der Coronakrise zu informieren. Aber nicht den ganzen Tag. Das kann Ängste verstärken. Ein paar Minuten am Tag reichen aus. Schaffen Sie sich eine Routine. Dabei hilft ein wöchentlicher Plan, indem sie Projekte eintragen. So haben Sie das Gefühl etwas getan zu haben. Halten Sie ihre sozialen Kontakte aufrecht. Telefonate mit der Oma oder einfach mal mit der besten Freundin per Video-Chat zu tratschen, tut gut.
Bewegen sie sich. Egal ob auf dem Hometrainer oder auf der Matte: Sport hebt die Stimmung. Gönnen Sie sich regelmäßig eine Auszeit in der sie vielleicht malen, stricken oder meditieren. So bleiben sie mental gesund.
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bos/bua/news.de