Kaum beginnt die Pilzsaison, schlagen Mediziner Alarm: Häufig sind giftige Pilze von Speisepilzen nicht zu unterscheiden. Auch ein Vater und seine drei Kinder wurden Opfer von Giftpilzen - die Familie ringt nun mit dem Tod.
Frankfurter Ärzte kämpfen um das Leben von drei Kindern und deren Vater, die den giftigen Grünen Knollenblätterpilz gegessen haben. Das sagte ein Sprecher des Frankfurter Gesundheitsamtes am Freitag.
Der Grüne Knollenblätterpilz ist einer der giftigsten Pilze in Deutschland. Das stark wirkende Gift Amanitin kann schon in geringen Mengen tödlich sein. Es wirkt stark leberschädigend. Wenn man den Verzehr überlebe, könne eine Lebertransplantation nötig sein, erläuterte der Sprecher. Er riet: "Finger weg von Pilzen, wenn man sie nicht eindeutig bestimmen kann." Die Stelle, an der die Familie den Pilz gefunden habe, sei kontrolliert worden. Dort habe man keinen weiteren Grünen Knollenblätterpilz entdeckt.
Knollenblätterpilz kann schon in kleinen Mengen tödlich sein
Wer Pilze isst, die er nicht genau bestimmen kann, riskiert eine lebensbedrohliche Vergiftung. Den Giftnotruf der Berliner Charité erreichten in den vergangenen Wochen viele Anfragen zu vermuteten oder tatsächlichen Pilzvergiftungen. "Uns fällt eine Zunahme an Fällen auf, die Menschen betreffen, die einfach mal Lust hatten, Pilze zu sammeln, ohne sich auszukennen", berichtet Humantoxikologin Friederike Wittchen.
Vor allem Asylsuchende vergiften sich immer wieder an Grünen Knollenblätterpilzen, warnt die Verbraucherzentrale NRW. Diese Pilze ähneln ungiftigen Arten aus anderen Teilen der Welt, können aber schon in kleinen Mengen tödlich sein. Das Tückische: Die Pilze schmecken nicht unangenehm, und erste Symptome wie Durchfall oder Erbrechen zeigen sich erst nach mehreren Stunden. Danach scheint es dem Betroffenen zunächst besser zu gehen. Nach einem bis vier Tagen beginnt jedoch eine Schädigung der Leber.
Die Medizinische Hochschule Hannover rät auf einem Plakat in mehreren Sprachen, bei einem Verdacht auf eine Pilzvergiftung sofort ins Krankenhaus zu fahren. Reste des gesammelten Pilzes oder auch von Erbrochenem sollten Betroffene mitnehmen. Die Klinik kann so leichter bestimmen, um welchen Pilz es sich handelt.
Frühe Pilzsaison führt mancherorts zu mehr Vergiftungen
Aufgrund der frühen und guten Pilzsaison gibt es bislang in einigen Regionen deutlich mehr Anfragen zu Vergiftungsfällen. So schlägt das Giftinformationszentrum Nord (GIZ-Nord) in Göttingen Alarm: "Die Zahl der Pilzvergiftungen ist in diesem Sommer extrem gestiegen", sagte Co-Chef Andreas Schaper. Alleine im Juli habe es mehr als 130 Anfragen zu Pilzvergiftungen gegeben. "Dies sind doppelt so viele Fälle wie in den vorherigen Jahren." Dieser Trend setzte sich im August fort. Das GIZ-Nord ist zuständig für Bremen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein.
Pilzsaison 2017 wegen feuchtwarmem Wetter früher gestartet
Hauptursache für die beunruhigende Entwicklung seien die derzeit guten Wachstumsbedingungen für Pilze mit viel Feuchtigkeit und Wärme. "Und je mehr Pilze wachsen, desto größer ist die Zahl der Vergiftungen", sagte Schaper. Er warnte alle Unkundigen dringend davor, Pilze zu sammeln und dann zu essen.
Auch andernorts ist man vorgewarnt: "Wir sind in diesem Jahr mit der Pilzsaison zwei bis drei Wochen früher dran", sagte der Leiter des Giftinformationszentrums der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen, Andreas Stürer, in Mainz. Daher erwarte er eine der frühesten Vergiftungswellen der letzten 15 bis 20 Jahre. Auch beim Giftnotruf der Berliner Charité ist man vergleichsweise früh im Jahr mit vielen Anfragen konfrontiert. Doch nicht überall gibt es mehr Vergiftungsfälle. So verläuft Südwesten das Pilzjahr nach Auskunft der Vergiftungs-Informations-Zentrale in Freiburg bisher normal.
Vorsicht, giftig! So lauert die Gefahr beim Pilzesuchen im Wald
Lediglich bei fünf bis zehn Prozent der Anrufer, die über Beschwerden nach Pilzkonsum klagen, gebe es schwere Gesundheitsprobleme, sagt der Toxikologe Florian Eyer vom Klinikum rechts der Isar in München. So komme es, dass nach wie vor viele unkundige Sammler in die Wälder gingen und dann giftige Pilze erwischten. "Gerade jüngere Leute wollen Pilze anhand von Apps identifizieren." Aber: "Man soll nur essen, was sicher und zweifelsfrei gekannt wird." Typische Symptome einer Vergiftung seien Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, sagte Eyer.
Die größte Gefahr gehe vom Grünen Knollenblätterpilz aus, sagte Gift-Experte Schaper vom GIZ-Nord in Göttingen. "Sie enthalten Zellgifte. Ihr Verzehr kann zu schweren Leberschäden und im schlimmsten Fall auch zum Tod führen." Das Tückische daran: Es besteht Verwechslungsgefahr mit verschiedenen Champignon-Arten, aber auch mit Täublingen.
Besondere Gefahr besteht auch für Flüchtlinge aus Syrien, weil es dort essbare Pilze gebe, die von den Knollenblätterpilzen hierzulande kaum zu unterscheiden seien, sagt der Pilzsachverständige der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, Holger Foerster. Bei Verdacht auf Vergiftung mit Knollenblätterpilzen müssten Betroffene unbedingt ins Krankenhaus gebracht werden, ergänzt Schaper. Dort könne man ein Gegengift geben.
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loc/news.de/dpa
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