Sie zählen zu den schönsten Städten der Welt: Paris, Venedig oder auch Jerusalem. Allerdings haftet den Metropolen ein kleiner Makel an. Sie sind nicht nur Namensgeber für psychische Störungen, sondern scheinen regelrecht krank zu machen...
Wer in den Urlaub reist, sucht eigentlich Erholung und Entspannung, sei das am Strand oder aktiv auf Städtetouren. Doch nicht alle Metropolen dieser Welt haben auf Touristen eine wohltuende Wirkung. Während einige mit ihrem Namen Pate für psychologische Phänomene stehen, bewirken andere tatsächlich eine plötzliche Verwandlung des Reisenden und führen ihn in psychische Untiefen. Wenn man es nicht besser wüsste, ließe sich sagen: Diese Städte machen krank.
Jerusalem-Syndrom: Jesus Christus ist wieder zum Leben erweckt?
Jährlich pilgern Gläubige unterschiedlichster Religionen, seien es Christen, Juden oder Muslime, in die heilige Stadt in Israel und das insbesondere zu religiösen Hochfesten, wie etwa Weihnachten oder Ostern. Sie besuchen heilige Orte, wie die Grabeskirche an der Stelle, wo Jesus Christus gekreuzigt und begraben wurde, die Klagemauer oder den Felsendom. Religionsgeschichte ist hier besonders greifbar und verursacht bei manchen eine akute psychotische Störung, die auch als Jerusalem-Syndrom bekannt ist.
Pilger haben die wahnhafte Vorstellung, dass sie eine heilige Person aus dem Alten oder Neuen Testament sind, etwa Moses, König David oder Jesus Christus. Viele Betroffene haben bereits eine psychische Vorerkrankung oder sind besonders anfällig dafür. Andere sind ganz normale Touristen. Sie verändern ihr Äußeres, lassen sich einen Bart stehen oder tragen Hotelbettlaken als Gewänder. Sie predigen und singen auf der Straße, einige haben Angstzustände, andere hören Stimmen. Ähnlichkeit mit dem Jerusalem-Syndrom hat das Stendhal-Syndrom, das Touristen in Florenz befällt. Es äußert sich statt in religiöser in künstlerischer Verzückung und übermäßiger Begeisterung und geht auf den Autor Marie-Henri Beyle alias Stendhal zurück. Einen Verwandten hat es ebenfalls im Paris-Syndrom.
Paris-Syndrom: Für Japaner drohen Halluzinationen, Angst und Paranoia
Als Franz Kafka 1910 das erste Mal nach Paris reiste, hielt es ihn dort nicht sehr lange. Nach ein paar Tagen musste er, der Prag Zeit seines Lebens nur selten verlassen hat, wieder abreisen, da er von der hektischen Millionenstadt schlicht überreizt war und einen fiesen Hautausschlag bekommen hatte. Ähnlich muss es Japanern gehen, die das erste Mal in die Stadt der Liebe kommen. Allerdings scheitern bei ihnen auch die Vorstellungen an der Realität, wenn sie feststellen, dass Paris ganz und gar nicht romantisch, sonder lediglich eine Metropole wie jede andere ist. Diese Enttäuschung verbunden mit der Aufregung kann zu Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Angst, Paranoia, Verfolgungswahn oder Schwindel führen. Zu den Auslösern zählen weiterhin die großen kulturellen Unterschiede zwischen Japanern und Franzosen, aber auch Erschöpfung durch die Tatsache, möglichst viel in kurzer Zeit auf der Reise zu besichtigen.
Stockholm-Syndrom: Wenn sich Geiseln mehr vor der Polizei fürchten
Mit Tourismus hat das Stockholm-Syndrom dagegen nichts zu tun und ist eigentlich auch kein Syndrom, sondern beschreibt lediglich das psychologische Phänomen, bei dem Geiseln, sprich Opfer, Sympathie für die Geiselnehmer empfinden oder sogar mit ihnen kooperieren. Seinen Namen erhielt es durch einen Banküberfall in Stockholm im August 1973, als die Täter vier Angestellte als Geiseln nahmen. Statt Angst oder Hass zu zeigen, zeigten sie Dankbarkeit gegenüber ihren Peinigern, als diese ihre Geiseln freiließen. Im Nachhinein besuchten einige von ihnen die Täter sogar im Gefängnis. In Hollywood ist das Stockholm-Syndrom fälschlicherweise auch als Helsinki-Syndrom bekannt, so etwa bei "Stirb langsam" oder "Akte X".
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Übersicht: Jerusalem-Syndrom und Co.
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