Übergewicht: Dicke Männer schießen mit Platzpatronen

Schwergewichte haben es im Leben nicht leicht. Neben vielen Unannehmlichkeiten, die das tägliche Dicksein mit sich bringt, leidet auch die Fruchtbarkeit der Männer. Studien zeigen: Zu viel Körpergewicht macht die Spermien träge und funktionslos.

Von news.de-Redakteurin Fabienne Rzitki - Uhr

Dicke Männer haben ein höheres Risiko, unfruchtbar zu sein, als dünne Männer. (Foto) Suche
Dicke Männer haben ein höheres Risiko, unfruchtbar zu sein, als dünne Männer. Bild: istockphoto

Die Spermien dicker Männer fristen bisweilen ein trauriges Dasein. Sie sind deformiert, bewegungsunfähig oder schlichtweg zu wenige. Die Folge: Die Herren der Schöpfung schießen mit Platzpatronen, haben es schwer, Kinder zeugen.

Forscher am Institut für Labordiagnostik und der Hautklinik der Universität Leipzig haben in mehreren Studien die Spermienqualität von über 1600 Männern untersucht. Sie fanden heraus, dass wesentliche Funktionen eines Spermiums gestört sein können. «Die Samenzelle kann zu langsam sein, eine fehlerhafte DNS aufweisen oder ein fehlendes AkrosomKopfkappe des Spermiums haben. Ebenso können zu wenige Spermien produziert werden», sagt Professor Uwe Paasch, Leiter der Andrologischen Abteilung des Universitätsklinikums Leipzig. Das sei von Mann zu Mann unterschiedlich. Der Experte erklärt: «Funktioniert etwa der Stoffwechsel bei einem Mann nicht richtig, sind die Mitochondrien in ihrer Funktion gestört. Infolgedessen sind die Spermien langsam.»

Mittels neuester Techniken haben die Leipziger Forscher zusammen mit Biochemikern der Technischen Universität Dresden herausgefunden, dass dicke Männer im Sperma einen wesentlich höheren Anteil des ProteinsEiweiß Eppin aufweisen als Normalgewichtige. «Zudem deuten unsere Forschungen auf Abweichungen bei einer ganzen Reihe von Eiweißen hin», erläutert der Experte. Es sei noch unklar, wie genau das Übergewicht die Bildung der Spermien stört und weshalb mehr Eppin produziert wird, sagt Paasch gegenüber news.de. Diesbezüglich verspreche man sich von einer neuen Studie der Forschungsgruppe weitere Erkenntnisse.

Ungesunder Lebensstil bremst Samenzellen

Die Forscher vermuten, dass ein Lebensstil mit wenig Bewegung und ungesunder Ernährung auch für die männliche Fruchtbarkeit eine Rolle spielt. Durch eine zu hohe Energiebilanz infolge von falscher Ernährung kann es zu hormonellen Veränderungen im Hoden kommen. «Das hat Einfluss auf die Mobilität der Spermien. Gleichzeitig hindert das Eppin die Spermien daran, schnell zu schwimmen», sagt der Androloge. Die Samenzellen können deshalb die Eizelle nicht erreichen. «Aus der Sicht der Evolutionstheorie ist das sogar nachvollziehbar: Wer nicht fit genug ist, wird von der Reproduktion ausgeschlossen und zeugt keine Nachkommen.»

So zahlt die Kasse
Magen-OP
zurück Weiter
  • Adipositas: Der Patient muss volljährig sein und einen BMI von über 40 haben. Das heißt: Adipositas-Grad III. Oder der Betroffene hat einen BMI von über 35 (Grad II), leidet aber zusätzlich unter folgenschweren Begleiterkrankungen wie Diabetes, arteriell bedingtem Bluthochdruck, Schlafapnoe oder kann sich unter seinem schweren Gewicht nicht mehr richtig bewegen. Das schwere Übergewicht muss mindestens drei Jahre vorhanden sein.

  • Dick, aber gesund: Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht. Wurde die Fettsucht durch eine Krankheit ausgelöst, die beispielsweise mit Medikamenten zu behandeln ist, wird der Patient nicht operiert. Darunter fallen: hormonproduzierende Tumore, Drogen- sowie Alkoholabhängigkeit, schwere Leber- und Nierenschädigungen, Blutgerinnungsstörungen, Hypothyreose (Mangelversorgung mit Schilddrüsenhormonen) sowie psychische Erkrankungen. Auch Schwangere können die Operation vergessen.

  • Konservative Therapie: Bevor der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) grünes Licht für den Chirurgen gibt, muss der Betroffene auf konservativem Weg versuchen, sein Übergewicht zu verringern. Das heißt: eine Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Kann der Patient dadurch innerhalb von sechs bis zwölf Monaten sein Übergewicht um mindestens 10 bis 20 Prozent (bei BMI bis 39) reduzieren - bei Adipösen mit einem BMI von über 40 bis zu 30 Prozent -, so soll er die Therapie fortsetzen. Bei Betroffenen mit einem BMI von über 60 macht das dem MDK zufolge gar keinen Sinn. Hier wird nur geprüft, ob die Therapie in der Behandlung nach der Operation anschlagen wird.

  • Ernährung: Mit einer einfachen Diät hat das nichts zu tun. Der Patient muss mit Hilfe eines Ernährungsmediziners oder einer Rehaklinik nachweisen, dass er im Zeitraum von mindestens sechs Monaten seine Ernährung in Bezug auf die Gewichtsreduktion erfolgreich umgestellt hat. Eigenständige Diäten oder die Mitgliedschaft bei Abnehmprogrammen wie etwa Weight Watchers sind nicht ausreichend.

  • Bewegung: Mindestens zwei Stunden in der Woche muss der Betroffene Sport treiben. Und dies nachweisen - beispielsweise durch eine Teilnahmebestätigung vom Sportverein oder Fitnessstudio.

  • Verhalten: Leidet der adipöse Patient unter einer Essstörung, etwa regelrechten Heißhungerattacken, bei denen er die Kontrolle über sein Essverhalten verliert (binge eating) oder nachts den Kühlschrank plündert (night eating), so muss er sich einer Verhaltenstherapie unterziehen. Das gilt auch bei Depressionen und Angststörungen.

  • Notwendige Unterlagen: Stellt der Patient einen Antrag beim MDK auf Kostenübernahme der Operation, müssen folgende Daten vorliegen: die aktuellen Körpermaße, das bisher höchste Gewicht, seit wann Übergewicht vorliegt - und das von den vergangenen drei Jahren. Zudem müssen Hinweise vorliegen, welche Diätprogramme vorgenommen wurden und wie sie verlaufen sind - ebenso ein Protokoll über die Bewegungs- und Verhaltenstherapie. Auch die derzeitige, körperliche Aktivität in Stunden pro Woche muss dokumentiert werden. Gab es seitens der Adipositas schon eine Vorbehandlung, muss auch die aufgelistet sein. Der Patient muss zudem angeben, wo und von wem er sich operieren lassen will und wer die Nachbehandlung übernehmen soll.

  • Welcher Eingriff ist erlaubt? Der MDK erkennt nur Methoden an, die dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechen. Dazu zählen unter anderem das verstellbare Magenband und der Magenbypass - jedoch nicht der Magenballon, Magenschrittmacher und die Fettabsaugung.

  • Einrichtung: Hat der Patient die Klinik seiner Wahl angegeben, prüft die Krankenkasse die Anfrage mittels einer Zertifizierung.

  • Nach der OP ist vor der OP: Bereits vor dem chirurgischen Eingriff muss darüber nachgedacht werden, wie Komplikationen vermieden oder beseitigt werden können. Dazu zählt auch, einen Plan innerhalb der konservativen Therapie zu erstellen, um frühzeitig einer erneuten Gewichtszunahme entgegenzusteuern. Die Behandlung soll Professor Shang vom Universitätsklinikum Leipzig zufolge in den ersten zwei Jahren engmaschig erfolgen, das heißt alle sechs bis acht Wochen.

  • 1 von 10

    Andere Studien haben außerdem gezeigt, dass dicke Männer ein niedriges N-Acetylglucosamin-Level haben, das wesentlichen Einfluss auf die Spermienanzahl, den Testosteronlevel und den Anteil an normal geformten Spermien hat.

    Junge dicke Männer eher betroffen

    Die Ergebnisse der Leipziger Andrologen weisen auf eine besondere Risikogruppe hin: «Wir sehen in der Sprechstunde häufig Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, deren auffälliges Merkmal Fettleibigkeit ist», so der Experte. Das Spermiogramm zeigt bei ihnen nur eine geringe Zahl normal gestalteter Samenzellen.

    Man vermutet, dass ein frühes Dicksein die größte Rolle dabei spielt, unfruchtbar zu werden. «Männer die schlank waren und im Laufe der Zeit zugenommen haben, sind scheinbar weniger davon betroffen. Das haben wir allerdings noch nicht beweisen können», so Paasch.

    Das Alter sei generell ein wesentlicher Faktor in Bezug auf die Unfruchtbarkeit. «Männer können zwar noch im hohen Alter Kinder zeugen», so der Androloge. Die Wahrscheinlichkeit nehme aber ab. Ein Grund könnte auch darin liegen, dass die meisten Menschen ab dem mittleren Alter an Körpergewicht zunehmen. Professor Paasch weiß: «Die beiden Faktoren Alter und Gewicht sind dann schwer voneinander zu trennen.»

    Ab einem Meter Bauchumfang wird es kritisch

    Ab wann ein Mann übergewichtig ist, entscheiden zwei Parameter: «Der Body-Mass-Indexgeteilt durch das Quadrat der Körpergröße. Beispiel: 60 kg : (1,6 m x 1,6 m) = 23,4. (BMI)spielt eine Rolle für die Anzahl gesunder, normal gestalteter Spermien pro Samenerguss», sagt der Professor. Er gibt aber zu bedenken, dass ein BMI von 25 für einen kleinen Mann etwas ganz anderes bedeuten könne als für einen großen Mann. Das ließe mitunter falsche Rückschlüsse zu. «Deshalb messen wir auch den Hüftumfang der Männer. Ein Bauchumfang von mehr als 102 Zentimetern ist die kritische Schwelle», sagt der Experte. Im Klartext: Männer mit einem BMI von über 30 und einem Hüftumfang von mehr als einem Meter sind adipösfettleibig .

    Besteht der Verdacht, dass etwas nicht stimmt, sollte man zum Andrologen gehen, rät Paasch. Eine mikroskopische Untersuchung des Samenergusses, das sogenannte Spermiogramm, gibt in vielen Fällen Aufschluss darüber. Zudem empfiehlt er Männern mit Kinderwunsch, abzunehmen und sich ausreichend zu bewegen.

    «Bei einem eingeschränkten Spermiogramm können wir zwar nicht immer helfen, aber wir denken, dass durch eine Gewichtsreduktion die Qualität der Spermien wieder besser wird.» Bewiesen werden soll dies an der Universität Leipzig zusammen mit den Forschern der Klinischen Forschergruppe «Fett und Gefäß», die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird.

    Auch unter den Promis gibt es übergewichtige Männer. News.de sucht den schönsten Promi mit Übergewicht. Stimmen Sie hier ab.

    Weitere spannende Themen finden Sie in unserer Übersicht zur news.de-Woche des Übergewichts. 

    zij/sis/news.de

    Bleiben Sie dran!

    Wollen Sie wissen, wie das Thema weitergeht? Wir informieren Sie gerne.