Von news.de-Redakteurin Nadine Fasshauer - Uhr

Anti-Baby-Pille: Sexfrust statt Lust

Ungebremste Leidenschaft, weil man sich keinen Kopf über Verhütung machen muss: Das wünschen sich die meisten Frauen, die mit der Pille verhüten. Doch bei vielen leidet die Libido durch die Einnahme.

Wenn im Bett nur noch gekuschelt wird, könnte die Pille daran Schuld sein. (Foto) Suche
Wenn im Bett nur noch gekuschelt wird, könnte die Pille daran Schuld sein. Bild: dpa

Frauen wissen selbst oft nicht, warum sie im Bett nicht auf Touren kommen. Ist es der Partner, an dem man kein Interesse mehr hat. Nimmt der Alltagsstress vielleicht überhand? Stimmt etwas mit mir nicht? Oder gehen wir im Schlafzimmer vielleicht die Sache nicht leidenschaftlich genug an? Die Schuld wird oft an der falschen Stelle gesucht oder das Problem totgeschwiegen.

Denn obwohl fast jede dritte Frau laut einer aktuelle Studie der Universitätskliniken Tübingen, Heidelberg und Basel von den einfach nicht wallen wollenden Hormonen geplagt wird, wird das Thema nur ungern offen auf den Tisch gepackt. Stattdessen verkriechen sich Frauen in stiller Akzeptanz und interpretieren die tote Hose im Bett als persönliches Versagen. Dass die Antibabypille in vielen Fällen etwas damit zu tun haben und der Wechsel zu einer anderen Verhütungsmethode wieder Schwung ins Sexleben bringen könnte, wissen die wenigsten.

Zumal diese Vorstellung, die Pille könnte das sexuelle Verlangen ausbremsen, irritiert. Immerhin nutzen weltweit schätzungsweise 100 Millionen Frauen die Antibabypille. In Deutschland vertrauen laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 55 Prozent aller Frauen auf das Hormonpräparat.

Lustkiller Nummer Eins

Die Pille gilt als bequem und zuverlässig. Sie ist aber auch Lustkiller Nummer eins. Schuld an der Einöde im Bett ist, laut der Gynäkologin Ulrike Krause vom Ärztezentrum der Techniker Krankenkasse, das sogenannte Geschlechtshormon GestagenGestagene, auch Gelbkörperhormone genannt, sind neben den Estrogenen die zweite wichtige Klasse der weiblichen Geschlechtshormone. : «Je nach der Zusammensetzung des Medikaments ist der Libidoverlust teilweise stärker oder geringer.» Diese Gestagene werden vor allem in der Minipille, aber auch in der Dreimonatsspritze und bei Implantaten eingesetzt.

Wer auf die Pille zurückgreift, ersetzt dadurch die natürliche Hormonproduktion und steuert diese künstlich. In den Pillen sind meistens zwei verschiedene Hormone wirksam. Das Östrogen bewirkt eine Stabilisierung des weiblichen Zyklus auf genau 28 Tage. Das zweite Hormon, das künstliche Gestagen, ist so hergestellt, dass es dem natürlichen Hormon Progesteron ähnelt. Dieses Hormon sorgt dafür, dass eine Schwangerschaft erhalten bleibt. Durch diesen Trick gaukeln die beide Hormone der Hirnanhangsdrüse eine Schwangerschaft vor.

Blockiertes Testosteron

Die ursprüngliche Hormonproduktion in den Eierstöcken, die das individuelle Lustempfinden maßgeblich steuert, pegelt die eigene Arbeit darauf ein. Dadurch werden die Werte des sogenannten Sexualhormon-bindenden GlobulinsSexualhormon-bindendes Globulin (SHBG) ist ein spezifisches Transportprotein für Sexualhormone, insbesondere Testosteron und Estradiol (SHBG) maßgeblich erhöht. SHBG bindet Testosteron und blockiert so dessen Wirkung. Und genau da liegt das Problem: Testosteron ist für die Sexualfunktion zuständig.

Hat eine Frau keine Lust mehr auf Sex, kann ein Pillenwechsel hilfreich sein. Die Frauenärztin rät dann meist zu einer niedriger dosierten Pille. «Auch eine nicht hormonelle Verhütungsmethode, wie beispielsweise die Spirale, wäre zu überlegen», sagt Krause. Nach Absetzen der Pille übernimmt die körpereigene Chemie wieder das Kommando und normalisiert die Hormonproduktion, wodurch der individuelle Vier- bis Fünf-Wochen-Zyklus wieder einsetzt. Die Umstellung kann innerhalb weniger Wochen geschehen, sich aber auch bis zu einem Jahr hinziehen. Bei den meisten Frauen regeneriert sich der natürliche Hormonhaushalt vollständig.

Doch nicht immer kann der Pille die Schuld an der fehlenden Lust in die Schuhe geschoben werden: Stress auf der Arbeit oder Probleme mit dem Partner können ebenfalls zur Flaute führen. Hier rät Krause zu offenen Gesprächen mit der besseren Hälfte.

kat/reu/news.de

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