Abnehmen ohne auf etwas zu verzichten? Mit Trennkost soll das möglich sein. Das bereits vor rund 100 Jahren entwickelte Konzept ist auch heute noch aktuell - und lässt bei vielen die Pfunde purzeln.
Fleisch, Kartoffeln, sogar Kuchen dürfen verzehrt werden. Und trotzdem soll das Abnehmen gelingen. «Bei der Trennkost ist im Grunde alles erlaubt, es darf nur nicht zur gleichen Zeit gegessen werden», erklärt die Autorin und Trennkost-Expertin Ursula Summ. Lebensmittel werden dabei in eiweiß-, kohlenhydrathaltige und neutrale Gruppen eingeteilt.
Die Idee hinter dem Konzept, das vor rund 100 Jahren von dem US-amerikanischen Arzt Howard Hay entwickelt wurde, lautet: Eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Käse und Eier benötigen saure Verdauungssäfte. Kartoffeln, Reis, Nudeln und Brot dagegen brauchen basische Verdauungssäfte. Neutrale Lebensmittel harmonieren mit den beiden anderen Gruppen und dürfen daher sowohl mit eiweißreicher als auch mit kohlenhydratreicher Nahrung kombiniert werden.
Gemüse zum Sonntagsbraten
Das bedeutet etwa: Zum Sonntagsbraten (Eiweiß) passen weder Kartoffeln noch Nudeln (Kohlenhydrate), dafür aber Gemüse (neutral). Die andere Möglichkeit ist, Nudeln oder Kartoffeln mit Gemüse zu essen und das Fleisch wegzulassen.
«Trennkost wird oft nur als Diät wahrgenommen, dabei führt sie zu zahlreichen gesundheitlichen Verbesserungen», sagt Summ, die bei Alicante in Spanien lebt und sich seit 1978 mit dem Thema befasst. «Ich hatte damals Übergewicht, litt an Gicht und einer entzündeten Bauchspeicheldrüse.»
Ausprobiert hat sie viele Diäten, erst mit Trennkost nahm sie ab und ihre Leiden verschwanden. Die Gründe dafür sieht Summ in einem harmonischeren Säuren-Basen-Haushalt, außerdem wirke basenreiche Kost entgiftend. Die Trennung mache Mahlzeiten zudem bekömmlicher: Saures Aufstoßen, Magenbrennen und Völlegefühl werden verhindert, die Bauchspeicheldrüse nicht überfordert.
«Dass Menschen, die sich nach dem Trennkostprinzip ernähren, abnehmen, ist eine bewiesene Tatsache», stimmt Professor Michael Krawinkel vom Institut für Ernährungswissenschaft der Universität Gießen zu. Allerdings geschehe das vor allem, weil sie einem Konzept folgen und sich bewusster ernähren. Ob sie die Nahrung getrennt oder als Mischkost aufnehmen, spiele dabei keine Rolle.
«Mir sind keine wissenschaftlichen Belege bekannt, dass Trennkost zu einer Entgiftung des Körpers führt», sagt Krawinkel. Auch die Prävention oder gar Therapie von Krankheiten sei nicht nachgewiesen. Als positiv bewertet der Ernährungswissenschaftler aber die Empfehlungen, viel Gemüse und Obst zu essen, stark verarbeitete Lebensmittel zu meiden und wenig Fleisch zu sich zu nehmen.
Heißhungerattacken bleiben aus
Zu den Gründen für das Abnehmen mit Trennkost zählt laut Summ, dass der Blutzuckerspiegel ausgeglichen ist - dadurch blieben Heißhungerattacken aus. Auch der Insulinspiegel werde niedrig gehalten. Angenehm sei außerdem, dass sie sich nach der Mahlzeit frisch und fit fühlt, da das getrennte Essen mehr Energie liefere, während «Durcheinanderessen» müde und schlapp mache.
Gleichzeitig wird der Fettverbrennungsprozess durch Trennkost gesteigert. Alles ist dennoch auch bei Trennkost nicht erlaubt: Süßigkeiten und Weißmehl-Produkte dürfen nur in Maßen genossen werden. Fleisch darf zwar jeden Tag auf den Tisch, für den Verzehr gilt allerdings die Faustregel: zu einer Mahlzeit mit Fleisch, Fisch, Eier oder Käse drei- bis viermal so viel Salate und Gemüse essen.
«Viele moderne Diäten beruhen auf dem Trennkostprinzip», erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn. Dieses besagt: 80 Prozent basische Kost wie Obst, Gemüse und Salat und 20 Prozent Säurebildner wie Fisch oder Fleisch. Durch Rohkost werden dem Körper wichtige Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Ballaststoffe zugeführt.
Getreideprodukte kommen zu kurz
Allerdings lässt sich das auch mit einer ausgewogenen Mischkost erreichen. «Warum die Lebensmittel getrennt werden müssen, ist indessen nicht klar», sagt Gahl. Auch die Einteilung der Speisen sei teilweise nicht nachvollziehbar. So zählt beispielsweise Quark trotz seines hohen Eiweißgehalts zu den neutralen Lebensmitteln.
Zum Abnehmen kommt es nach Gahls Ansicht, weil die Trennkostler weniger Fleisch und Käse verzehren - damit verzichten sie auf Lebensmittel, die viel Fett und Kalorien enthalten. Zu kurz kommen bei dieser Art der Ernährung allerdings Getreideprodukte. Denn die zählen zu den Säurebildnern, deren Verzehr nur zu 20 bis 30 Prozent erlaubt ist. «Grundsätzlich ist die Trennkost positiv zu bewerten», sagt Gahl. Für gesunde, erwachsene Menschen sei sie nicht nachteilig. Die DGE rät allerdings davon ab, Kinder mit Trennkost zu ernähren.
Literaturtipp: Ursula Summ: Das neue große Buch der Trennkost, Trias-Verlag, 19,95 Euro.
Frühstücksideen von Ursula Summ:
- Eiweißmahlzeit: Am Vormittag Obst in beliebiger Menge, zum Beispiel Ananas, Melone, Orangen, Äpfel oder Erdbeeren. Zu diesen sauren Obstsorten passen keine Bananen, Datteln oder Feigen. Unpassend zu frischem Obst ist auch Getreide in Form von Brot oder Müsli.
- Kohlenhydratmahlzeit: Müsli aus Getreideflocken, dazu Bananen, Rosinen, Nüsse und Kerne. Dazu kein saures Obst oder frische Milch, sondern nur gesäuerte Milchprodukte wie Joghurt, Kefir, Quark. Oder Brot und Brötchen, dazu den Belag aus der neutralen Reihe wie Butter, Salami, roher Schinken, Tatar, Quark oder Eigelb.
car/ivb/news.de/dpa