Ständig fällt etwas aus der Hand, man läuft irgendwo gegen oder stößt sich den Kopf. Tollpatsche leiden nicht selten unter ihrer Ungeschicklichkeit. Doch es gibt Licht am Horizont. Selbst für jene, die Fettnäpfchen ihr zu Hause nennen.
Viele Menschen leiden an chronischer Tollpatschigkeit. Gegenlaufen, umwerfen, anecken und sich dabei blaue Flecken holen sind Alltag. Ist das der Fall, spricht Psychologin Felicitas Heyne von einer körperlichen Tolpatschigkeit. «Menschen, die sich häufig selbst verletzen, Dinge verschusseln und im Flieger darüber grübeln, ob sie die Haustür abgeschlossen haben, sind meist in einer Art dauerhaftem geistigen Abwesenheitszustand gefangen. Sie tun alles, was sie tun, nur mit halber Aufmerksamkeit. Kein Wunder, dass so manches daneben geht.»
Genauso unangenehm ist die soziale Tolpatschigkeit. Bei dieser laufen Menschen Gefahr, ständig in Fettnäpfchen zu treten. Da wird nach dem Job gefragt, der gerade gekündigt wurde, oder sich nach der vor kurzem verstorbenen Oma erkundigt. «Im Regelfall erwerben wir im Laufe unserer Sozialisation und Erziehung ein ganz gutes Gespür dafür, wann es beispielsweise besser ist, den Mund zu halten»,erklärt Heyne. Je nach Temperament und Erziehungsumfeld könne es aber sein, dass diese Fähigkeiten besser oder schlechter ausgeprägt sind. «Sehr impulsiven Menschen beispielsweise fällt es oft schwer, sich mit Kommentaren zurückzuhalten.»
Wer ständig unter seiner Unbeholfenheit leidet, muss nicht den Kopf in den Sand stecken. Es gibt Lösungen, die Ungeschicklichkeit in den Griff zu bekommen. Bei der sozialen Tollpatschigkeit rät Felicitas Heyne, es mit Kommunikationstraining zu versuchen. «Es ist oft sehr hilfreich, wenn man sich selbst auf Video beobachtet und sich zuhört, während man mit anderen Menschen spricht. Auch in Sachen Impulskontrolle kann man an sich arbeiten und sich einfach mal vornehmen, einen Abend auf einer Party mindestens zwei Drittel der Zeit nur den Gesprächen anderer zuzuhören statt selbst zu reden.»
Wer es satt hat, ständig alles fallen zu lassen und irgendwo gegenzulaufen, sollte Sportarten treiben, die die eigene Körperwahrnehmung schulen. Dazu gehören unter anderem Tai Chi, Yoga oder Qi Gong. «Man sollte sich auf jeden Fall Wege suchen, die eigene Achtsamkeit zu schulen und die Konzentration auf das Hier und Jetzt zu fördern», sagt Felicitas Heyne.
Eine ganz einfache Übung bestehe darin, sich für eine Woche ganz bewusst nur auf die Dinge zu konzentrieren, die man gerade tut. «Also beim Geschirrspülen nicht darüber nachzudenken, wie man die morgige Präsentation gestalten will, sondern stattdessen die Temperatur des Wassers auf der Haut zu fühlen, die unterschiedlichen Formen und Oberflächenstrukturen der Geschirrstücke zu ertasten und zu beobachten, wie die Tropfen an unterschiedlichen Materialien verschieden rasch abperlen.»
Besonders Promis haben oft interessante Ausrutscher. Da blitzt dann plötzlich ein Busen aus dem Abendkleid hervor oder beim Aussteigen aus dem Wagen am roten Teppich zeigt sich das Höschen unter dem Kleid. Das dient allerdings nur dazu, sich in Szene zu setzen. Denn Tollpatschigkeit ist nach Ansicht von Felicitas Heye niedlich. «Sie bedient das Kindchen-Schema und kann unter Umständen Sympathien sichern.»
Heyne glaubt aber nicht, dass jemand sich absichtlich blamieren würde: «Erstens, weil es für einen selbst irgendwann unangenehm wird, und zweitens, weil auch die Umwelt nicht mehr mit Sympathie und Mitleid, sondern eher genervt reagiert.» Wenn es überhaupt eingesetzt werde, dann wahrscheinlich höchstens in homöopathischen Dosen und im Rahmen des «Ich-bin-ein-hilfloses-Rehlein-und-brauche-ganz-dringend-einen-starken-Beschützer-Syndroms.»