Erstellt von Cori Brossmann - Uhr

4 Lehren aus der deutschen Gesetzgebung: Online-Glücksspiel in der Schweiz

Deutschland und die Schweiz vertreten eine diametrale Auffassung, wenn es darum geht, das illegale Glücksspiel zu bekämpfen. Doch das war in der Vergangenheit nicht immer so, ganz im Gegenteil.

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Auch Deutschland setzte alles daran, den Schwarzmarkt einzudämmen, indem man sein staatliches Monopol mit allen Mitteln verteidigte.

Deutschland öffnet sich, die Schweiz hält ihre Grenzen dicht

Doch der Trend in Europa wies einen anderen Weg. Immer mehr Ländern setzten auf Regulierung und Lizenzierung anstatt auf Abschottung. Schließlich bietet dieser Zugang mehrere Vorteile. Einerseits belebt die Konkurrenz den Markt und sichert andererseits den Kunden eine sichere Spielumgebung zu. Schließlich ist eine Öffnung der Märkte zumeist mit einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung verknüpft, die den Marktteilnehmern exakte Regeln vorschreibt.

Der viele Jahre andauernde Abwehrkampf gegen die Realität der grenzenlosen Verbreitung im Netz hat dazu geführt, dass Deutschland seinen Glücksspielstaatsvertrag umfassend reformiert hat. Seither gelten landesweit die gleichen Regeln für alle, der Staat freut sich neben mehr Sicherheit auch über steigende Steuereinnahmen.

1. Netzsperren sind leicht zu überwinden

In der Schweiz setzt man jedoch weiterhin auf einen Schutz der landeseigenen Lizenzen. Diese werden mit sogenannten Netzsperren verteidigt, die ausländische Anbieter aus der Schweiz fernhalten sollen. Doch dieser Weg hat sich schon in der Vergangenheit in anderen Ländern als wenig effektiv erwiesen.

Konkret führt die Eidgenössische Spielbankenkommission als Aufsichtsbehörde der Schweiz eine eigene Sperrliste, ausländischer Glücksspielanbieter, die über das Internet im Schweizer Markt „wildern". Die Provider des Landes werden dazu angehalten den Zugang zu diesen Seiten im Netz zu sperren.

Doch diese Hürde ist einfach zu überwinden. Schließlich wird der User im Netz über seine IP-Adresse als Schweizer identifiziert. Doch dies lässt sich mithilfe eines sogenannten VPN leicht umgehen, bzw. ändern. Die Anbieter dieser Virtual Private Networks bieten ihren Kunden einen Zugang für wenige Euro pro Monat an. Damit spiegeln die Server eine IP-Adresse vor, die aus dem jeweils gewünschten Land stammt. Schweizer Spieler können also ihren digitalen Standort beliebig wechseln und so die Schweizer Netzsperren jederzeit austricksen.

Dies dürfte in großem Umfang passieren, schließlich reichen die Schätzungen des Schweizer Schwarzmarkts von 30 bis über 50 Prozent des lokalen Online-Glücksspielmarktes. Dieser besteht ausschließlich aus digitalen Ablegern der stationären Spielbanken des Landes. Wer ein offizielles Online Casino Schweiz mit Echtgeld sucht, findet ausschließlich diese neuen Online-Casinos. Deren Lizenzen sind an die stationären Lizenzen gebunden, alle anderen Anbieter werden von der Schweiz konsequent geblockt.

2. Lizenzierung ermöglicht Kontrolle

Mit der Beschlussfassung des neuen Deutschen Glücksspielstaatsvertrages hat der Staat die Kontrolle über den Zugang zum Markt übernommen. Er schreibt den Anbietern die Regeln vor, vergibt Lizenzen, kontrolliert die Einhaltung der Auflagen und spricht Strafen bei Verstößen aus.

Das hat nicht nur den jahrelangen Streit mit der EU-Kommission beendet, sondern auch die Lage befriedet. Erstmals gelten in allen Bundesländern die gleichen Regeln, die Steuereinahmen kommen der Allgemeinheit zugute.

Mit der Regulierung kann der Staat nicht nur das Spielangebot, sondern auch die Limits und die Werbemaßnahmen der Anbieter vorschreiben und kontrollieren. Dazu hat man mit der Gemeinsamen Glücksspielgehörde der Länder eine neue Behörde geschaffen. Das ermöglicht es in Zukunft an jenen Stellschrauben zu drehen, die eine weitere Verbesserung des Systems ermöglichen.

3. Landesweiter Spielerschutz ist nötig

Das wichtigste Argument für die Aufrechterhaltung des Glücksspielsmonopols war in der Vergangenheit immer der Spielerschutz. Doch die Liberalisierung hat gezeigt, dass sich dieser am besten mithilfe einer umfassenden Regulierung umsetzen lässt. So existiert in Deutschland seit der Reform eine zentrale Spielerdatei, die zahlreiche Probleme löst.

Hier ist es erforderlich sich einmalig mithilfe von Dokumenten zu identifizieren. Gleichzeitig dient die Spielerdatei dazu, das gleichzeitige Spielen auf mehreren Plattformen zu verhindern. So kann man ausschließen, dass Spieler die im Gesetz vorgesehenen eng gesteckten Grenzen zu umgehen. Eine einmal ausgesprochene Sperre gilt für alle Anbieter und kann nicht nachträglich beeinflusst werden.

Einzahlungslimits verhindern, dass sich die Spieler über alle Maßen verschulden und begrenzen somit die Ausgaben. Der Sperrbutton, den die Anbieter in ihren Angeboten integrieren müssen, sorgt zudem dafür, dass sich Spieler selbst vom Spiel ausschließen können, wenn sie das Gefühl bekommen, dass ihre Spielverhalten suchtähnliche Züge aufweist. Diese und ähnliche Werkzeuge entsprechen einer modernen Regulierung, die auf eine Mischung auf Lizenzierung, Kontrolle und Selbstschutz setzt.

Selbst die Werbebeschränkung schlägt in diese Kerbe. In der Schweiz steht die massive Werbung der Casinobetreiber an öffentlichen Plätzen in der Kritik. In Deutschland sind die Zeiten und Orte im Gesetz klar definiert, die Verschiebung in die Nacht soll dafür sorgen, dass Jugendliche geschützt bleiben.

4. Eine regelmäßige Evaluierung ist nötig

Deutschland hat in seinem Glücksspielstaatsvertrag festgeschrieben, dass die gesetzlichen Maßnahmen innerhalb einer Frist von rund fünf Jahren überprüft werden müssen. Diese Frist läuft mit Ende des Jahres 2026. Zu diesem Zeitpunkt haben Behörden und Betreiber ausreichend Erfahrung gesammelt, um die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen anhand von Zahlen beurteilen zu können.

Wie beim Controlling in einem Wirtschaftsbetrieb sollen dann entsprechende Schritte darauf abgeleitet und umgesetzt werden. Das gibt allen Beteiligten die Möglichkeit im Gesetz wenn nötig nachzuschärfen. Schon jetzt zeigt sich, dass Deutschland seinen bisherigen Weg eines staatlichen Monopols im Glücksspiel immer weiter verlässt. Das betrifft nicht nur die Vergabe von Online-Lizenzen, sondern auch das Eigentum an Spielbanken.

Diese wurden in den letzten Jahren sukzessive privatisiert und an private Betreiber verkauft. Der Staat zieht sich immer stärker auf seine Funktion als Kontrollorgan zurück und definiert die gesetzlichen Regeln, unter denen Glücksspiel im Land stattfinden kann.

Auch in der Schweiz gehen die Einnahmen aus stationären Casinos zurück, während jene aus Online-Casinos ansteigen. Das lässt den Schluss zu, dass hier verstärkter Regulierungsbedarf besteht, denn in Zeiten eines grenzenlosen Internets werden Abschottungsmaßnahmen immer wirkungsloser.

brc/news.de

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