Kosten-Schock für Millionen Deutsche: Twitter-User sind empört! So teuer wird die Gasumlage für Verbraucher
Erstellt von Sarah Baumann-Rüster
16.08.2022 14.51
Auf Gaskunden in Deutschland kommen ab Herbst deutliche Mehrkosten zu. Die Höhe der staatlichen Gasumlage wird bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegen, wie die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, am Montag in Ratingen mitteilte.
Gasumlage wird bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegen
Bei einem Haushalt mit Einfamilienhaus und einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden betragen die Mehrkosten demnach rund 484 Euro im Jahr. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer. Die Bundesregierung will allerdings verhindern, dass diese fällig wird.
Umlage gilt ab 1. Oktober
Das Wirtschaftsministerium ging zuletzt von einer Spanne von 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde aus. Die Umlage gilt ab Anfang Oktober. Sie werde aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern mit etwas Zeitverzug, so das Ministerium. Es gebe aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von vier bis sechs Wochen, die eingehalten werden müssten. Daher werde die Umlage wahrscheinlich erstmals im November/Dezember auf den Rechnungen auftauchen.
Gasumlage als Folge des Ukraine-Kriegs
Das Wirtschaftsministerium sieht die Umlage als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Dieser habe die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Russland habe seit Mitte Juni seine Gasimportmengen nach Deutschland in unberechenbarer Weise reduziert, damit eine künstliche Energieknappheit geschaffen und die Preise in die Höhe getrieben. Dieser "externe Schock" treffe Deutschland besonders, das bislang stark von günstigem Gas aus Russland abhängig war. Viele Gaslieferungen aus Russland, die bisher vertraglich zugesichert waren, fielen weg.
Gasimporteure aber haben Lieferpflichten gegenüber ihren Kunden, vor allem gegenüber Stadtwerken. Die Importeure können diesen Lieferpflichten nur gerecht werden, indem sie die ausgefallenen Mengen aus Russland durch den Kauf deutlich teurerer Mengen am Kurzfristmarkt ersetzen. Bisher können diese Mehrkosten nicht weitergegeben werden.
Die Folge: Bei Importeuren sind erhebliche Verluste entstanden. Deswegen hat der Bund mit dem Versorger Uniper ein milliardenschweres Rettungspaket vereinbart - und im Zuge dessen auch die Gasumlage. Diese kommt zusätzlich zu marktbedingten Preissteigerungen, die schrittweise bei den Kunden ankommen.
Bundesregierung plant weiteres Entlastungspaket für Bürger
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten, damit Deutschland auf die geplante staatliche Gasumlage keine Mehrwertsteuer erheben muss. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Bürgerinnen und Bürgern angesichts der stark gestiegenen Energiepreise zusätzliche Entlastungen zugesichert. "Wir lassen niemanden allein mit den höheren Kosten", teilte der SPD-Politiker am Montag auf Twitter mit. Zugleich räumte Scholz ein: "Es wird teurer - da gibt es kein drum herumreden. Die Energiepreise steigen weiter." Bisher seien schon staatliche Hilfen über 30 Milliarden Euro beschlossen worden.
Auch Robert Habeck bekräftigte, der Staat solle über die Umlage letztlich keine höheren Mehrwertsteuereinnahmen erzielen. "Wir werden einen Weg finden, um sicherzustellen, dass es da nicht noch zu einer zusätzlichen Belastung kommt." Der Bundeswirtschaftsminister kündigte am Montag in Berlin Ausgleichsmechanismen an für den Fall, dasss die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage fällig wird.
Habeck bezeichnete die Umlage als eine "bittere Medizin". Er sagte zugleich: "Mit der Umlage sichern wir die Versorgungssicherheit in Deutschland."
Deutschland habe ein Geschäftsmodell entwickelt, das in großen Teilen auf der Abhängigkeit von billigem russischem Gas beruht habe und damit auch auf der Abhängigkeit eines Präsidenten, der das Völkerrecht missachte und dem die liberale Demokratie und ihre Werte erklärte Feinde seien, sagte Habeck mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Dieses Modell ist gescheitert".
EU-Kommission: Keine Ausnahme bei Mehrwertsteuer für Gas-Umlage
Für die Verbraucher in Deutschland wird es keine Ausnahme bei der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage geben. Die EU-Kommission bekräftigte am Dienstag in Brüssel, dass eine Streichung der Steuer anders als von der Bundesregierung erhofft nicht möglich ist. Die Kommission arbeitet nach eigenen Angaben aber zusammen mit Berlin an einer Lösung bezüglich der Mehrwertsteuer.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte auf EU-Ebene um eine Ausnahme gebeten. Ein Sprecher der EU-Kommission machte jedoch deutlich: "Es gibt an sich keine Möglichkeit, diese Art von Umlage auszunehmen." Zugleich betonte er: "Wir sind in Kontakt mit der deutschen Regierung, um Lösungen zu finden, die den Verbrauchern nutzen und den gleichen Effekt für sie hätten."
Um Gasimporteure zu stützen, müssen Kunden in Deutschland ab dem Herbst deutlich mehr für ihr Gas bezahlen. Die Höhe der staatlichen Umlage wird bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde ohne Mehrwertsteuer liegen, wie die Firma Trading Hub Europe, ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland, am Montag in Ratingen mitteilte.
"Zahlt diese #Gasumlage nicht!" - Twitter rastet komplett aus
Bei Twitter sorgte die Gasumlage währenddessen für Empörung. "Zahlt diese #Gasumlage nicht!
Es reicht! Gas nicht abnehmen welches bezahlt ist und dem Bürger das auferlegen ist beschämend!", wettert etwa dieser User gegen die geplanten Mehrkosten. "Haushalte müssen ab 1.10.2022 eine staatliche #Gasumlage von 2,419 Cent pro kWh zahlen. Bei einem 4-köpfigen Durchschnittshaushalt
ergibt sich also eine Mehrbelastung von rund 480 Euro im Jahr. 19% Mehrwertsteuer noch nicht mitgerechnet. Diese BuReg muss sofort zurücktreten !", fordert ein anderer wütender Bürger prompt den Rücktritt der Bundesregierung.
"Wo genau soll eine vierköpfige Familie, die im Monat mit Arbeit gerade so auf 0 rauskommt, knapp 500€ zusätzlich für eure Gas-Umlage herbekommen? Diese Regierung treibt ihre eigenen Bürger in den Ruin. Nehmt diese #Gasumlage zurück, oder tretet zurück!", zeigt sich auch dieser Kommentator empört über die jüngsten Pläne der Bundesregierung.
Verbraucherschützer fordern Verschiebung der Gasumlage
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat eine Verschiebung der Gasumlage gefordert. Ohne Mehrwertsteuer liege die Mehrbelastung für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden bei der nun feststehenden Umlage bei 483,80 Euro jährlich, sagte die Verbandsvorsitzende Ramona Pop am Montag in Berlin. Zuvor war bekannt gegeben worden, dass die Umlage ab Herbst zunächst bei 2,419 Cent pro Kilowattstunden liegen wird.
Pop kritisierte, mehrere Fragen seien unklar. Nicht geklärt sei etwa, mit welchen Fristen die Energieversorgungsunternehmen die Umlage an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben. Auch müsse klar sein, dass der Staat nicht mit der Mehrwertsteuer an der Umlage mitverdient. Zu klären sei außerdem, welche Endverbrauchergruppen die Umlage tragen müssten.
"Die Bundesregierung muss die Einführung der Umlage verschieben, um die offenen Fragen zu klären und das dringend benötigte Hilfspaket zu beschließen", forderte Pop mit Blick auf angekündigte weitere Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger. Pop verlangte: "Solange die Koalition über weitere Entlastungsmaßnahmen streitet, soll die Umlage steuerfinanziert werden."
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sba/news.de/dpa