Wirtschaft

Deutschland bald ohne Gas?: Gasversorgung gefährdet! Bundesregierung aktiviert erste Notfallplan-Stufe

Die Bundesregierung hat die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen - was bedeutet das für Verbraucher? Bild: picture alliance/dpa | Marijan Murat

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Die Bundesregierung bereitet sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief deswegen am 30. März 2022 in Berlin die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus. Dies diene der Vorsorge. Die Versorgungssicherheit sei weiterhin gewährleistet. Nach dem Notfallplan gibt es drei Krisenstufen. Im Notfall wären Haushaltskunden besonders geschützt.

Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen - Gasversorgung in Deutschland weiterhin gewährleistet

"Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe", erklärte Habeck. "Dennoch müssen wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein." Mit Ausrufung der Frühwarnstufe sei ein Krisenteam zusammengetreten. "Das Krisenteam analysiert und bewertet die Versorgungslage, so dass - wenn nötig - weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ergriffen werden können. Die Bundesregierung tut alles, um die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten."

Die Frühwarnstufe bedeutet laut Ministerium, dass ein Krisenstab beim Wirtschaftsministerium zusammentritt, der aus Behörden und den Energieversorgern besteht. Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen werden verpflichtet, regelmäßig die Lage für die Bundesregierung einzuschätzen. Noch greife der Staat nicht ein. Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilnetzbetreiber ergreifen "marktbasierte" Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten: Dazu gehören laut Ministerium etwa die Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite, der Rückgriff auf Gasspeicher und die Optimierung von Lastflüssen.

Habeck appelliert an Verbraucher: Energie einsparen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat an die Verbraucher appelliert, Gas einzusparen.Die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher sei aktuell weiter gewährleistet, so das Ministerium. "Dennoch ist ab sofort jeder Gasverbraucher - von der Wirtschaft bis zu Privathaushalten - auch gehalten, seinen Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren." Jede eingesparte Kilowattstunde Energie helfe, sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Die Ausrufung der ersten Stufe des Notfallplans Gas sei eine Vorsorgeentscheidung. Die EU-Kommission sei darüber informiert worden.

Habeck verwies auf Drohungen Russlands, russische Gaslieferungen nach Westeuropa nur noch in Rubel zu akzeptieren. Deutschland werde darauf vorbereitet sein. "Wir werden keinen Bruch der Lieferverträge akzeptieren", sagte der Minister.

Gasversorgung in Deutschland: Netzagentur appelliert an Verbraucher und Firmen

Der Chef der Bundesnetzagentur appelliert an Verbraucher und Unternehmen, angesichts einer drohenden Verschlechterung bei der Gasversorgung mitzuhelfen. "Die Bundesnetzagentur bittet Verbraucher und die Industrie beizutragen und bereitet sich auf alle Szenarien vor", schrieb der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, auf Twitter. Ziel sei und bleibe es, eine Verschlechterung der Gasversorgung für Deutschland und Europa durch Einsparungen und Zukäufe zu vermeiden.

Wladimir Putin bleibt stur: Gaslieferungen nur noch gegen Rubel

Hintergrund für die Ausrufung der Frühwarnstufe: Russland bleibt bei seiner Forderung nach Bezahlung russischer Gaslieferungen nach Westeuropa in Rubel unnachgiebig. Bis Donnerstag (31. März) würden auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin die Modalitäten ausgearbeitet, damit das System "einfach, verständlich, transparent und umsetzbar" für die europäischen und internationalen Gasbezieher sei, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. "Keiner wird Gas umsonst liefern, und bezahlt werden kann es nur in Rubel", betonte er einmal mehr.

Putin hatte vergangene Woche verkündet, dass Russland Gas an Deutschland und weitere "unfreundliche Staaten" nur noch gegen Zahlung in Rubel liefern werde. Dies würde die unter Druck geratene russische Währung stützen. Die Gruppe der G7-Wirtschaftsmächte, darunter Deutschland, sowie die Europäische Union insgesamt lehnen Zahlungen in Rubel für Gas jedoch ab.

Habeck bekräftigte, falls Russland eine Bezahlung der Gasimporte nur noch in Rubel akzeptiere, stelle dies einen Bruch der privaten Lieferverträge dar. Um auf mögliche Liefereinschränkungen oder -ausfälle vorbereitet zu sein, habe das Ministerium deshalb die Frühwarnstufe ausgerufen. Die aktuelle Situation im Gasnetz werde engmaschig beobachtet und bewertet.

Notfallplan Gas: Welche Krisenstufen gibt es?

Der Notfallplan Gas regelt das Vorgehen in Deutschland, wenn die Versorgungslage massiv zu verschlechtern droht - oder wenn dies der Fall ist. Es gibt drei Stufen. Private Haushalte, aber auch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die Feuerwehr und die Polizei sind in der dritten und höchsten Stufe, dem Notfall, besonders geschützt. Das bedeutet, ihre Versorgung soll sichergestellt werden, auch durch Eingriffe des Staates in den Markt.

Die drei Stufen sind die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Bei der Frühwarnstufe sollen die Versorger Vorbereitungen treffen. In den Netzen werden Puffer geprüft, verfügbare Transportkapazitäten sollen maximal genutzt werden. Die Zusammenarbeit mit Netzbetreibern im benachbarten Ausland soll intensiviert werden. Die Bundesnetzagentur soll Kriterien entwickeln, welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas auch im Rahmen einer sogenannten Gasmangellage versorgt werden.

Es folgt die Alarmstufe. Laut Plan liegt in diesem Fall eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt - der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen. Auf die Alarmstufe folgt die Notfallstufe: Es liegt dann eine "außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage vor". Maßnahmen des Markts haben nicht ausgereicht, um die noch verbleibende Gasnachfrage zu decken.

Die Folge des Notfalls ist, dass der Staat einschreiten muss - um insbesondere die Gasversorgung der "geschützten Kunden" sicherzustellen - also etwa von privaten Haushalten. Zu Maßnahmen zählen dann: eine Anordnung zur Abschaltung von Industriekunden, eine Anordnung an Endverbraucher sowie Großverbraucher, den Verbrauch von Erdgas zu reduzieren oder eine Anordnung zur Nutzung von Strom, der nicht mit Gas erzeugt wird.

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/news.de/dpa

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