Pfundige Geschäfte: Das Geld der Dicken will keiner haben
Von news.de-Redakteurin Anika Kreller
21.03.2019 15.12
Wer übergewichtig ist und abnehmen will, wird schnell fündig. Mehr als 20 Millionen Ergebnisse spuckt Google bei der Suche nach «Diät» aus. Das Geschäft brummt: Die Abnehmgurus von Weight Watchers sind seit 2001 an der Börse, seitdem hat sich der Wert der Aktie mehr als verdoppelt. Ein weltweites Umsatzpotenzial von 1400 Milliarden Dollar sagte die Schweizer Bank Credit Suisse der Branche bis 2012 voraus, berichtet die «Schwergewichtshilfsmittel» sind teuer und sperrig, darum mieten sie die Kliniken meist nur. 500 bis 600 Mal im Jahr rücken Gabler und sein Team aus, um die Geräte vor Ort aufzubauen und das Personal einzuweisen, mehr als 300 Häuser beliefern sie inzwischen deutschlandweit. In Zeiten, in denen immer mehr Deutsche stark übergewichtig sind, steigt die Nachfrage nach Hilfsmitteln, um auch adipöse Patienten adäquat behandeln zu können. «Das Geschäft läuft von Jahr zu Jahr besser», sagt Gabler, der seinen Service seit 2005 anbietet. «Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent sind drin.» Städte wie Essen, Hamburg und Dortmund haben inzwischen sogar Spezialkrankenwagen angeschafft, ausgestattet mit XXL-Trage und beweglicher Rampe.
Angst vor «Getthoisierung»
Neben Hilfsmitteln für den Alltag und die medizinische Versorgung gibt es spezielle Reiseangebote für Übergewichtige. Auch hier sind die Möglichkeiten jedoch überschaubar. Das Hotel «Freedom Paradise» im mexikanischen Urlaubsort Cancun wirbt damit, der erste und bislang einzige «größenfreundliche Ferienclub» zu sein. Stabile Möbel, begehbare Duschen, Pools mit Haltegriffen und nur wenige Treppen sollen für einen stressfreien Urlaub sorgen. In Deutschland bietet Sylvia Strasser mit ihrem Reisebüro King-Size-Travel Reisen nach Teneriffa an, die «molligen Menschen Spaß im Urlaub ohne jegliche Ängste oder Schamgefühle» ermöglichen sollen.
Bei den Betroffenen stoßen solche Spezialangebote nicht nur auf Gegenliebe. «Es ist Teil unseres Selbstverständnisses, dass wir als völlig normale Mitmenschen wahrgenommen werden möchten, ohne einen sich auf ein rein äußerliches Merkmal stützenden Sonderstatus», sagt Birgit Baumann von der Internetseite Das dicke Forum zu news.de. «Wir lehnen jede Form einer möglichen Ghettoisierung dicker Menschen durch besonders auf sie zugeschnittene Veranstaltungen ab.» Produkte wie verstärkte Betten, Leitern oder Möbel hält sie dagegen für sinnvoll. Gerade in Wartezimmern und Restaurants aber auch für den privaten Gebrauch würde sie sich mehr stabilere Stühle mit breiteren Sitzflächen wünschen - der Bedarf ist scheinbar da.
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roj/ham/news.de