Rechte von Kunden: Die Grenzen des Königreiches
Von news.de-Redakteur Christian Mathea
09.04.2021 17.18
Das Wort «müssen» existiert in der Geschäftswelt scheinbar nicht. Denn müssen muss der Verkäufer gar nichts. Er kann. Wenn ihm die Nase eines Kunden nicht passt, kann er beispielsweise sagen: «Dir verkaufe ich die Erdbeeren nicht, die sind für jemanden anderen», erklärt Rechtsanwalt Michael Felser aus Brühl. Das könne er auch, wenn die Erdbeeren in der Auslage sichtbar bereitliegen. Nur bei Diskriminierung gelte diese Freiheit nicht. Wenn der Verkäufer beispielsweise nachweislich ausschließlich Ausländer nicht bedienen würde, könne er verklagt werden.
Auch ein Arzt müsse einen Patienten [tt=Obwohl es kein Gesetz gibt, wurde im Bundesmantelvertrag Ärzte zusätzlich vereinbart: „Der Vertragsarzt darf die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen.“ Und diese sind: Fehlendes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt, nicht Befolgung ärztlicher Anordnungen während der Behandlung, Überlastung der Praxis, Störung des Behandlungsablaufes durch den Patienten, Verlangen von unwirtschaftlichen Behandlungsmaßnahmen, Behandlung außerhalb des Fachgebietes. ]eigentlich nicht behandeln, wenn er das nicht wolle. Dazu gebe es ebenso keine Verpflichtung, sagt Felser. «Nur im Notfall muss er natürlich helfen, ansonsten ist es unterlassene Hilfeleistung.» Anders sei es bei Behörden, die eine Monopolstellung und Versorgungspflicht hätten und deshalb jeden bedienen müssten.
Zurück zum Ladengeschäft, und speziell zur abschließenden Handlung jedes Einkaufens: das Bezahlen. Jeder hat sich sicherlich schon gefragt, ob er dem Kassierer eine Geldbörse voller Cent-Münzen zumuten kann, obwohl es sich um einen nicht unerheblichen Betrag handelt. Grundsätzlich gilt laut Felser hier: «Ja, wenn der Verkäufer vor Vertragsabschluss (Anmerkung der Redaktion: Dieser kann auch mündlich sein.) nicht auf bestimmte [tt=Ein derartiger Hinweis ist beispielsweise das Schild in Tankstellen: „Keine 500-Euro-Scheine.“]Zahlungsmodalitäten hinweist, muss er das Geld annehmen, wie er es bekommt.»
Obergrenze bei Münzgeld
Bei Münzgeld gibt es aber eine Obergrenze. Säckeweise Cent-Münzen darf der Kunde nicht in das Geschäft schieben. Ulrike Hörchens, Sprecherin des Einzelhandelsverbands, weist auf eine entsprechende EG-Verordnung hin. Demnach muss der Geschäftsinhaber oder Verkäufer nicht mehr als 50 Münzen annehmen, unabhängig vom Betrag.
Unfreundliche Kunden sind keine Seltenheit. Da fragt man sich manchmal: Wie viel müssen die Verkäufer eigentlich über sich ergehen lassen? Die Antwort: Theoretisch gar nichts. Wie bereits erwähnt, ist der Verkäufer nicht verpflichtet, irgendjemanden zu bedienen. Natürlich ist es geschäftsschädigend, wenn die Besucher reihenweise missachtet werden.
Aber wenn ein Kunde ausfallend wird, weil er nach der Arbeit einfach schlechte Laune hat oder zu wenig Kassiererinnen an der Kasse sitzen, dürfen die Geschäftsinhaber oder Verkäufer aufgrund des Hausrechts die Kunden bitten, zu gehen und sogar Hausverbot erteilen. Übrigens auf unbestimmte Zeit. Denn eine Regelung, nach der ein Hausverbot nach so und so vielen Wochen wieder aufgehoben werden muss, gibt es laut Michael Felser nicht.
Öffnungszeiten sind verpflichtend
Noch ein Satz zum pünktlichen Feierabend der Verkäufer: Die Kulanz bei Ladenöffnungszeiten liegt allein in der Hand des Inhabers. Ob er seine Kunden fünf Minuten länger duldet oder Punkt acht den Sicherheitsdienst bittet, die Besucher zum Ausgang zu eskortieren, kann er laut Felser selbst entscheiden. Nur an die versprochenen Ladenöffnungszeiten müsse er sich halten.
Verspricht er auf der Internetseite des Geschäftes am Samstag bis 20 Uhr geöffnet zu haben, kann er demnach nicht einfach mittags schließen. Wenn sich ein Kunde mit dem Auto dahin auf den Weg machen würde und dann vor verschlossenen Türen stünde, könne er die Fahrtkosten einklagen. Aber es gibt Ausnahmen, betont Felser. Nämlich der Zusatz: Öffnungszeiten ohne Gewähr. In diesem Fall habe der Kunde dieses Recht nicht.
mat/cvd/reu/news.de