Skandal beim Online-Shopping: Diese Daten beeinflussen die Kreditwürdigkeit der Verbraucher
Erstellt von LabX Kooperation
24.06.2024 15.26
Das Bundeskartellamt hat die Praktiken der Bonitätsprüfungen im Online-Handel untersucht und dabei festgestellt, dass viele Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Auskunfteien gegen Datenschutz- und Lauterkeitsrecht verstoßen. Die Sektoruntersuchung „Scoring beim Online-Shopping", die vor zwei Jahren begann, zeigt zahlreiche Missstände bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.
Intransparente Bonitätsprüfungen und Verletzung des Datenschutzes
Ein zentrales Problem ist die mangelnde Transparenz bei Bonitätsprüfungen. Verbraucher erfahren oft nicht, welche Daten für die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit herangezogen werden. Informationen hierzu stehen häufig versteckt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder werden erst nachträglich mitgeteilt, sodass Verbraucher keine Möglichkeit haben, die Prüfungen zu verhindern. Dies widerspricht den Vorgaben des Verbraucherrechts und sorgt für erhebliche Unsicherheiten bei den Betroffenen.
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Ein weiterer Kritikpunkt ist die umfangreiche und oft unnötige Datenverarbeitung. Neben dem Zahlungsverhalten fließen auch persönliche Merkmale wie Anschrift, Alter und Geschlecht in das Scoring ein. Der Grundsatz der Datenminimierung wird dabei häufig missachtet, was zu einer potenziell schädlichen und ungerechtfertigten Verarbeitung von Kundendaten führt. Dies könnte dazu führen, dass Verbraucher aufgrund ihres Wohnumfelds oder häufiger Adresswechsel schlechtere Scores erhalten, was nicht im Sinne eines fairen Scoring-Systems ist.
Details zur Sektoruntersuchung
Die Untersuchung des Bundeskartellamts umfasste 45 Online-Händler, acht Zahlungsdienstleister und vier große Auskunfteien. Insgesamt setzten die befragten Online-Händler im Jahr 2021 rund 56 Milliarden Euro über das Internet mit Privatverbrauchern um, während der gesamte Umsatz im Online-Handel in Deutschland 80 Milliarden Euro betrug. 19 der befragten Online-Händler gaben an, Bonitätsprüfungen durchzuführen, insgesamt waren es im Jahr 2021 gut 66 Millionen Prüfungen.
Die acht befragten Zahlungsdienstleister führten im Jahr 2021 rund 350 Millionen Bonitätsprüfungen für Endkunden in Deutschland durch. Etwa 30 Prozent dieser Prüfungen nahmen die Zahlungsdienstleister selbst vor, während in 70 Prozent der Fälle auch Score-Werte von Wirtschaftsauskunfteien berücksichtigt wurden. Die vier großen Auskunfteien erstellten im selben Jahr rund 85 Millionen Score-Werte für ihre wichtigsten Online-Händler.
So gehen Unternehmen beim Scoring vor
Für das Scoring nutzen die Unternehmen eine Vielzahl von Datenquellen, darunter eigene Daten, Informationen aus öffentlichen Verzeichnissen, amtliche Bekanntmachungen sowie Daten von Drittunternehmen wie Kreditinstituten oder Energieversorgern. Auch spezialisierte Datenlieferanten und ‐analysten wie die Microm Micromarketing‐Systeme und Consult GmbH tragen zur Datensammlung bei. Im Rahmen des Scorings tauschen Auskunfteien, Online-Händler und Zahlungsdienstleister ihre jeweiligen personenbezogenen Daten teilweise untereinander aus, um ihre Datensätze zu ergänzen und die Genauigkeit der Bonitätsprüfungen zu erhöhen.
Das Geschlecht spielt eine Rolle
Interessanterweise zeigt der Bericht des Bundeskartellamts, dass bestimmte demografische Merkmale das Scoring beeinflussen. So werden ältere und weibliche Personen tendenziell besser bewertet als jüngere und männliche. Zudem wirkt sich ein häufiger und kürzlich erfolgter Adresswechsel negativ auf das Scoring aus. Diese Kriterien werfen Fragen nach der Fairness und Angemessenheit der Bonitätsprüfungen auf.
Regierung plant Reform des Bundesdatenschutzgesetzes
Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen die weitreichenden Auswirkungen der Bonitätsprüfungen auf die Verbraucher und die gesamte Online-Handelsbranche. Die mangelnde Transparenz und die umfangreiche Datenverarbeitung führen zu Unsicherheiten und potenziell ungerechten Bewertungen.
Die Bundesregierung plant deshalb eine Reform des Bundesdatenschutzgesetzes und die Verarbeitung von Anschriftendaten zu untersagen, um Verbraucher vor ungerechten Bewertungen zu schützen. Das Bundeskartellamt fordert eine sorgfältige Abwägung der erlaubten Kriterien, um eine korrekte Prognosegenauigkeit sicherzustellen. Eine solche Reform soll verhindern, dass Verbraucher allein aufgrund ihres Wohnorts benachteiligt werden.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die geplanten Reformen des Bundesdatenschutzgesetzes auf die Praxis der Bonitätsprüfungen auswirken werden.
lab/news.de