Valerie Niehaus: «Frauen denken auch Schweinekram»
Von news.de-Redakteurin Claudia Arthen
12.03.2012 14.19
Frau Niehaus, an was denken Sie gerade?
Valerie Niehaus: Ich sitze in meinem Auto auf dem Parkplatz einer Raststätte und habe mich gerade gefragt, ob es normal ist, dass ich als erwachsene Frau sofort die Knöpfchen runter mache, wenn ich irgendwo allein mit meinem Auto auf einem Parkplatz stehe.
Und zu welcher Antwort sind Sie gekommen?
Niehaus: Dass das wohl eine klassische Art der Selbstverteidigung ist. (lacht)
Sind Sie ein nachdenklicher Mensch?
Niehaus: Das kann man wohl sagen! (lacht) Ich nenne das «Gequatsche im Kopf haben» und ich bin dieser Fähigkeit sehr ergeben. Ich denke viel und sehr gerne und kann auch sehr komplex denken, aber ich kann auch sehr schwachsinnig denken – das ist einfach etwas, das ich tue. Das hat natürlich den Nachteil, dass mir dadurch eine gewisse Direktheit verloren geht, weil ich manchmal zu viel abwäge. Aber auf Seminaren zu lernen, nicht zu denken, halte ich für meine Persönlichkeit einfach nicht das Richtige. Ich bin halt so.
Sind Sie denn auch ein Mensch, der seine Gedanken schnell anderen mitteilt?
Niehaus: Ich denke das natürlich, aber ich sehe recht häufig am Gesichtsausdruck meines Gegenübers, dass bei ihm eine gewisse Verwirrung herrscht, weil ich oft versuche, in einem Satz drei Sachen, die mir vollkommen klar sind, zu formulieren. Auch da würde ich mir ein wenig mehr Klarheit wünschen. Aber wenn ich gefragt werde, teile ich meine Gedanken schon mit. Ich sage selten, nur Ja oder Nein zu etwas.
Wie wichtig ist Ihnen, was andere über Sie denken?
Niehaus: Nicht so wichtig, wie man vielleicht aufgrund meines Berufs meinen könnte, denn die Schauspielerei ist ja vollkommen von Bewertung abhängig. Das was ich tue, wird von anderen völlig subjektiv wahrgenommen. Es wird verstanden oder auch nicht, für gut oder schlecht befunden. Aber ich erwarte eine gewisse Reflektion von denen, die mich beurteilen, so wie ich sie selber auch anbiete, und wenn das nicht funktioniert – wenn ich sehe, dass jemand in einer vorschnellen oder unsensiblen Art und Weise über mich denkt, dann ist mir das ziemlich egal. Ich kann gut zu der Person stehen, die ich bin – und die kommt sicher nicht bei jedem gut an.
Sie sind jetzt in dem Sat.1-Film Sind denn alle Männer Schweine? zu sehen. Sind denn wirklich alle Männer Schweine?
Niehaus: Natürlich nicht. Und ich denke auch nicht, dass Männer nur Schweinekram denken. Frauen tun das sicherlich ebenso. Ich sage mal ganz kühn: Jeder, ob Männlein oder Weiblein, hat genügend Schweinekram und vernünftige Gedanken im Kopf.
Im Film spielen Sie die Hauptrolle an der Seite von Oliver Mommsen. Wie war das erste Mal mit ihm?
Niehaus: Ich habe das sehr genossen, Oliver ist ein sehr amüsanter, intelligenter und sympathischer Mann. Wir kannten uns vorher von Castingauftritten, aber Sind denn alle Männer Schweine? ist tatsächlich unsere erste Zusammenarbeit.
Ist es von Belang, ob man seinen Filmpartner sympathisch findet oder nicht?
Niehaus: Ich glaube, dass eine gewisse Sympathie hilfreich ist, weil man sich dann einfach mutiger einander anvertraut. Man muss ja doch einen gewissen Weg zusammen gehen und ist von seinen Kollegen abhängig, man kann nicht alleine vor sich hinspielen. Und wenn man das Glück hat, dieselbe Sprache zu sprechen oder einen Humor zu teilen, hilft es sehr, sich aufeinander einzulassen. Es gibt natürlich auch die Situation, dass man nicht so viel miteinander anfangen kann, aber diese Barriere darf nicht innerhalb der Arbeit bestehen – das muss einem dann egal sein. Mir fällt es leichter, wenn ich mit meinem Gegenüber auch als Mensch etwas anfangen kann.
Sie spielen Maja, eine Frau, die hören kann, was Männer denken – wäre es ein Fluch oder ein Segen für Sie, wenn Sie das tatsächlich könnten?
Niehaus: Ich würde wohl jeden darauf hinweisen, dass ich höre, was er denkt - allein schon aus Höflichkeit. Außerdem wäre mir das viel zu unangenehm und zu undistanziert. Ich könnte das gar nicht richtig genießen. Aber in manchen Situationen wäre es nützlich, eine solche Gabe zu besitzen – etwa im Umgang mit meinem Sohn. Denn es wäre ganz interessant zu erfahren, was in einem Menschen vorgeht, der neben einem groß wird. Generell fände ich es faszinierend, in die Gedankenwelt von Kindern hineinhören zu können. Mich würde da an erster Stelle interessieren, mit welchen Gedanken Kinder anfangen zu denken. Aber grundsätzlich möchte ich diese Eigenschaft eher nicht haben. Immer alles hören zu können – bitte nicht!
Im Film fällt auf, dass Sie ein sehr gutes Verhältnis zu Ihrem Filmsohn haben, mit ihm sehr offen reden können, das ist fast schon eine freundschaftliche Beziehung. Wie ist denn im «wahren» Leben Ihr Verhältnis zu Ihrem [tt=Joshua Elias (9)]Sohn?
Niehaus: Freundschaftlich würde ich unsere Beziehung eher nicht nennen, das ist das falsche Wort. Ich würde sie eher als freundlich bezeichnen. Denn meine Aufgabe ist nicht die einer Freundin, sondern einer Mutter, also eines Menschen, der auf jedem Fall zu ihm steht, der ihn begleitet und der ihn ernst nimmt, ihm zuhört und seine Bedürfnisse wahrnimmt. Das finde ich ganz wichtig. Und dass alles sollte in einer Ruhe und Unaufgeregtheit passieren, damit das Zuhause ein Ort ist, wo Dinge gesagt werden können, wo Ängste ausgesprochen werden können und wo eben auch gesagt wird: «So geht es nicht.»
Nimmt Ihr Sohn wahr, dass Sie bekannt sind?
Niehaus: Nicht unbedingt, es interessiert ihn auch nicht – und in meinem Leben als «echter» Mensch, in meinem Privatleben, spielt es auch überhaupt keine Rolle, was ich beruflich mache. Und wenn die Freunde meines Sohnes bei uns zu Hause zu Besuch sind, bin ich auch nur diejenige, die entweder gute oder schlechte Pfannkuchen macht.
Man sieht Sie selten auf Filmpartys und auf dem roten Teppich – warum?
Niehaus: Nein, ich bin da nicht so sehr dabei. Es gibt Kollegen, denen das große Freude bereitet und die sollen das auch ruhig machen – das nimmt von meiner Aufgabe ein bisschen weg. Wir sind als Schauspieler ja zu einem gewissen Teil dazu verpflichtet, wir spielen eine Rolle und wir sind etwas für andere Menschen, das wir nicht in Wirklichkeit sind, sondern nur in deren Betrachtung. Das ist so, als wäre man eine Figur in einem Buch, in die man etwas hinein projizieren kann. Das gilt es zu bedienen, das ist Teil der Sache, die wir machen. Und zu Beginn einer Karriere wurde das unheimlich eingefordert. Ich habe mich dann recht vehement dagegen entschieden und nach 16 Jahren in diesem Beruf ist das auch kein Thema mehr, das akzeptiert jeder, dass ich solche öffentlichen Auftritte nicht so gerne mag.
Der Film ist gut gespielte Fernsehunterhaltung und hat seine Berechtigung in der TV-Landschaft, aber er ist eben nicht besonders anspruchsvoll. Sind Ihnen solche Rollen Herausforderung genug?
Niehaus: Sagen wir mal so: Wenn ich mir meine Rollen wirklich aussuchen könnte, dann würde ich sicherlich möglichst komplexe Rollen wählen, die es mir ermöglichen, die Vielschichtigkeit eines Menschen zu porträtieren. Aber das erlauben gewisse Formate nicht, weil sie nur eine Ebene bedienen und erzählen wollen. Das muss man wissen und das muss man manchmal tatsächlich aushalten. Ich persönlich bin glücklicherweise eine ziemlich disziplinierte Person und denke, dass es meine Aufgabe ist, jede Rolle wirklich gut zu spielen. Und das ist für mich auch befriedigend, es gefällt mir, «normale» Frauen zu spielen. Ich würde mir aber wünschen, auch einmal Rollen zu spielen, für die man etwas mehr Lebenserfahrung mitbringen muss. Ich wünsche mir auch, dass man mir das zutraut. Man lässt mich immerhin schon mal Scherze machen. (lacht)
Titel: Sind denn alle Männer Schweine?
Regie: Sophie Allet-Coche
Darsteller: Valerie Niehaus, Oliver Mommsen, Denise Zich, Mathieu Carrière
Produktionsort: Deutschland 2010
TV-Ausstrahlung: 7. September 2010, 20.15 Uhr, Sat.1