Sepp Schauer: Die gute Seele vom Fürstenhof
Von news.de-Redakteurin Claudia Arthen
14.04.2021 20.48
Herr Schauer, das Erste zeigt am 24. Juni das Special Glück und Tränen im Fürstenhof. Sie moderieren gemeinsam mit Judith Hildebrandt und stellen die schönsten Momente und die bösesten Intrigen aus fast fünf Jahren Sturm der Liebe vor. Was war Ihr schönster Moment bei Sturm der Liebe?
Schauer: Das ist schwer zu sagen bei mehr als 1100 Folgen, es gab schon so viele schöne Momente. Wir hatten einige wunderschöne Hochzeiten, eine zum Beispiel auf einem Schiff auf dem Chiemsee. Und wir hatten auch schon sehr viele schöne Momente beim Drehen... Witzig, dass Sie mich das gerade fragen: Denn letzte Woche habe ich mich mit meiner Kollegin Antje Hagen darüber gesprochen, dass wir schon so viel erlebt haben bei Sturm der Liebe und dass man das alles aufschreiben müsste, vielleicht in einem Tagebuch.
Und was würden Sie darin notieren?
Schauer: Neulich saßen wir mit dem Team in einem Bus und wurden von einem Filmmotiv zum nächsten gefahren. Und während wir so durch Oberbayern fuhren, stellte Sarah Stork, die in Sturm der Liebe die Sandra spielt und Bochumerin ist, fest, dass es in Bayern überall sehr schön ist: Sie hat als Hauptdarstellerin unheimlich viel zu drehen und kommt gar nicht dazu, die gesamte Schönheit Bayerns zu bewundern. Dazu kommt, dass wir im Außendreh oft an dem gleichen Ort drehen. Das hat uns schon sehr zum Lachen gebracht.
Klingt so, als hätten Sie viel Spaß beim Dreh...
Schauer: Ja, trotz der harten Bedingungen - wir drehen sehr viel und sehr intensiv – haben wir viel Spaß bei der Arbeit. Und komischerweise haben wir anscheinend auch Zeit genug, um Spaß zu haben. Das ist doch erstaunlich, denn unser Pensum ist gewaltig. Wir verstehen uns untereinander sehr gut, jeder hat mal irgendwann eine blöde Idee und dann gibt es großes Gelächter. Ja, wir haben sehr viel Spaß beim Dreh - und wir bekommen auch noch Geld dafür. (lacht)
Sturm der Liebe ist die derzeit erfolgreichste europäische Telenovela und wird in 17 Ländern ausgestrahlt: Was ist das Erfolgsgeheimnis dieser Serie?
Schauer: Genau erklärbar ist es nicht. Denn wenn man den Erfolg erklären könnte, könnte man das Konzept immer wieder anwenden und dann würden nur noch Erfolge produziert werden. Aber so ist es nun einmal leider nicht im Fernsehgeschäft. Vielmehr geht man mit jeder neuen Produktion ein Risiko ein und muss abwarten, ob die Zuschauer sie lieben oder nicht. Es gibt aber sicherlich ein paar Faktoren, die den Erfolg von Sturm der Liebe ausmachen. Dazu gehört an erster Stelle, dass wir für ältere Zuschauer Geschichten haben und dass wir Liebesgeschichten für die jungen Zuschauer haben. Wir haben ein paar gutaussehende Männer dabei und ein paar hübsche Mädels.
Und es gibt wichtige Säulen – die Gesichter der ersten Stunde: Dirk Galuba als Werner Saalfed zum Beispiel und Mona Seefried als Charlotte Saalfeld. Und wir haben Antje Hagen als Hildegard und mich als Alfons. Wir verkörpern neben den reichen Saalfelds die ganz normalen Leute und sind ein bisserl für den Humor in Sturm der Liebe zuständig. Beim Alfons gibt es viele Dinge, die einfach nicht so klappen, wie er es sich vorstellt. Alfons ist kein begnadeter Handwerker, aber er glaubt es immer wieder, versucht es und dann klappt es halt doch nicht ganz so hundertprozentig, wie er es vorhatte. Aber darin liegt auch der Spaß am Ganzen, denn wenn immer alles funktioniert, dann ist es halt nicht lustig.
Alfons, der Portier im Hotel Fürstenhof, ist zuverlässig, diskret, die gute Seele des Hotels. Wie viel von Sepp Schauer steckt in dieser Figur?
Schauer: Wenn man eine Figur über eine so lange Zeit hinweg spielt, dann bringt man schon sehr viel von sich selbst mit hinein in diese Rolle. Man kann sich schließlich nicht alles aus den Fingern saugen oder woanders hernehmen. Alfons hat etwas, was ich sehr mag und was ich auch von mir behaupten kann: Er ist sehr zuverlässig, er ist ein sehr loyaler Mensch. Was ich aber nicht bin: Alfons ist ein ganz Genauer, der die Ärmelknöpfe immer geschlossen hat, er ist ein sehr ordentlicher Mensch. Ich bin zwar auch sehr ordentlich, aber ich bin nicht so penibel wie Alfons. Und was ich auch bewundere: Alfons hat es geschafft, mit seiner Hildegard seit 35 Jahren verheiratet und trotzdem glücklich zu sein. Weil die beiden nicht einfach nur ein Ehepaar sind, das noch zusammen ist, weil es Kinder hat oder weil das Haus bezahlt werden muss, sondern die beiden sind zusammen, weil sie sich auch nach 35 Jahren immer noch lieben.
Als Alfons sind Sie von der ersten Folge an dabei: Fünf Jahre lang ein und dieselbe Rolle spielen – ist das auf Dauer nicht langweilig?
Schauer: Natürlich spielt man als Schauspieler ganz gerne verschiedene Charaktere, und ich habe in meinen Leben ja auch schon einiges gespielt. Aber es ist auch reizvoll, wenn man eine Figur so lange spielt. Dann kann die natürlich auch Brüche haben und plötzlich irgendwelche Seiten aufzeigen, die man in einem normalen Spielfilm von 90 Minuten gar nicht zeigen kann, weil die Geschichte begrenzt ist. Alfons war am Anfang viel steifer als jetzt. Er war sehr genau, jetzt wird er immer ein bisschen lustiger. Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, eine Doppelrolle zu spielen: den Vagabund Gustl, der ein eher gepflegter Vagabund war und dem Alfons sehr ähnlich sah. Das hat sehr viel Spaß gemacht.
Wie Sepp Schauer zur Schauspielerei kam
Werden Sie auf der Straße angesprochen und als Alfons erkannt?
Schauer: Ja, immer wieder.
Und ist das angenehm?
Schauer: Da ich Alfons ganz gerne mag, ist es mir nicht unangenehm. Natürlich gibt es auch viele Leute, die mich als Sepp Schauer erkennen, weil ich in Bayern einen gewissen Bekanntheitsgrad habe. Aber Alfons ist in Gesamtdeutschland wesentlich bekannter als Sepp. Und wenn ich zum Beispiel auf einer Autobahnraststätte Kaffee trinke, passiert es, dass die Leute auf mich zukommen und sagen: «Ach, das ist ja der Fürstenhof-Alfons, der Herr Sonnbichler.» Bei meinem Privatnamen müssen die meisten erstmal überlegen.
Die Dreharbeiten bei einer Telenovela laufen im Akkord: Haben Sie überhaupt noch ein Privatleben?
Schauer: Spontan ins Theater oder Kino gehen unter der Woche ist nicht möglich, weil wir täglich bis 20 Uhr drehen. Und wenn ich den ganzen Tag gedreht habe und abends nach Hause komme, dann habe ich, wenn ich zum Beispiel um halb neun Fußball-WM schauen möchte, das Problem, dass ich entweder vorher Text lernen muss oder nach dem Fußballspiel. Das beschneidet dir dann schon dein Privatleben - auch am Wochenende, weil wir jede Woche fünf Drehbücher durcharbeiten und 50 bis 70 Seiten Dialog lernen müssen. Und das hört ja nicht auf, das geht immer weiter.
Dabei sind Telenovelas nicht gerade für hohe Schauspielkunst bekannt...
Schauer: Es gibt Schauspieler und Schauspielerinnen, die unsere Arbeit belächeln und hämisch sagen: «Gell, wenn man das Geld braucht, muss man ein tägliches Format drehen.» Ich verstehe das nicht, weil die Arbeit ja die gleiche ist, ob ich jeden Tag was drehe oder ob ich nur zwei Mal im Jahr einen 90-Minüter mache. Komischerweise habe ich schon von vielen dieser Kollegen die Bilder in unseren Besetzungsbüro hängen sehen. (lacht) Es ist anscheinend so, dass diese Leute gerne bei uns mitspielen würden und zum großen Teil auch schon mitgespielt haben. Und die, die neu dazu kommen, die schwitzen anfangs sehr, weil sie das Pensum nicht gewohnt sind. Denn wenn du einen Spielfilm drehst, drehst du vielleicht fünf Sendeminuten am Tag, und wenn du bei uns drehst, drehst du 50 Sendeminuten am Tag – eben eine komplette Folge. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, da muss man sein Handwerk beherrschen und man muss diszipliniert sein.
Sie sind ein Spätberufener, waren Wirt und sind erst mit 30 zur Schauspielerei gekommen. Wie wurde Ihr schauspielerisches Talent entdeckt?
Schauer: Es gab in meiner Familie keinen Musiker, keinen Schauspieler, keinen Künstler. Ich bin in einer ganz normalen, einfachen Familie glücklich groß geworden, habe Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt und später war ich Wirt, zum Beispiel in der Kellerschänke in Grünwald. Wenn ich meinen Eltern damals gesagt hätte, dass ich Schauspieler werden möchte, hätten die gesagt: «Jetzt spinnt der!» Ein Freund hat mich schließlich drauf gebracht; er meinte, dass ich Leute gut unterhalten kann. Dann habe ich in der Iberl-Bühne gespielt, das ist ein Volkstheater in München, und da haben mich immer mal wieder Regisseure gesehen und besetzt für kleinere Fernsehrollen. Ich war Polizist, Taxifahrer, Wirt.
Die große Rolle fehlt in dieser Aufzählung...
Schauer: Mag sein, aber das hat mich nie gestört, ich war ja ein Quereinsteiger. Natürlich träumt jeder Schauspieler von der großen Hauptrolle. Aber die kam halt nicht. Ich war schon glücklich und stolz, dass ich im Hauptcast von Wildbach war. Dort war ich der Bergwachtarzt. Und bei Sturm der Liebe ist es schon was ganz Besonders, eine der «Säulen» der Serie zu sein.
Wie lange wird es Alfons noch geben?
Schauer: Am Anfang fragt man sich: «Mache ich bei der nächsten Staffel weiter oder nicht?» Aber wenn man dann zum beliebtesten Schauspieler der Serie gewählt wird und wenn man merkt, was für ein Feedback zurückkommt, bleibt man dabei. Den Alfons wird es solange geben, solange die Leute ihn sehen wollen.
Was erwartet die Sturm-der-Liebe-Zuschauer in den nächsten Wochen?
Schauer: Es werden wirklich überraschende Dinge passieren, mit denen keiner rechnet, die Götz und Cosima betreffen, die Lukas und Sandra betreffen, die den Prozess von Barbara von Heidenberg betreffen. Um mit Marienhof zu sprechen: Es wird viel passieren. Und die Zuschauer können sich darauf gefasst machen, dass es in den nächsten Wochen ganz schön rund geht.
Das Erste zeigt in den nächsten Tagen eine Specialreihe zu Sturm der Liebe. Die Termine:Glück und Tränen am Fürstenhof, 24. Juni; Laura und Alexander, 29. Juni;Miriam und Robert, 30. Juni; Samia und Gregor, 1. Juli; Emma und Felix, 2. Juli; Was bisher geschah, 5. Juli, jeweils 15.10 Uhr, Das Erste.
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