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Nadeshda Brennicke: «Schauspieler sind uninteressant»

Nadeshda Brennicke züchtet lieber Pferde auf dem Land als sich dem Berliner Jet-Set hinzugeben. Bild: news.de

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Frau Brennicke, Sie leben seit einigen Jahren mit Ihrem Sohn auf einem Reiterhof in Brandenburg. Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?

Nadeshda Brennicke: Normalerweise stehe ich um 6.30 Uhr auf, mache meinem Sohn Frühstück und fahre ihn in die Schule. Anschließend gehe ich in den Stall, füttere die Pferde und miste aus. Um 9 Uhr kommen sie auf die Koppel. Dann habe ich bis zum Nachmittag Zeit, um beispielsweise Gartenarbeit zu erledigen.

Machen Sie das alles allein?

Brennicke: Wir sind zu zweit. Seit vier Jahren habe ich einen Angestellten, einen jungen Mann, der mir hilft. Wir kommen langsam voran, aber wenn man jeden Tag ein Stück Arbeit erledigt, kommt man schon hin.

Sie laufen also den ganzen Tag in Gummistiefeln und Arbeitshosen herum. Dabei gelten Schauspieler doch als eitel ...

Brennicke: Sie meinen, ich sollte lieber den ganzen Tag in Kuhmilch baden (lacht). Ich habe gerade einen alten Kittel an, weil ich meinen Gartenzaun streiche und bin von oben bis unten mit Farbe besprenkelt. Nicht einmal mein Postbote würde mich erkennen, wenn er jetzt käme.

Eine begnadete Heimwerkerin sind Sie also auch noch?

Brennicke: Soll ich denn warten, bis jemand vorbeikommt, um ein Loch in die Wand zu bohren? Das mache ich schon lieber selber. Ich bringe mir so viel wie möglich selbst bei. Es macht ja auch Spaß. Manchmal ärgere ich mich nur, dass ich so zierlich bin und nicht genügend Kraft für manche Arbeiten habe.

Sie sind aus Berlin weggezogen und züchten Pferde. Wie kommt man als Schauspielerin auf eine solche Idee?

Brennicke: Schon meine Eltern hatten Pferde. Ich bin mit den Tieren groß geworden, habe mit ihnen meine ganze Kindheit verbracht. In den Schulferien war ich immer auf einem Gestüt am Ammersee, habe Kaderkurse im Reiten belegt. Natürlich musste ich auch im Stall mit anpacken. Das war richtig harte Arbeit und ein fast schon militärischer Drill. Aber als junges Mädchen fand ich einfach alles toll, was mit Pferden zu tun hatte. Da konnte es noch so streng zugehen.

Sie waren also das klassische Wendy-Girl mit Pferdepostern an der Wand?

Brennicke: Nein, ich war nie der Typ für Pferdeposter. Und Wendy habe ich auch nie gelesen. Wenn man wie ich jeden Tag mit Pferden zusammen war, dann braucht man keine Ponyposter über dem Bett. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass Mädchen, die solche Poster hatten, relativ wenig mit Pferden in Berührung kamen und nur davon geträumt haben (lacht).

Haben Sie auf dem Land Ihre Berufung gefunden?

Brennicke: Ja, denn ich bin ein totaler Eigenbrötler. Diese ganze Fernseh- und Medienwelt halte ich nur bedingt aus. Früher musste ich mich zwingen, auf Filmpartys zu gehen. Das war einfach nicht mein Ding. Seit ich das Land als Rückzugsmöglichkeit habe, kann ich bei solchen Veranstaltungen aber tatsächlich Spaß haben und es genießen, mich mit Leuten aus der Branche zu unterhalten. Am liebsten bin ich jedoch hier draußen auf dem Land, habe Hund und Katze auf dem Schoß und freue mich, mit niemandem reden zu müssen.

Haben Sie als bekannte Schauspielerin auf dem Land zu Beginn genauso viel Aufmerksamkeit erregt wie die Modedesignerin Maja, die Sie in dem Sat1-Film Frauen wollen mehr spielen?

Brennicke: Mittlerweile bin ich lange genug da. Da hat sich im Ort natürlich herumgesprochen, wer ich bin. Wenn ich in ein neues Umfeld komme, verhalte ich mich aber möglichst unauffällig. Ich kann mich auch gut tarnen. Wenn ich in verschlissenen Jeans und Gummistiefeln herumlaufe, dann erkennt mich niemand – nicht einmal auf den zweiten Blick. Ich mag es sehr gerne, wenn die Leute nicht wissen, dass ich Schauspielerin bin. Dann kann ich ganz normal in mein Umfeld hineinschnuppern und die Strukturen begreifen.

Im Film wie in der Realität sind es eher die Frauen als die Männer, die auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Stadt ziehen. Sind die Männer von heute Trantüten?

Brennicke: Anscheinend sind wir Frauen diejenigen, die anpacken (lacht). Wir sind heutzutage immer öfter gezwungen, uns den Lebenstraum von einer Familie alleine zu erfüllen, weil die Jungs nicht aus den Puschen kommen. Es gibt viele, die lieber bis 40 noch in ihrer WG in Prenzlauer Berg leben. Da tickt bei uns schon die biologische Uhr. Ich hatte das Glück, dass ich meinen Sohn Nikita schon sehr früh bekommen habe. Von meiner Charakterstruktur her bin ich einfach nicht der Typ, der darauf wartet, dass andere meine Wünsche erfüllen. Wenn ich etwas will, dann packe ich das selbst an.

Auf welche Männer steht Nadeshda Brennicke?

Im Film verliebt sich Maja in den Macho Ben, einen klassischen Biker. Wäre das auch im richtigen Leben ein Typ für Sie? Sie sind gerade Single.

Brennicke: Nein, ich stehe nicht unbedingt auf auffällige Männer und schon gar nicht auf Machos. Ich mag deren Art einfach nicht. Vielleicht tue ich ihnen ja Unrecht, aber bei einem Biker würde ich schon prinzipiell weggucken. So einer müsste sich richtig viel Mühe geben. Mir ist es bei einem Mann wichtig, dass er mich zum Lachen bringen kann, dass er anpackt und wirklich etwas zu sagen hat. Sprücheklopfer brauche ich nicht. Von denen gibt es leider viel zu viele.

Sie bevorzugen tiefgründige Männer ...

Brennicke: Ich bin niemand, der dauernd Probleme durchdiskutieren muss. Aus dem Alter bin ich raus. Ich habe mich auch von einem Drama ins nächste gestürzt, als ich noch jünger war. Jetzt bevorzuge ich es zu leben, mich an kleinen Dingen zu erfreuen. Alles andere ist sinnlos und strengt mich nur an. Es gibt auch Paare, die nur zusammen sind, um sich gegenseitig zu quälen. So eine Beziehung hatte ich auch einmal. Für mich ist das absolut nichts.

In Ihren Filmen waren Sie lange auf den Typ Vamp oder Femme fatale festgelegt. Wie kamen Sie in diese Schublade?

Brennicke: Sehen Sie sich mein Gesicht an. Ich bin eine blonde Frau mit großen Lippen. In deutschen Filmen ist das entweder der Typ Geliebte oder Prostituierte. Ich hatte die Wahl: Entweder ignoriere ich die Angebote und arbeite gar nicht, oder ich nehme an und versuche, das Beste daraus zu machen und die Klischees zu unterlaufen. So etwas ist wahnsinnig schwierig, aber diesen Ehrgeiz hatte ich immer. In Filmen wie Hotte im Paradies oder Silikon Walli ist mir das gut gelungen. Und plötzlich gingen Türen auf und es kamen andere Angebote, die es mir erlaubt haben, mich freizustrampeln.

Sie gehen mit dem deutschen Film hart ins Gericht. Ist er wirklich so mittelmäßig?

Brennicke: Oh ja, denn Extreme sind einfach nicht erwünscht. Wenn ein Regisseur dagegen verstößt, dann wird er von der Kritik fertig gemacht. Ich habe das in einem Film wie Tattoo selbst erlebt. Das war ein klasse Thriller und Genre-Film. Wir waren damit auf Festivals auf der ganzen Welt. Die Leute fanden ihn toll. Der Regisseur Robert Schwentke hat danach mit Jodie Foster gedreht. Nur in Deutschland wurde der Film verrissen. Der Deutsche mag einfach keine Extreme, nichts, was ihm gefährlich werden könnte. In den weiblichen Rollen haben wir ja auch am liebsten Hausmütterchen. Die Angst vor dem Extremen hängt wahrscheinlich mit dem Krieg zusammen. Wir trauen uns nicht, den Mund aufzumachen – egal, um was es geht.

Verletzt Sie negative Kritik persönlich?

Brennicke: Manchmal. Das war ein Grund, weshalb ich mir neben der Schauspielerei eine weitere Leidenschaft gesucht habe. Ich wollte mich nicht immer nur aufregen müssen.

In einem Artikel über Sie war von einer persönlichen Krise die Rede ...

Brennicke: Das hat eine Zeitschrift geschrieben, ist aber Unsinn. Ich hatte Berlin einfach satt. Es hat mir einfach nichts mehr gegeben, in Cafés in Prenzlauer Berg zu sitzen und auf intellektuell zu machen, oder mich nachts in Bars herumzutreiben. Das hat mich zu Tode gelangweilt.

Es gibt genügend Schauspieler, die Spaß daran haben ...

Brennicke: Ich möchte meinen eigenen Weg gehen. Aufs Land zu ziehen, gilt ja nicht gerade als schick. Viele Kollegen empfinden das als viel zu anstrengend. Die würden sich wundern, wenn sie bei mir zwei Tage anpacken müssten und ganz schnell wieder zurückfahren und sich im Mauerpark in die Sonne legen. Wissen Sie, ich finde Schauspieler ziemlich uninteressant. Mein Freundeskreis besteht auch nicht aus Schauspielern. Wir sind eitel, ich schließe mich da mit ein. Und wenn viele eitle Egos aufeinander treffen, wird es einfach schnell langweilig.

Frauen wollen mehr, Dienstag, 28. April., 20.15 Uhr, Sat1.

car/ruk

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