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Nowitzki-Biografie: Politikmuffel, Stones-Fan, Kartenspieler

Nowitzki in der Einstein-Pose: Nowitzkis Mentor Holger Geschwindner hat den Physiker auf seiner Visitenkarte verewigt. Bild: dapd

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In Dallas kann Dirk Nowitzki schon längst kein normales Leben mehr führen. Spätestens seitdem der Basketball-Hüne die Dallas Mavericks an Pfingsten zur ersten Meisterschaft der Klubgeschichte warf, ist Nowitzki der wohl bekannteste Einwohner der texanischen Metropole. Auch in seiner fränkischen Heimat muss Nowitzki auf Schritt und Tritt Autogramme geben. Dennoch kann der 2,13-Meter-Riese bei seinen Eltern ein Stückweit ein normales Leben führen. Im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld oder im beschaulichen Rattelsdorf bei Bamberg, wo er auch in den Saisonpausen mit Mentor Holger Geschwindner trainiert, fühlt sich Nowitzki zuhause. Die Main-Post-Journalisten Jürgen Höpfl und Fabian Frühwirth haben Nowitzki seit seinen Anfangstagen in der 2. Liga begleitet. In Einfach er, ihrer Biografie über Dirk Nowitzki, zeichnen sie das Bild des Superstars aus Sicht der fränkischen Heimat nach. News.de beleuchtet zehn Dinge über Nowitzki, die weitgehend unbekannt sind.

1. Pubertierender Rebell: Sein Wechsel vom Tennis zum Basketball

Dirk Nowitzki war zwar als 14-Jähriger bayerischer Vizemeister, doch irgendwie war ihm die Lust am Tennis vergangen. Der damals bereits 1,89 Meter große Schüler trat nicht einfach so ab, sondern mit einem Eklat. Nowitzkis Vater Jörg erzählt: «Er führte in einem Match allen Ernstes mit 6:0, 5:0 und 40:15. In der Sekunde ging er vom Feld und motzte, er habe auf das blöde Gelöffel keinen Bock mehr.» Nicht nur in der Tennisszene stieß Nowitzkis provokanter Abgang auf Unverständnis. Auch seine Mutter Helga schimpfte in der Main-Post:«Sechs Jahre hab ich ihn nun von Turnier zu Turnier gefahren, Unterkünfte gebucht, ihn betreut. Und das soll jetzt alles vergebens sein? Aber er läuft ja lieber einer Meute hinterher und spielt Basketball.» 

2. Nowitzkis Entdecker

Der frühere Basketball-Nationalspieler Holger Geschwindner gilt als Mentor, Trainer, väterlicher Freund und auch als Entdecker von Dirk Nowitzki. Dabei gerieten seine eigentlichen ersten Förderer in den Hintergrund. Der Würzburger Jugendtrainer Peter «Pit» Stahl war es, der Nowitzki beim Grillen auf dem elterlichen Hof 1989 zum Basketball überredete und ihn bereits damals auf den Flügeln einsetzte.

3. Drei Texaner in Würzburg

Nachdem Nowitzki bei den Drafts ausgewählt worden war, machte sich eigens eine dreiköpfige Delegation aus Dallas auf den Weg nach Unterfranken. Niemand geringeres als Don Nelson, der damalige Cheftrainer von NBA-Klub Dallas Mavericks, sein Sohn Donnie und Klubboss Ross Perot junior bemühten sich im Sommer 1998 um den schlaksigen Shootingstar. In einer hastig einberufenen Pressekonferenz verkündeten die Herren aus der besten Liga der Welt den bevorstehenden Transfer des Würzburgers. Nach wiederum einem Grillabend in Dallas unterschrieb Nowitzki einen Drei-Jahres-Vertrag über 4,85 Millionen Dollar.

4. Nowitzkis Einstand in der NBA

Das erste Jahr in der NBA geriet für den heimatverbundenen Deutschen zur Farce. Nowitzki musste sich erst in Dallas akklimatisieren und hatte auch Probleme, sich in der Mannschaft einzugewöhnen. Über Spielchen, die die älteren Spieler mit ihm trieben, berichtete Nowitzki damals völlig entnervt: «Du musst den Herren Getränke bringen. Völlig übertrieben. Du musst ihnen die Koffer tragen. Erst vom Flughafen zum Bus. Dann vom Bus ins Hotel. Völlig hohl. Irgendwann hat dann dein Trainer ein Einsehen mit dir und sagt den Alten, ‹hört jetzt auf, es reicht›. Dann kommt er zu dir und gibt dir zu verstehen, dass das so sein muss. Weil es einfach so ist.» Nowitzki biss sich dennoch durch (siehe 5.).

5. Zwei Zähne im Unterarm

Mike Tyson biss seinem Gegner das Ohrläppchen ab, Dirk Nowitzki «zog» seinem Gegenspieler zwei Zähne. Freilich völlig unabsichtlich. 2009 kolliderte der «Mavs»-Star mit Carl Landry. Anschließend steckten in Nowitzkis Unterarm zwei Zähne des Kontrahenten. Landry bekam für die Aktion ein Foul und Nowitzki zwei Freiwürfe - quasi einen pro Zahn.

6. Der Sieben-Stufen-Plan

Wie sozialistische Wirtschaftssysteme einen Fünf-Jahres-Plan folgen, so orientiert sich Dirk Nowitzkis Karriere an einem Sieben-Stufen-Plan - natürlich aufgestellt von Nowitzkis Vordenker Geschwindner. Stufe sechs erreichte Nowitzki laut Geschwindner bereits 2004. Damals sagte er: «Derzeit hat er das 1:1-Spiel wirklich pefektioniert, da gehört er zu den zehn Besten der Welt. Was ihm zur Vervollkommnung auf der höchsten Stufe noch fehlt, ist die Fähigkeit, ein Team zu führen. Er ist noch nicht in der Lage, seiner Mannschaft, wenn es wirklich darauf ankommt, den entscheiden Impuls zu geben, die Sache an sich zu reißen.» Nach dem Titelgewinn 2011 sagte Geschwindner: «mission completed».

7. Politik? Kein Interesse!

Zwar hat er im Sommer das Silberne Lorbeerblatt, in Deutschland die höchste Auszeichnung für Sportler, von Bundespräsident Christian Wulff entgegengenommen. Doch als politisches Vorbild taugt Dirk Nowitzki nur bedingt. In Interviews betont er stets, gut damit gefahren zu sein, sich aus politischen Debatten herauszuhalten. 2009 offenbarte der beste Basketballer der Welt gar: «Ich habe in Deutschland noch nie gewählt.»

8. Champagner statt Bier

Bei der Meisterfeier der Mavericks und auch bei dem triumphalen Empfang in seiner Heimatstadt Würzburg floss der Chamapgner in Strömen. Mit Bier sah man Dirk Nowitzki selten. Der Grund: Der beste Spieler der Welt verträgt keinen Gerstensaft. Wie Höpfl und Frühwirth schreiben, sei in Dallas eine Bier-Unverträglichkeit bei Nowitzki diagnostiziert worden. Wenn er also mal Alkohol trinkt, dann eher Champagner oder Frankenwein. Für seine Gäste hat «Dirkules» jedoch immer ein kühles Helles im Haus. Als ihn 2010 Freunde und Familie aus Deutschland besuchte, hielt der Gastgeber vier Kühlschränke gefüllt mit Bier bereit.

9. «Männer, Karten raus»

 

So richtig entspannen kann Nowitzki in seiner Schafkopfrunde. Gemeinsam mit seinem Vater Jörg, Schwager Roland Mayer sowie Kumpel «Migo» Wiegand kloppt Dirk Nowitzki Karten. Zwei Tage nach der verkorksten Europameisterschaft dieses Jahres befahl er: «Männer, Karten raus!» Nachfragen zur Euro waren verboten.

10. Nowitzki, der Oldie-Fan

Als Teenie war Nowitzki eher Rap- und Hip-Hop-Fan. Seit er aber - durch Geschwindner inspiriert - Gitarre spielen gelernt hat, ist er eher Rocker. Sein Nummer-eins-Hit ist Sympathy For The Devil von den Rolling Stones. Danach folgen Songs von Queen (Bohemian Rhapsody) und noch einmal ein Stones-Song (Under My Thumb). Nicht gerade der typische Musikgeschmack für einen 34-Jährigen. Schuld ist wieder Geschwidner. «Der Bub muss im Kopf mobil bleiben, das ist die Grundbedingung für Spitzensport», hatte Nowitzkis größter Förderer gesagt. «Es bringt nichts den ganzen Tag Rap zu hören. Diese Lieder bestehen aus hundert Wörtern, 50 davon sind ‹fuck›, damit löst man keine Probleme.»

Autoren: Jürgen Höpfl, Fabian Frühwirth
Titel: Einfach er
Verlag: Main-Post
Umfang: 216 Seiten
Preis: 19,95 Euro
bereits erschienen

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