Antike Sex-Protze: So trieben es Ägypter, Griechen & Co.
Erstellt von Sebastian Hoffmann
03.09.2021 14.28
Das Wort prüde scheint in der Antike noch nicht existiert zu haben. Auf Vasen und Tellern aus Griechenland und Rom reiben sich Frauen an Männern oder Männer an Jünglingen, in Sparta wurden Jugendliche in lesbischer Liebe unterwiesen und auf ägyptischen Darstellungen ist die Bezeichnung «drittes Bein» für männliche Geschlechtsteile keine Übertreibung.
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Auf die Idee, dass Sex nur der Fortpflanzung dient, wäre im Altertum niemand gekommen. Fast 2000 Jahre, bevor das berühmte indische Kamasutra geschrieben und gezeichnet wurde, bannten die Ägypter bereits hoch erotische Szenen auf Papyrusrollen.
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Sex am Nil: Wenn das Land fruchtbar ist, sind es auch die Ägypter: erotischer Papyrus 55001
Bezeichnend für die sexuelle Offenheit der Ägypter: Ihr erster Gott Amun soll die Schöpfung durch Masturbieren in Schwung gebracht haben. Ägypten war immer dann besonders fruchtbar, wenn der Nil Hochwasser hatte, in den Sommermonaten wurden mit Abstand die meisten Kinder gezeugt, fand die US-Forscherin Lana Williams kürzlich heraus. Davon, dass die Ägypter sexuell sehr aktiv waren, zeigt schon die Kinderschar des Ramses II: 95 sollen es gewesen sein. Wie genau es beim Sex zwischen alten Ägyptern zuging, ist der Nachwelt dank einer berühmten Papyrusrolle erhalten geblieben, die Jahrtausende verborgen im Museum von Turin lagerte und nun im Alter von mehr als 3000 Jahren richtig berühmt geworden ist: Der Papyrus 55001 von Turin.
2,59 Meter lang und 20 Zentimeter hoch zeigt die Rolle aus der Ramsessidenzeit zwölf Stellungen, in denen sich Ägypterinnen und Ägypter orgienhaft vergnügen - inklusive Dirty Talk in Hieroglyphen. Ein Bild zeigt die Frau, wie sie breitbeinig auf einem Bein balanciert, währen der Mann sie ebenfalls stehend mit seinem Riesen-Penis penetriert. Dabei zieht er sich am Haar, die Frau lässt eine Leier fallen - mit dem Instrument brachten Kurtisanen ihre Kunden in Stimmung.
Eine andere Frau sitzt mit gespreizten Schenkeln auf einem Salbkegel, der eigentlich als Schmuck auf die Perücke gehörte. Zudem wird sie von einem Mann manuell befriedigt, der dabei ein absurd riesiges Geschlechtsteil zur Schau stellt.
Giganten-Penisse und Dirty Talk im alten Ägypten
Auf der Spitze eines solchen Phallus thront in einer weiteren Skizze die Frau, während sie in einer wieder anderen Position gymnastisch zusammengefaltet die gewaltige Manneskraft empfängt. Schließlich wird der Mann erschöpft von Frauen davongetragen. Besonders pikant auch die Textbrocken, die zwischen den Zeichnungen verteilt sind: «Schau her, komm hinter mich ... ich umhülle deine Lust, dein Penis ist bei mir», lockt die Frau, der Mann wimmert: «Mein großer Penis ... der innen ... wehtut» - so werden sie im Wissenschafts-Magazin PM übersetzt.
Lange rätselten Forscher, was es mit dieser pornografischen Darstellung auf sich hat, die gegen 1150 vor Christus entstand. Ein antikes Pornoheft vielleicht? Machen sich hier etwa Frauen über Männer lustig? Inzwischen ist man sich einig, das es sich um Satire handelt: Am Ende der Ramsessidenzeit ging es in jeder Hinsicht drunter und drüber.
Griechenland: Päderasten beim Schenkelsex, Frauen beim Analverkehr
Im alten Griechenland sind vor allem sexuelle Praktiken bekannt, die in den modernen westlichen Gesellschaften lange Zeit als abartig galten oder heute noch gelten: Homosexualität und Päderastie. Die sexuelle Beziehung von Männern zu Knaben zwischen 12 und 18 Jahren war voll anerkannt und hatte vordergründig einen pädagogischen Auftrag: Der Knabe, Eromenos genannt, lernte von seinem Erastes die männlichen Tugenden. Angebahnt wurden diese homoerotischen Verhältnisse auf dem Sportplatz, wo bekanntlich nackt trainiert wurde.
Lesen Sie hier, was heutzutage über die sexuellen Qualitäten der Griechen behauptet wird.
Gesellschaftlich akzeptiert - und zum Beispiel auf Vasen dargestellt - war bei den Päderasten der Schenkelverkehr mit ihren Schützlingen, doch dabei blieb es oft nicht. Auch Analverkehr zwischen Männern und Frauen bei den alten Griechen ist in vielen Darstellungen zu sehen: Wenn sich eine Frau beim Geschlechtsverkehr unterwarf, galt das als Zeichen von Genuss.
Homosexuelle Beziehungen zwischen zwei Erwachsenen wurden zwar nicht bestraft, allerdings auch nicht gern gesehen - derjenige, der den passiven Part übernahm, wurde als weibisch verspottet.
Zwei Arten von Prostituierten: Feine Kurtisanen und billige Pornai
Ungehemmt ausleben durften ihre Sexualität im alten Griechenland nur die Männer, während Frauen im Haus quasi gefangen waren. Wer es sich leisten konnte, verkehrte mit unterschiedlichen Frauen für unterschiedliche Bedürfnisse: Hetäre hießen die kultivierten Kurtisanen, während für Quickies die billigen Pornai herhielten. Ersteren wurde beim Geschlechtsakt das Gesicht zugewandt, letztere von hinten genommen. Und nicht zuletzt gelten die alten Griechen auch als Erfinder des Gruppensex - vermutlich aber nur, weil es in ihren Darstellungen zuerst explizit überliefert ist.
Sparta: Kennenlernen beim Nackt-Sport, lesbische Mädchenkreise, nackte Brautschau und lesbische Mädchenreigen
Ganz eigen ist die Situation in Sparta, das für seine knallharten Krieger berühmt ist. Überlieferungen beschreiben, wie sich junge Frauen und Männer beim nackt ausgeübten Diskus-, Speerwerfen (auch der Frauen) oder Tanzen intensiv unter die Lupe nahmen. Körperliche Attraktivität und sexuelle Schwingungen waren für die Spartaner offenbar Hauptgrund bei der Partnerwahl.
Ebenso wie auf der Insel Lesbos ist allerdings auch in Sparta von lesbischer Liebe die Rede: Im Jugendalter fanden sich junge Frauen in sogenannten Reigen unter einer Vorsteherin zusammen, von der sie auf das Leben als Frau vorbereitet wurden - und dazu gehörte natürlich auch der Liebesakt. Ob die Frauen sich dann, wenn ihre Männer zum Kampf ausgezogen waren, wieder an die lesbische Liebe erinnerten, wie häufig behauptet wird? Nicht auszuschließen.
Rom: Erigierte Penisse überall - und von Treue keine Spur: Kinder trugen Penisse als Glücksbringer, rasierter Genitalbereich
Das alte Rom muss ein reiner Lustgarten gewesen zu sein, wie wir zum Beispiel aus den Ausgrabungen in Pompeji wissen. Neben Hauseingängen fand man erigierte Penisse eingemeißelt, in Gärten standen die Figuren des Gottes Priapus, stets mit weit vorstehendem Glied, Kinder hängten sich diese Phallussymbole als Glücksbringer um den Hals. Es wurde sogar ein Gott verehrt, der ganz aus Penis bestand.
Lente impelle - langsam einführen - steht als Inschrift an obigem Bild. Nichts desto trotz war die lustvoll ausgelebte Sexualität auch in Rom Männersache. Prostitution blühte in jeder Facette. Viele Graffiti in Pompeji zeugen vom Handel und den Stellungen in der käuflichen Liebe. «Ich bin dein für ein Kupferstück», wirbt eine Inschrift.Anders als die Griechen liebten sich die Römer den Darstellungen nach eher in der Waagerechten. Frauen sollten übrigens, anders als später im Barock, rank und schlank sein, und als besonders attraktiv galt ein epilierter Genitalbereich.
Prostituierte boten ihre Dienste oft oben ohne an und steigerten ihre Attraktivität durch gebleichtes Haar. Sie warteten in Säulengängen auf Freier, in den Thermen fädelten die Bademeister das Geschäft ein. Auch Sex mit Kindern war in Rom kein Problem gewesen, ohnehin wurden Mädchen schon zwischen 12 und 15 Jahren verheiratet.
Einzig der Oralsex war in Rom als unrein verpönt - eigentlich. Denn in Roms Bordellen war er als besonders verruchter Teil des Liebesspiels natürlich besonders beliebt.