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Attentat auf Salman Rushdie (75): "Sein Humor ist intakt" - Bestseller-Autor erholt sich von Messer-Attacke

Der Autor Salman Rushdie wird versorgt, nachdem er auf einer Bühne angegriffen wurde. Bild: picture alliance/dpa/AP | Joshua Goodman

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Schriftstellerikone Salman Rushdie ist Polizeiangaben zufolge von einem 24-jährigen Amerikaner angegriffen und schwer verletzt worden. Das Motiv des festgenommenen Mannes aus New Jersey, der wohl alleine handelte, sei weiterhin unklar, sagte ein Polizeisprecher am 12. August 2022. Der Vorfall ereignete sich bei einer Lesung im Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaates New York. Der Polizei zufolge wurde er mindestens einmal in den Hals und den Bauch gestochen. Weltweit war das Entsetzen groß.

Autor Salman Rushdie bei Messer-Attacke in Hals und Bauch gestochen - Täter festgenommen

Rushdie werde in einem örtlichen Krankenhaus weiterhin operiert, hieß es. Der 75-Jährige wurde seinem Manager zufolge an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Er könne nicht sprechen und werde wahrscheinlich ein Auge verlieren, schrieb Andrew Wylie nach Angaben der "New York Times". Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber beschädigt worden. "Die Nachrichten sind nicht gut."

Nach Darstellung der Polizei stürmte der junge Mann die Bühne der von Hunderten Menschen besuchten Veranstaltung gegen 11 Uhr örtlicher Zeit (17 Uhr MESZ) und stach auf Rushdie ein. "Mehrere Mitarbeiter der Veranstaltung und Zuschauer stürzten auf den Verdächtigen und brachten ihn zu Boden", sagte ein Sprecher. Ein Polizist habe den 24-Jährigen daraufhin festgenommen. Unterdessen wurde Rushdie von einem Arzt aus dem Publikum behandelt, bis Rettungskräfte eintrafen und der Autor schließlich per Helikopter in eine Klinik gebracht wurde.

Die "New York Times" zitierte eine Zeugin: "Es gab nur einen Angreifer. Er war schwarz gekleidet. Er hatte ein loses schwarzes Kleidungsstück an. Er rannte blitzschnell auf ihn zu." Ein Reporter der US-Nachrichtenagentur Associated Press berichtete, der Angreifer habe 10 bis 15 Mal auf Rushdie eingeschlagen oder gestochen. Der ebenfalls angegriffene Interviewer erlitt nach Polizeiangaben eine Kopfverletzung. Die Nachrichtenagentur AP zitierte einen Arzt aus dem Publikum mit den Worten, Rushdies Wunden seien "ernst, aber heilbar".

Update 14. August: 2022: Salman Rushdies Sohn bestätigt: Humor des Vaters trotz Angriffs intakt

Der Sohn des bei einem Angriff am Freitag schwer verletzten Autors Salman Rushdie hat bestätigt, dass es seinem Vater besser geht. "Trotz seiner schwerwiegenden und lebensverändernden Verletzungen bleibt sein üblicher kämpferischer und aufsässiger Sinn für Humor intakt", schrieb Zafar Rushdie am Sonntag in einer Erklärung seiner Familie auf Twitter.

"Wir sind sehr erleichtert, dass er gestern vom Beatmungsgerät und der zusätzlichen Sauerstoffversorgung genommen wurde und in der Lage war, ein paar Worte zu sagen", heißt es darin weiter. Der Zustand seines Vaters bleibe aber weiter kritisch und er sei in umfangreicher medizinischer Behandlung. Ein Sprecher Salman Rushdies bestätigte der Deutschen Presse-Agentur dpa die Authentizität des Twitter-Accounts von Zafar Rushdie.

Update 14. August 2022: Rushdie zeigt nach Messer-Attacke erste Anzeichen der Besserung

Nach dem Messerangriff auf Salman Rushdie soll der britisch-indische Autor auf dem Wege der Besserung sein. Berichten zufolge wird er nicht mehr künstlich beatmet. Am Samstag (Ortszeit) habe er bereits wieder sprechen können, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf seinen Literaturagenten Andrew Wylie.

Rushdie wurde laut US-Medien am Samstag weiter in einem Krankenhaus in Erie im angrenzenden Bundesstaat Pennsylvania behandelt. Aber sein Zustand scheint sich etwas gebessert zu haben. Sein Schriftstellerkollege Aatish Taseer hatte auf Twitter geschrieben, Rushdie mache schon Witze. Der Tweet wurde aber offenbar später wieder gelöscht. Prominente und Politiker aus aller Welt verurteilten unterdessen den Messerangriff auf Rushdie und wünschten ihm eine schnelle Genesung.

Messer-Attacke auf Schriftsteller Rushdie: Das ist über den mutmaßlichen Täter bekannt

Gegen den Mann namens Hadi Matar, der den Schriftsteller im US-Bundesstaat New York auf der Bühne angegriffen hatte, wird laut Polizei wegen versuchten Mordes zweiten Grades und Körperverletzung zweiten Grades ermittelt. Der 24 Jahre alte mutmaßliche Täter sitzt laut Polizeiangaben in Untersuchungshaft, ohne dass derzeit eine Möglichkeit zur Freilassung gegen Kaution besteht.

Zu einem Tatmotiv gab es weiter keine Angaben. Vor Gericht schwieg der mutmaßliche Täter Matar am Samstag und ließ sich von seinem Pflichtverteidiger für "nicht schuldig" erklären, wie die "New York Times" und andere US-Medien berichteten. Ihm wurden laut Mitteilung der Polizei versuchter Mord zweiten Grades sowie Angriff mit einer tödlichen Waffe und der Absicht, eine Körperverletzung zu verursachen, vorgeworfen. Mord zweiten Grades ist ein eigenständiger Tatbestand im US-Rechtssystem zum Tod eines Menschen. Dafür können Angeklagte im Bundesstaat New York mit jahrelangen Haftstrafen belegt werden.

Das Internet-Portal Vice News berichtete am Sonntag unter Berufung auf Geheimdienstquellen aus Europa und dem Nahen Osten, der Tatverdächtige Hadi Matar habe in sozialen Medien Kontakt zu den iranischen Revolutionsgarden gehabt. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Iran an der Organisation oder Durchführung des Angriffs beteiligt gewesen sei.

Die Familie des Angreifers soll Berichten zufolge aus dem Süden des Libanon stammen. Die Eltern kämen aus dem Ort Jarun, der 24-Jährige selbst habe den Libanon aber noch nie besucht, sagte der Bürgermeister des Ortes libanesischen Medien. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Der Süden des Libanon ist eine Hochburg der schiitischen Hisbollah-Organisation, die eng mit dem ebenfalls schiitischen Iran verbündet ist.

Todesurteil gegen Bestseller-Autor: Salman Rushdie von Muslimen mit Fatwa belegt - Zusammenhang mit Messer-Angriff unklar

Rushdie war vor über 30 Jahren per Fatwa zum Tode verurteilt worden: Wegen seines Werks "Die satanischen Verse" ("Satanic Verses") aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini das religiöse Rechtsdokument veröffentlicht, das zur Tötung des Autors aufforderte. Einige Muslime fühlten sich durch das Werk in ihrem religiösen Empfinden verletzt.

Das islamische Rechtsgutachten des Ajatollahs rief damals nicht nur zur Tötung Rushdies auf, sondern auch all derer, die an der Verbreitung des Buches beteiligt waren. Ein japanischer Übersetzer wurde später tatsächlich getötet. Rushdie musste untertauchen, erhielt Polizeischutz.

Zu den Hintergründen des Angriffs gab es zunächst keine Details. Ob dieser im Zusammenhang mit der jahrzehntealten Fatwa steht, blieb zunächst offen. Die Tat fand bei einer Vorlesung Rushdies in der sogenannten Chautauqua Institution, einem Erziehungs- und Kulturzentrum statt. Die Veranstaltung habe im Rahmen einer Serie unter dem Titel "Mehr als Schutz" ("More than Shelter") stattgefunden, bei der über die Vereinigten Staaten als Zufluchtsort für Schriftsteller im Exil und über die Verfolgung von Künstlern diskutiert werden sollte.

Rushdie veröffentlichte mehr als zwei Dutzend Romane, Sachbücher und andere Schriften. Sein Stil wird als Magischer Realismus bezeichnet, in dem sich realistische mit fantastischen Ereignissen verweben. Dennoch sieht er sich unbedingt der Wahrheit verpflichtet. Diese sieht er zunehmend in Gefahr, was auch im Zentrum seiner jüngsten Veröffentlichung von Essays steht, die in Deutschland unter dem Titel "Sprachen der Wahrheit" herauskamen. Der seit vielen Jahren in New York lebende Schriftsteller stemmt sich darin gegen Trumpisten und Corona-Leugner. "Die Wahrheit ist ein Kampf, das ist keine Frage. Und vielleicht noch nie so sehr wie jetzt", sagte er in einem Interview des US-Senders PBS im vergangenen Jahr.

Weltweites Entsetzen nach Messer-Attacke auf Salman Rushdie

Die Tat löste weltweit Entsetzen aus. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein "Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb, Rushdie sei von "Hass und Barbarei" getroffen worden. Der scheidende britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich "entsetzt". Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling und Bestseller-Autor Stephen King drückten ebenfalls ihre Bestürzung aus und schrieben, sie hofften, es gehe Rushdie gut.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete die Attacke als Angriff auf die Freiheit der Literatur und die Freiheit des Denkens. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigte sich erschüttert und wünschte Rushdie gute Besserung. Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour schrieb von der schlimmsten "Frucht eines Hasses, der seit Jahrzehnten vom iranischen Regime geschürt und finanziert wird." Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei "natürlich ein Schlag für mich" gewesen.

Der US-amerikanische Autorenverband PEN America zeigte sich schockiert über den Angriff auf seinen ehemaligen Präsidenten. Rushdie werde seit Jahrzehnten wegen seiner Worte angegriffen, aber er habe sich nie beirren lassen und nie gezögert, schrieb die Vorsitzende Suzanne Nossel in einem Statement.

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Booker-Prize-Gewinner Salman Rushdie verarbeitete Morddrohungen in Autobiographie

Geboren wurde Rushie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch "Mitternachtskinder" ("Midnight's Children"), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde. Er erzählt darin die Geschichte von der Loslösung Indiens vom Britischen Empire anhand der Lebensgeschichte von Protagonisten, die genau zur Stunde der Unabhängigkeit geboren werden und mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet sind. 2007 wurde Salman Rushdie für seine literarischen Verdienste zum Ritter geschlagen.

Nach Angaben seines Verlags aus dem vergangenen Jahr hätte die Fatwa für Rushdie inzwischen aber längst keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an ihm vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Aliasnamen benannten Autobiografie "Joseph Anton" aus dem Jahr 2012.

Wenige Tage vor der Messer-Attacke in New York noch hatte Rushdie dem Magazin "Stern" gesagt, dass er sich in den USA sicher fühle. "Das ist lange her", sagte Rushdie im Interview mit Korrespondent Raphael Geiger Ende Juli auf die Frage, ob er noch immer um sein Leben bange. "Für einige Jahre war es ernst", sagte Rushdie weiter. "Aber seit ich in Amerika lebe, hatte ich keine Probleme mehr." Der Autor habe dabei aber auch vor dem politischen Klima und möglicher Gewalt in den USA gewarnt: Das Schlimme sei, "dass Morddrohungen alltäglich geworden sind".

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/news.de/dpa

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