Promi-Steuerflucht: Die Trick-Reichen
Von news.de-Redakteurin Julia Pfeifer
19.08.2024 10.09
Für seine deutschen Fans war es ein Schlag ins Gesicht. Michael Schumacher schockte diese unlängst mit folgendem Satz: «Die Schweiz ist die einzige Heimat, die ich habe.» Schumacher, der 1969 in Hürth-Hermühlheim geboren und in Kerpen aufgewachsen ist, lebt seit 15 Jahren in der Schweiz. Die, so sagte er im Interview mit der Neuen Zürischer Zeitung, «ist für mich Harmonie pur. Wenn ich alles das, was wir in unserem Zuhause haben, auch im Auto hätte, dann würde ich allen anderen um die Ohren fahren.»
Seine «Heimat» ist das kleine Örtchen Gland im französischsprachigen Kanton Waadt am Rande des Genfer Sees. Michael Schumacher, der zu den reichsten Einwohnern der Schweiz gehört, seine Frau Corinna und die beiden Kinder Gina Marie und Mick leben dort in einem der teuersten Anwesen der Alpenrepublik. Corinna Schumacher betreibt nicht weit entfernt von ihrem Wohnort ein Reitzentrum, in dem internationale Pferdesportturniere stattfinden.
Zweifach Steuervorteile für reiche Promis
Die Schumachers leben gut in der Schweiz. Wie viele andere Prominente auch. Sie kommen von überall her, um sich bei den Eidgenossen niederzulassen. Michael Schumachers Motorsportkollegen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel wohnen da genauso wie Phil Collins, David Bowie oder Udo Jürgens.
Die Schweiz ist ein schönes Land mit idyllischen Seen, malerischen Städtchen und imposanten Bergmassiven. Aber wunderschöne Landschaften gibt es auch woanders. Was die Schweiz für viele Prominente so interessant macht, ist, dass sie dort zum einen vielerorts unter sich sind und dass sie dort weniger Steuern zahlen müssen, als in ihren Heimatländern.
Die in der Schweiz lebenden Ausländer werden - sofern sie nicht in der Schweiz arbeiten - pauschal besteuert. Ausgehend von ihren Lebenshaltungskosten wird von einem fünfmal so hohen Gesamtvermögen ausgegangen, das dann besteuert wird. Bei vermögenden Promis wie Michael Schumacher oder Phil Collins liegt das tatsächliche Gesamteinkommen aber wohl weitaus höher. Gewissermaßen haben die in der Schweiz lebenden Ausländer zweifach Steuervorteile. Sie bezahlen weniger als in ihrem Heimatland und weniger als die Schweizer.
Der deutsche Spitzensteuersatz liegt momentan bei 42 Prozent. Aktuell führt die SPD eine Diskussion an, in der es darum geht, diesen Satz auf 49 Prozent anzuheben. Selbstverständlich führt das hierzulande zu Unmut unter den Spitzenverdienern. Unlängst wurde bei Sandra Maischberger darüber debattiert. Charity-Lady Ute Ohoven hält vom Vorschlag, die Reichen zu besteuern, nichts. Vielmehr sieht sie in ihnen einen Garant für Arbeitsplätze: «Wenn die Kuh geschlachtet wird, gibt sie keine Milch mehr.»
Und bevor sich die Promi-Kühe schlachten lassen, gehen sie lieber ins Ausland. Michael Schumacher soll einmal über seinen Umzug in die Schweiz gesagt haben: «An der Schweiz hat mich gereizt, dass ich ein vernünftiges Steuerabkommen aushandeln konnte. In Deutschland sind sie ja selber dumm, wenn sie mir kein Angebot machen und dafür gänzlich auf meine Steuergelder verzichten.»
Wenn die Steuerhinterziehung schiefgeht
Immerhin ist Michael Schumacher konsequent. In Deutschland sieht man ihn ganz selten. Nach eigenen Angaben ist er nicht mehr als 20 Tage im Jahr hier, um seinen Vater oder das Grab seiner 2003 verstorbenen Mutter zu besuchen. Andere Promis geben das Ausland als Hauptwohnsitz an und leben dennoch die meiste Zeit des Jahres in Deutschland. Dem deutschen Staat gehen wegen Steuerhinterziehung jährlich schätzungsweise hundert Milliarden durch die Lappen. Kein Wunder, dass der Fiskus bei Steuersündern kein Pardon kennt.
Auch Prominente können von der harten Hand der Steuerfahndung ein Lied singen. Boris Becker wurde 2002 zu zwei Jahren auf Bewährung und 500.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hatte zwischen 1991 und 1993 hauptsächlich in München gelebt, offiziell gemeldet war er aber in Monaco. Der ehemalige Tennisprofi soll damit rund 3,3 Millionen D-Mark am Fiskus vorbeigeschleust haben.
Margarethe Schreinemakers brachte ihre Steueraffäre gewissermaßen um ihre Karriere. Die Moderatorin war 1994 nach Belgien gezogen. Als sie dann zwei Jahre später wegen eines Verfahrens ins Visier der Steuerfahndung geriet, vermutete Schreinemakers eine Racheaktion des damaligen Finanzministers Theo Waigel. Sie hatte seine Exfrau in ihrer Sendung Schreinemakers live auftreten lassen. In derselben kündigte die Moderatorin auf dem Höhepunkt des Eklats an, das Thema selbst aufzugreifen. Daraufhin wurde die Talkshow abgebrochen und Schreinemakers war ihren Job los.
Ein netter Zweitwohnsitz? Ja! - Steuern zahlen? Nein!
Steuersparer gibt es selbstverständlich nicht nur unter deutschen Prominenten. Johnny Depp zog kürzlich mit seiner Familie zurück in die USA. Er hatte über zehn Jahre in Frankreich gelebt und immer wieder betont, wie sehr er das angenehme Leben dort genieße. Als ihm nun die französische Staatsbürgerschaft angeboten wurde, hatte das Land jenseits des Rheins plötzlich jeden Charme verloren. Denn Depp hätte dann nicht nur in den USA, an seinem Zweitwohnsitz, sondern auch in Frankreich Steuern zahlen müssen.
zij/news.de